Mercedes kämpft mit den Formel-1-Reifen

Unter Dampf: Die Temperatur der Reifen entscheidet in der Formel 1 über schnelle Rundenzeiten.

Unter Dampf: Die Temperatur der Reifen entscheidet in der Formel 1 über schnelle Rundenzeiten.

Montreal. „Wir haben da eine Diva“, beschrieb Mercedes-Sportchef Toto Wolff kürzlich den Silberpfeil 2017. „Wunderschön anzuschauen, aber eben doch manchmal sehr zickig.“ Der Hintergrund: Techniker und Fahrer des deutschen Formel-1-Teams verstehen das Auto auch vor dem Grand Prix von Kanada in Montreal am Sonntag (20 Uhr, RTL und Sky) nicht richtig, immer wieder kommt es, wie bei Lewis Hamilton in Monaco, zu Leistungseinbrüchen. Vor allem, weil es nicht gelingt, die Reifen ins optimale Temperaturfenster zu bringen oder dort zu halten. „Wir brauchen zu lange dafür. Das liegt in der DNA des Autos. Wahrscheinlich sind es Kleinigkeiten im Setup, die den Ausschlag geben“, sagt Wolff. Bei Bottas sei es zweimal vorgekommen, nicht im Qualifying, „aber in den Rennen in Bahrain und in Barcelona, wo er auf einmal extrem langsam war“.

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Temperaturentwicklung verläuft nicht parallel

Oft liegt das Problem darin, dass die Temperaturentwicklung an Vorder- und Hinterachse nicht parallel verläuft. Mal seien die Gummis vorne zu kalt, dann hinten – manchmal käme es auch hinten zu Überhitzung, wenn vorne die Temperatur passt. Nicht einmal die Spezialisten kommen der Sache auf die Schliche. Der lange Radstand des Silberpfeils ist es nach Aussage der Techniker nicht. „16 Zentimeter Unterschied zu Ferrari und 26 Zentimeter zum Vorjahr können nicht den Unterschied ausmachen.“

Im Gegensatz zu Mercedes hat Ferrari weniger Probleme. Ob harte oder weiche Reifen, Wärme oder Kälte, hohe oder niedrige Streckentemperaturen – der Ferrari funktioniert, größere Ausreißer nach unten blieben aus. „Eigentlich sind sie die einzigen, die das wirklich im Griff haben, alle anderen Teams haben zu kämpfen“, sagt Wolff. Niki Lauda deutete an, dass es da eine „italienische Kungelei“ zwischen Pirelli und Ferrari gegeben habe könnte.

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Ferrari konzentriert sich bereits seit 2016 auf die Reifen

Die Wirklichkeit sieht wohl so aus: Ferrari konzentrierte sich im letzten Jahr stärker als alle anderen Teams auf die Pirelli-Testfahrten der Reifengeneration 2017. Was man heute weiß: Die Italiener nutzten die Möglichkeiten, das Testauto an das 2017er-Reglement anzupassen, wohl am besten aus, bekamen damit die aussagekräftigsten Daten. Mercedes und Red Bull modifizierten ihre Autos zwar auch, aber offenbar in Bereichen, die den Werten der 2017er-Autos weniger nahe kamen.

Außerdem dürfte es eine Rolle spielen, dass Ferrari seine Stammfahrer die Tests bestreiten ließ. Sebastian Vettel spulte 2228 Kilometer im Dienste von Pirelli ab, Kimi Räikkönen 1054. Bei Mercedes und Red Bull erledigten hauptsächlich Testfahrer die Arbeit. Nico Rosberg fuhr 209 Kilometer auf Pirelli, Lewis Hamilton nur 50. Max Verstappen saß 517 Kilometer im umgebauten Red Bull, Daniel Ricciardo 200.

Sebastian Vettel wollte an neuen Reifen mitarbeiten

Dazu kommt, dass sich Vettel für die Arbeit von Pirelli an den breiteren Reifen interessierte und mitarbeiten wollte. Pirelli-Präsident Marco Tronchetti Provera verriet: „Sebastian hat uns mehrfach in Mailand besucht, um im Rahmen der Regeln mit unseren Ingenieuren seine Eindrücke zu diskutieren. Ein Fahrer seiner Erfahrung hat sich dadurch so viel Wissen angeeignet, dass er mit seinen Technikern bei Ferrari Abstimmungen ausarbeiten konnte, die nötig sind, um die Reifen im optimalen Betriebsfenster zu halten.“ Was jeder andere auch hätte tun können ...

Fällt Mercedes also das Desinteresse von Lewis Hamilton, sich mit Reifentests zu beschäftigen, weil sie seiner Meinung nach nichts bringen, auf den Kopf? Wolff sieht das Problem, verpackt Kritik an seinem Star aber in diplomatische Worte: „Jeder Fahrer hat seine eigene Herangehensweise. Sebastian war schon immer ein sehr harter Arbeiter, Lewis immer jemand, der sich eher auf seinen Instinkt verlassen hat.“ Man könne nicht behaupten, dass Hamiltons Ansatz nicht von Erfolg gekrönt gewesen sei. Aber es sei auch klar, dass man in dem Bereich Defizite habe, „an denen wir arbeiten müssen. Denn im Moment sind nicht wir die Favoriten für die WM, sondern Ferrari.“ Auch in Montreal, auf einem Kurs, auf dem Hamilton schon fünfmal gewonnen hat, dürfte es eng werden. Dabei steht Mercedes unter Zugzwang: Denn Vettel ist Hamilton in der WM um 25 Punkte enteilt.

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Von Karin Sturm

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