Kommentar: Gegen die Wand

Wer während der Partie „Pflastersteine gegen Bullen“ plakatiert, gehört vor ein ordentliches Gericht.

Wer während der Partie „Pflastersteine gegen Bullen“ plakatiert, gehört vor ein ordentliches Gericht.

Hannover. Für Fußballromantiker ist die „gelbe Wand“ ein lebendes Denkmal der Fankultur. Die Dauerkarten für die größte Stehplatztribüne der Welt im Dortmunder Stadion werden von Generation zu Generation weitergereicht. Wer neu dazukommen will, muss jahrelang auf freie Plätze warten. An diesem Sonnabend bleiben die 24.454 Plätze auf den steilen Rängen leer. Das stolze Denkmal wird für 90 Minuten zum Mahnmal. Gegen Hass und Gewalt.

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Es ist die etwas hilflose Reaktion des Deutschen Fußball-Bunds auf eine Gewaltorgie mit Ansage. Vor zwei Wochen hatten BVB-Fans von besagter Traditionstribüne mit Dutzenden Spruchbändern zur Gewalt gegen RB Leipzig aufgefordert. Im Umfeld des Stadions griffen Chaoten die Fans aus Leipzig dann tatsächlich brutal an – darunter Frauen und Kinder. Die Polizei sprach von einem „völlig enthemmten Mob“. Eine Woche später stoppen Polizisten zwei Fanbusse und stellen bei knapp 100 Hooligans Sturmhauben, Schmerzmittel und mit Quarzsand gefüllte Kampfhandschuhe sicher. Am Donnerstag randalieren Schalke-Fans in der Innenstadt von Saloniki. In Oberhausen wird heute ein Regionalligaspiel nicht angepfiffen – aus Sicherheitsgründen.

Der Fußball hat ein Gewaltproblem

Auch wenn man nicht jede Woche drüber redet: Der Fußball hat noch immer ein Gewaltproblem. Immer öfter geht es nicht mehr nur um gepflegte Stadtrivalitäten, sondern um eine – zunehmend mit Gewalt geführte – Auseinandersetzung über den Fußball selbst. Es geht um Kommerz und Tradition und die Frage, wem der Fußball gehört: Konzernen wie Leipzig-Sponsor Red Bull oder den Fans.

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Dabei führt schon der Ansatz in die Irre: Borussia Dortmund ist an der Börse notiert, Schalke wird vom russischen Gasunternehmen Gazprom üppig alimentiert, Bayern gehört in Teilen Audi, Adidas und der Allianz. Wo genau liegt der Unterschied zu den Neureichen aus Wolfsburg, Hoffenheim oder Leipzig? Im Finanziellen jedenfalls nicht.

Tatsächlich übernehmen Konzerne und Mäzene Bundesliga-Klubs. Zeitgleich allerdings haben radikale Fangruppen fast überall in der Republik die Ränge in den Stadien geentert. Sie sehen sich als Hüter der Klubtradition. In Wahrheit kreisen sie mit ihren Gesängen gegen Gegner, die eigene Klubführung oder den Kommerz um sich selbst – und propagieren oft Gewalt. Wer wann ein Tor schießt? Nebensache.

Nun ist niemand verpflichtet, beim Tor der eigenen Mannschaft zu jubeln. Gewalt aber muss sich der Staat mit Macht entgegenstellen. Stadionverbote oder Kollektivstrafen der oft schwer durchschaubaren DFB-Sportgerichtsbarkeit reichen nicht aus. Das Strafgesetzbuch gilt auch im Stadion. Wer während der Partie „Pflastersteine gegen Bullen“ plakatiert, gehört vor ein ordentliches Gericht. Gewalt ist nicht Teil des Spiels – auch wenn sie im Fußball eine traurige Tradition hat.

Von RND/Dirk Schmaler

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