Kein Wasser, kein Strom - eine ganz besondere Gaststätte im Harz

Idealismus und Einsamkeit können Gäste im „Hanskühnenburg“ im Harz finden.

Idealismus und Einsamkeit können Gäste im „Hanskühnenburg“ im Harz finden.

Herzberg am Harz/Lonau. Egal in welche Richtung Thorsten Waldmann schaut: Kilometerweit sieht er ausschließlich Bäume und Schnee. Der höchste Berg im deutschen Mittelgebirge, der Brocken, ist schemenhaft am Horizont zu erkennen. Thorsten Waldmann steht im Aussichtsturm der bewirtschafteten Baude „Hanskühnenburg“ im Harz. Er ist der Pächter des Gebäudes, das weder einen Wasser- noch einen Stromanschluss besitzt.

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„Man muss schon ein Idealist sein, um dieses Gebäude ganzjährig zu betreiben“, sagt Waldmann. Er pachtet die „Hanskühnenburg“ zusammen mit seiner Frau Katja und Dominik Singer seit Dezember. Als Restaurant oder Gaststätte bezeichnet er die Baude ganz bewusst nicht. „Hier oben ist nicht alles so selbstverständlich wie in einem Restaurant“, sagt er. Das auf 811 Metern liegende Gebäude sei die einzige vollautarke Baude im Harz. Zwischen dem 18. und 19. Jahrhundert wurde sie als Schutzhütte errichtet. In den 1970er Jahren sanierte der ehemalige Landkreis Osterode als Eigentümer das Gebäude samt des markanten Steinturms und baute einen Gastraum an. Seitdem ist hat sich wenig getan.

Thorsten Waldmann betreibt die Gaststätte „Hanskühnenburg“.

Thorsten Waldmann betreibt die Gaststätte „Hanskühnenburg“.

Viel Schnee, aber nur 2000 Liter Wasser pro Woche

Die neuen Pächter wollen das zusammen mit dem Eigentümer, dem Landkreis Göttingen, Schritt für Schritt ändern. Eine neue Pumpe für das Toilettenwasser aus der Regenwasserzisterne wurde beispielsweise bereits eingebaut, auch neue Lampen wurden installiert. „Vieles geht aber nicht von jetzt auf gleich - erst recht nicht hier oben“, sagt Pächter Waldmann. Das mache auch den Charme der „Hanskühnenburg“ aus. Die Fenster des Gastraums eröffnen den Blick auf vierzig Zentimeter Schnee, die auch Tische und Bänke bedecken. Beleuchtet und geheizt wird etwa vor allem mit zwei Kachelöfen, da die Photovoltaikanlage auf dem Dach vor allem im Winter nur wenig Strom produziert. Auch Leberkäse und Kuchen werden in einem der Holzöfen gebacken.

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Besonders knapp ist in der Baude aber vor allem Wasser. Pro Woche stehen genau 2000 Liter zur Verfügung. Um Wasser zu sparen wird deshalb in einer Wäschewanne abgespült. Einmal in der Woche liefert ein spezieller Tankwagen das Wasser. Im Winter führt nur eine enge forstwirtschaftliche Straße auf den Berg in der Nähe von Herzberg, im Sommer noch eine zweite.

Trotzdem sei die „Hanskühnenburg“ nicht schlecht besucht, sagt Waldmann. Bis zu 150 Gäste kämen an guten Tagen - trotz Corona. Über Wanderwege, Mountainbike-Strecken oder im Winter Langlaufloipen finden Besucherinnen und Besucher durch dichte Nadelbaumwälder den Weg zu der Lichtung, auf der die Baude steht. 3,5 Kilometer ist die kürzeste Strecke lang. „Unsere Gäste suchen die Ruhe hier oben“, meint Waldmann.

Strom gibt es nicht, dafür aber einen gemütlichen Ofen.

Strom gibt es nicht, dafür aber einen gemütlichen Ofen.

Einsamkeit und Abgeschiedenheit auf 811 Metern Höhe

Einer dieser Gäste ist Peter Hagedorn. 1956 besuchte er die „Hanskühnenburg“ zum ersten Mal. Inzwischen nimmt er einmal in der Woche die Wanderung auf 811 Höhenmeter auf sich. In dem Holzvertäfelten Gastraum isst er einen Kuchen und trinkt einen Kaffee. An den Wänden hängen Geweihe, ein altes Kletterseil und nicht mehr genutzte Gaslampen. „Ich bin froh, dass hierfür ein neuer Pächter gefunden wurde“, sagt Hagedorn.

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Die vorherigen Pächter hätte nicht mehr weitermachen wollen, da sahen die Waldmanns und Dominik Singer ihre Chance. Singer war für einen Weltrekordversuch im Oktober 2020 93 Mal zu der Baude gelaufen. Wenn sie Zeit hatten, liefen Thorsten und Katja Waldmann mit. So kam der Kontakt mit den ehemaligen Pächtern zustande. „Wir waren immer von Almhütten in den Alpen fasziniert, so haben wir nun unsere eigene Alpen-Hütte vor der Haustür“, sagt Thorsten Waldmann.

Ausbau der „Hanskühnenburg“ wird noch Monate dauern

Bis auf die Einsamkeit soll die „Hanskühnenburg“ aber nicht so viel mit einem Gasthof in den Alpen zu tun haben. Statt Germknödel, Käsespätzle und hellem Bier, werden regionale Speisen und Getränke serviert. Bier kommt aus einer Harzer Brauerei, als warme Speisen gibt es Erbseneintopf oder Grünkohl. Im Oktober werde vielleicht eine Ausnahme gemacht und bayerisches Essen serviert.

Festlegen will sich Thorsten Waldmann da noch nicht. Für die drei Pächter ist die „Hanskühnenburg“ ein Nebenjob. „Aktuell arbeite ich an drei Tagen in der Woche hier und an vier Tagen in meinem eigentlichen Beruf“, sagt er. Neben den drei Pächtern gibt es nur eine dauerhafte Angestellte. „Gutes Personal ist nicht so leicht zu finden - morgens einfach die Heizung anschalten, geht hier nicht.“ Die drei Freunde wollen deshalb nichts überstürzen. Um die „Hanskühnenburg“ nach ihren Vorstellungen weiterzuentwickeln haben sie zwei Winter Zeit - so lange ist die Pacht zunächst geplant. Die nötige Ruhe für klare Gedanken finden die Pächter in der Baude allemal.

RND/dpa

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