Abwehrbollwerk Rüdiger – der Mann, der an die Grenzen geht
Antonio Rüdiger glaubt an den Finaleinzug mit Real Madrid.
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Wenn die spanische Sportzeitung „Marca“ die Note Zehn vergibt, muss schon etwas ganz Besonderes passiert sein. Normalerweise bekommen nur Offensivkünstler oder Stürmer diese höchstmögliche Bewertung nach Galaauftritten mit vielen Toren. Nach dem Halbfinalhinspiel der Fußball-Champions-League am vergangenen Dienstag zwischen Real Madrid und Manchester City (1:1) wurde einem Verteidiger diese Ehre zuteil: Antonio Rüdiger. Seine Leistung wurde dazu von den spanischen Kollegen, die jedes Real-Spiel verfolgen, so beschrieben: „Rüdiger frisst Haaland – der Deutsche hat sich als Haalands Kryptonit entpuppt. Sein bestes Spiel, seit er bei Real Madrid unterschrieben hat. Rüdiger war der Hauptdarsteller und schickte Haaland in den Hintergrund.“
Viel mehr Lob geht nicht. Oder doch? Denn neben den spanischen und englischen Medien überschlugen sich auch die Experten mit Komplimenten für den Mann, dem es gelang, Citys Tormaschine Erling Haaland nahezu kalt zu stellen. So schwärmte Rio Ferdinand, einst selbst Weltklasseabwehrspieler: „Rüdiger war exzellent und clever zugleich. Ich denke, du musst aggressiv gegen Haaland spielen. Sie haben ihn nicht komplett ausschalten können, aber das war das Beste, was ich je von einem Innenverteidiger gegen Haaland gesehen habe.“
An Muskelpaket Rüdiger prallte Haaland ab
Sensationelle 52 Treffer hat der Norweger in bislang 48 Pflichtspielen erzielt und dabei diverse Rekorde geknackt – an Muskelpaket Rüdiger prallte er zumeist ab, kam am vergangenen Dienstag gerade mal auf 21 Ballkontakte und drei (harmlose) Torabschlüsse.
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Gegenspieler: Stürmer Erling Haaland und Abwehrspieler Antonio Rüdiger am vergangenen Dienstag.
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Kein Wunder, dass es nach diesem Auftritt völlig außer Frage steht, dass der 30-Jährige auch beim Rückspiel an diesem Mittwoch (21 Uhr, DAZN) in der Startelf der „Königlichen“ stehen wird, auch wenn der gesperrte Éder Militão – bekanntermaßen ein Liebling von Trainer Carlo Ancelotti – nach seiner Gelbsperre zurückkehrt. Am Samstag verzichtete der Italiener beim 1:0-Erfolg in der Liga gegen Getafe zwar auf Rüdiger, sagte danach aber offen mit Blick auf den Königsklassenkracher: „Ich habe Toni eine Verschnaufpause gegeben, damit er am Mittwoch frisch ist.“ Den anschließenden Nachsatz platzierte „Don Carlo“ in seiner typischen Manier mit einem Augenzwinkern: „Er wird spielen, aber ich weiß noch nicht wie viele Minuten …“
Er wird spielen, aber ich weiß noch nicht wie viele Minuten …
Carlo Ancelotti,
Trainer von Real Madrid
Da neben Rüdiger allerdings auch David Alaba einen herausragenden Job machte und ebenfalls seinen Anteil daran hatte, dass Haaland gestoppt wurde, ist davon auszugehen, dass Ancelotti alle drei Innenverteidiger aufbieten wird, um dieses Kunststück noch einmal zu schaffen. Denn natürlich wird es auch in Manchester mehr denn je darauf ankommen, die Offensivpower der Cityzens in den Griff zu bekommen, die in elf Spielen stolze 27 Treffer erzielte.
Rüdiger wird versuchen, ähnlich schmutzig und eklig zu agieren wie vor einer Woche, als er Haaland praktisch in Manndeckung nahm, ihn immer wieder mit seinem wuchtigen Körper schubste, stieß, ihn mit Trashtalk und Gesten nervte – ohne dabei die Grenzen des Erlaubten zu überschreiten. Genau das ist die Kunst, die der 1,90-Meter-Hüne lernen musste und inzwischen nahezu perfektioniert hat.
Beim VfB Stuttgart galt Rüdiger am Anfang seiner Karriere als Raubein und Hitzkopf, kassierte in 80 Profispielen zehn Gelbe Karten und flog zweimal vom Platz. Bei Real sah er in 48 Einsätzen nur zweimal Gelb und sagt vor dem Rückspiel: „Wir haben die Spieler, wir haben die Erfahrung und wir haben die Cojones (übersetzt: Eier), um da zu gewinnen.“ Starke Worte, denen nun Taten folgen müssen.