Auslandsurlaub verbieten? Die falsche Antwort auf die Neiddebatte
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Eine Reisende geht mit ihrem Gepäck durch die Abflughalle eines Flughafens. Die Bundesregierung will Auslandsreisen möglichst weit einschränken.
© Quelle: imago images/Ralph Peters
Mallorca-Urlauber sind das Ziel vieler Empörungsrufe – wieso dürfen die auf die Insel fliegen, während ich nicht in die Ferienwohnung an der Ostsee oder in den Schwarzwald kann? Die meisten Bürgerinnen und Bürger können die aktuellen Reiseregeln der Bundesregierung nicht nachvollziehen.
So teilen 86 Prozent der Teilnehmer einer Forsa-Umfrage die Kritik daran, dass Reisen ins Ausland möglich sind, während im Inland der Urlaub faktisch verboten ist. Denn weder Hotels noch Ferienhäuser, Pensionen oder Campingplätze dürfen Touristen empfangen.
Zurück zur weltweiten Reisewarnung? Bitte nicht!
Wenn es nach Bundeskanzlerin Angela Merkel geht, wird diese Neiddebatte bald aufgelöst – indem gar nichts mehr geht. Die Bundesregierung prüft derzeit, ob und wie sie Urlaubsreisen ins Ausland unterbinden kann. Entschieden wurde bereits, dass sich künftig alle Flugpassagiere, die aus dem Ausland kommen, vor der Abreise nach Deutschland auf Corona testen lassen müssen. Dieser Schritt ist vernünftig, um in der aktuell aufgeregten Situation für Ruhe und größtmögliche Sicherheit zu sorgen. Der Prüfauftrag geht aber darüber hinaus, Details dazu wurden bisher nicht genannt. Mal abgesehen davon, ob ein solcher Schritt rechtlich möglich wäre: Es wäre der falsche.
Denn das Unterbinden von Auslandsreisen käme einer weltweiten Reisewarnung sehr nah – und würde uns ein Jahr zurückkatapultieren, als wir eine solche Situation schon einmal hatten. Nur war Covid-19 damals ein Risiko, das niemand einschätzen konnte. Es gab keine PCR- oder Schnelltests, keine Hygienekonzepte, keine Impfstrategie.
Heute, ein Jahr später, sind wir einen großen Schritt weiter – auch wenn in der Corona-Pandemie aktuell bei Weitem nicht alles logisch scheint. Airlines, Hotels und Kreuzfahrtreedereien haben umfassende Hygienekonzepte umgesetzt. Die allermeisten Länder haben Einreisebeschränkungen wie die Corona-Testpflicht oder Quarantäne eingeführt. An vielen öffentlichen Orten – darunter auch die Playa de Palma auf Mallorca – müssen Masken getragen werden. Das Gebot des Abstandhaltens gilt überall. Das Risikobewusstsein der allermeisten Urlauber ist hoch.
Kein vernünftiges Reisekonzept fürs Inland
Natürlich wird die Gefahr einer Infektion durch all diese Maßnahmen niemals gleich null sein – egal, ob wir im Ausland oder in Deutschland sind. Daher ist ein sinnvolles Risikomanagement so wichtig: Die Gefahren müssen eingeschätzt werden, auf dieser Grundlage müssen Entscheidungen getroffen werden. So macht es die Bundesregierung im Falle der ausländischen Risikogebiete.
Doch für Deutschland gibt es ein solch detailliertes Risikomanagement nicht, es gilt ein generelles touristisches Übernachtungsverbot. Dass eine Neiddebatte entsteht, ist daher nicht verwunderlich. Es ist an der Politik, diese aufzulösen. Innerhalb eines Jahres ist es der Bundesregierung nicht gelungen, eine vernünftige Reisestrategie fürs Inland aufzusetzen. Dabei wurden nicht nur im Ausland, sondern auch in Deutschland Hygienekonzepte im vergangenen Sommer erfolgreich erprobt.
Vielmehr müsste ein für die Bürgerinnen und Bürger nachvollziehbares System geschaffen werden, das Inlands- und Auslandsreisen nicht mehr gegeneinander ausspielt. Auch in Deutschland muss genauer hingeschaut werden: Welches Risiko stellt der Aufenthalt in einer Region tatsächlich dar? Urlaub sollte zumindest in Ferienhäusern, Ferienwohnungen und auf Campingplätzen ermöglicht werden, wenn die Inzidenz es erlaubt. Natürlich unter der Voraussetzung, dass alle zur Sicherheit notwendigen Maßnahmen ergriffen werden. Und das heißt: Testen, testen, testen. Und die Kontaktverfolgung sicherstellen.
Modellprojekte für sicheren Tourismus: Besser spät, als nie
Schon längst hätten Modellprojekte zeigen können, wie auch in der Pandemie sicherer Urlaub möglich sein kann. Es ist gut, dass sie im Erzgebirge nun endlich gestartet werden. Dort dürfen voraussichtlich ab dem 1. April zwei Gemeinden Hotels, Restaurants und Museen öffnen – in denen nur Menschen aufeinandertreffen, die zuvor negativ auf das Coronavirus getestet worden sind.
Wenn das Projekt glückt, dann sollte die Politik daraus ein Modell für ganz Deutschland bauen. Damit die Neiddebatte endlich endet. Und damit regelkonformer Urlaub auch in Deutschland möglich wird. Denn eine kleine Auszeit von dieser Pandemie haben wohl inzwischen alle nötig – am Pool auf Mallorca, am Nordseestrand oder in Bayerns Bergen.