Gerichtsurteil: Corona-Einschränkungen im Hotel rechtfertigen Preisminderung
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Mögliche Kommunikationspartner im Urlaub ständig auf die Möglichkeit ihrer Infektiosität reduzieren zu müssen, stelle eine Beeinträchtigung des Urlaubs dar, urteilte das Amtsgericht Düsseldorf. Der Reiseveranstalter musste wegen zahlreiche Corona-Einschränkungen im Hotel einer Familie 20 Prozent des Reisepreises erstatten. (Symbolbild)
© Quelle: imago images/Cavan Images
Hallenbad, Whirlpool, Fitnessraum und Spielplatz geschlossen, die Kontakte zu anderen Gästen eingeschränkt. Wegen dieser Corona-Einschränkungen im Hotel hat eine vierköpfige Familie von ihrem Reiseveranstalter eine Preisminderung gefordert und zog vor Gericht. Das Amtsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 37 C 414/20) gab den Urlaubern im Februar recht und verurteilte das Unternehmen zur Rückzahlung der geforderten 20 Prozent des Reisepreises.
Rund 4.700 Euro hatte die Familie im Juli 2020 für ihren Urlaub in Portugal bezahlt. Aber zahlreiche Freizeiteinrichtungen waren wegen behördlich angeordneter Corona-Hygienemaßnahmen geschlossen. Lediglich der Außenpool war mit einer Reservierung für einen halben Tag nutzbar, allerdings nur für 15 Personen. Im Kinderpool durfte sich nur ein Kind aufhalten, danach wurde er desinfiziert. Und zur Essensausgabe durfte sich im Raum nur eine Familie aufhalten. Das führte zu einer Wartezeit von durchschnittlich 45 Minuten bei der Essensausgabe.
Ständig an Hygienemaßnahmen erinnert zu werden, beeinträchtigt den Zweck eines Urlaubs
Für die Frage der Minderung käme es nicht darauf an, ob der Reiseveranstalter für die Einschränkungen des Hotelbetriebs verantwortlich sei oder nicht. Denn: Die im Einzelnen beanstandeten Punkte gingen „über das Ausmaß typischer Alltagsbeeinträchtigungen, die ohne Minderung hinzunehmen sind, hinaus“, urteilte das Gericht. Ein Mangel ergebe sich nicht nur in den Beschränkungen des Hotelbetriebs, sondern schon allein aus den Abstandsgeboten und Hygienemaßnahmen.
„Es ist typischerweise Inhalt des Urlaubs, frei mit anderen Gästen in Kontakt treten zu können und nicht andere Menschen meiden zu müssen“, heißt es in der Begründung des Urteils. Bereits die Notwendigkeit, andere Menschen im Urlaub vorrangig nicht mehr als mögliche Kommunikationspartner anzusehen, sondern sie auf die Möglichkeit ihrer Infektiosität reduzieren zu müssen, stelle eine erhebliche psychische Beeinträchtigung dar. Diese beeinträchtige die Erholungswirkung eines Urlaubs regelmäßig.
Dabei spiele es keine Rolle, dass entsprechende Beschränkungen in gewissem Umfang auch im Alltag im Heimatland zur selben Zeit bestanden hätten, weil es sich im Heimatland nicht um eine Urlaubsituation handele. Ein Urlaub sei typischerweise ein Zeitraum der Unbeschwertheit, sowohl was den Ablauf des Alltags, als auch die ungezwungene Kontaktmöglichkeit mit anderen Gästen angeht, erklärte das Gericht. „Wird man hingegen im Urlaub durch allgegenwärtige Hygienemaßnahmen praktisch vom Zeitpunkt des Aufstehens bis zum Zeitpunkt des Schlafengehens ständig daran erinnert, dass ein normaler Alltag den Menschen nicht einmal mehr im Urlaub gewährt ist, liegt hierin offensichtlich eine erhebliche Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Urlaubs, die bereits für sich genommen eine Minderung rechtfertigt.“
RND/bv