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Fußball-Historie

Sternstunden in den 1950er-Jahren: Chemie Torgau spielt um Aufstieg in die DDR-Liga

Ehrung der Chemiker für ihren Bezirksmeistertitel im Jahr 1955.

Ehrung der Chemiker für ihren Bezirksmeistertitel im Jahr 1955.

Torgau. In den Mai-Tagen des Jahres 1955 war ganz Torgau im Fußballrausch. Das erfolgreiche Spieljahr 1954/1955, mit dem Gewinn des Bezirksmeistertitels und den Aufstiegsspielen zur DDR-Liga, haben zahlreiche Torgauer, viele von ihnen der älteren Generation, noch gut in Erinnerung.

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Anfang der 1950er-Jahre wurden in der DDR die Betriebssportgemeinschaften (BSG) gegründet. Auch in der Region Torgau spielten diverse BSG-Mannschaften in den Fußball- und auch Volleyball-Ligen. Und dabei gab es eine Besonderheit: Aus den damaligen beiden Betriebsmannschaften BSG Steingut und BSG Glashütte ist im September 1954 die BSG Chemie Torgau entstanden. Beide Mannschaften spielten im Kreismaßstab die erste Halbserie des Spieljahres 1950/51 zunächst zu Ende und schlossen sich zusammen und die neuformierte Mannschaft spielte die zweite Halbzeit zu Ende. Die BSG Steingut gewann die erste Halbserie, in der die BSG Glashütte Platz 6 belegte.

Endstand: 1. Halbserie 1950/51:

1. BSG Steingutwerk Torgau 11 22: 0 64:13

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2. BSG FEMA Dommitzsch 11 19: 3 64:20

3. BSG Steingut Annaburg 11 16: 6 40:19

4. SG Belgern 11 14: 8 32:22

5. SG Schildau 11 13: 9 36:30

6. BSG Glashütte Torgau 11 11:11 34:37

7. SG Beilrode 10 8:12 16:29

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8. BSG Konsum Herzberg 11 8:14 17:44

9. SG Prettin 11 7:15 19:37

10. VPSG Torgau 11 5:17 15:34

11. SG Großtreben 10 5:15 16:44

12. BSG MAS Nichtewitz 11 2:20 17:54

13. Maschinenfabrik Annaburg zurückgezogen September 1950

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14. BSG Konsum Schlieben zurückgezogen Dezember 1950

Für die Mannschaften der BSG Steingutwerk und BSG Glashütte Torgau spielte dann die BSG Chemie Torgau die 2. Halbserie des Spieljahres 1950/51 zu Ende.

Sofort Kreismeister geworden

Die BSG Chemie Torgau wurde nach 22 Spielen mit 130:27 Toren und 43:1 Punkten prompt Kreismeister und stieg erstmals in die Bezirksklasse auf. Schon im Spieljahr 1953/54 gelang der Aufstieg in die Bezirksliga Leipzig. Der Höhenflug der Torgauer hielt weiter an: 1954/55 schaffte es Trainer Hans-Jürgen Wolf mit der Mannschaft die Meisterschale nach Torgau zu holen.

Am 5. September 1954 schlug Chemie Torgau den alten Rivalen Chemie Eilenburg mit 6:2 Toren, trotz eines Feldverweises von Dieter Köhler. Eine Woche später verloren die Torgauer bei Aktivist Böhlen mit 3:4 Toren. Weitere Ergebnisse: 3:3 gegen Motor Schkeuditz, 1:3 bei Aktivist Zechau.

Vor 650 Zuschauern gelang Chemie Torgau am 3. Oktober 1954 ein 2:1-Sieg über Motor Meuselwitz. Mit einem überzeugenden 4:1-Sieg bei Medizin Markkleeberg setzten die Chemiker am 10. Oktober 1954 ihre Erfolgsserie fort.

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Torgaus Top-Torjäger abgestellt

An die 2000 Zuschauer kamen am 17. Oktober 1954 ins Chemie-Stadion und erlebten einen glanzvollen 6:3-Sieg von Chemie über DHfK Leipzig. Die Leipziger erzielten in den letzten 10 Spielminuten ihre drei Tore. Nach einem 1:0-Sieg am 14. November 1954 bei Motor Grimma feierten die Torgauer die Herbstmeisterschaft.

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Die Torgauer verloren dann einen Topspieler: Dieter Köhler wurde am 3. Dezember 1954 zu Chemie Halle/Leuna abgestellt. Später spielte er für die BSG Stahl Thale.

Mitte Januar 1955 kehrten die Torgauer mit einem 4:1-Sieg aus Meuselwitz zurück. Im Februar ´55 gab J. Kleine seinen Einstand in der Chemie-Mannschaft und erzielte ein Tor. Auf tiefem Schneeboden feierte Torgau am 20. Februar 1955 gegen Medizin Markkleeberg ein Schützenfest. Nach 90 Minuten stand es 7:1 für Torgau. Chemie Torgau wurde nach 22 Spielen mit 71:40 Toren und 30:14 Punkten Bezirksmeister, punktgleich vor Aktivist Böhlen. Top-Torjäger Eberhard Neufert erzielte 20 Tore für die Chemiker im Meisterjahr.

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Torgauer unter Strom

Die Euphorie in der Stadt Torgau kannte keine Grenzen. Konditormeister Bachstein aus der Spitalstraße 32, damals Café Wettin, fertigte von den einzelnen Fußballern der Meisterelf Marzipanhäschen an und stellte diese in seinem Schaufenster aus, die für großes Aufsehen sorgten.

Herbert Kamchen (Mitte), hier in jungen Jahren, war bei den Chemie-Fans wegen seines Spielwitzes, seiner Technik und Torgefährlichkeit bekannt und beliebt.

Herbert Kamchen (Mitte), hier in jungen Jahren, war bei den Chemie-Fans wegen seines Spielwitzes, seiner Technik und Torgefährlichkeit bekannt und beliebt.

Am 9. April 1955 gab der Torgauer Bürgermeister, Günther Schwarz, für die gesamte Mannschaft einen Empfang im Rathaus. An der Veranstaltung nahm auch der stellvertretende Vorsitzende des Rates des Kreises Torgau, Werner Klage, teil.

Im Aufstiegsfieber

Für Chemie-Fußballer begannen die Aufstiegsspiele zur DDR-Liga. Die Torgauer spielte mit Lok Cottbus, Motor Stralsund, Traktor Gröningen (Bezirk Magdeburg) und Aktivist Bleicherode (Bezirk Erfurt) um die zwei Aufstiegsplätze. Am 24. April 1955 fuhr die Chemie-Mannschaft 8.57 Uhr mit dem Zug von Torgau nach Cottbus. Torgau kehrte am Abend mit einem vielversprechenden 1:0-Auswärtssieg zurück. Das goldene Tor erzielte Gerhard Kaminski in der 43. Minute. 3500 Zuschauer kamen am 8. Mai 1955 ins Torgauer Chemiestadion und sahen einen 5:1-Sieg über den Magdeburger Bezirksmeister Traktor Gröningen. Für Chemie traf E. Neufert in der 17. und 44. Minute. Nach dem Anschlusstreffer erhöhten E. Joiko (57.), G. Fischer (86.) und E. Neufert (88.) zum 5:1 Endstand. Am 15. Mai 1955, stand das schwere Spiel bei Motor Stralsund an. Bereits am Freitag wurde die Mannschaft am Torgauer Bahnhof verabschiedet und fuhr 21.44 Uhr mit dem Zug nach Stralsund.

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Weite Reise an die Küste

Tags darauf gingen die Torgauer durch E. Joiko nach 25 Minuten mit in Führung. In der 37. Minute glich Stralsund zum 1:1 aus und E. Neufert brachte die Torgauer nach 48 Minuten mit 2:1 erneut in Front. Drei Torgauer Spieler verletzten sich in diesem Spiel (u. a. schwere Kopfverletzung von M. Schmieglewski) und die Chemie-Elf musste mit acht Spielern das Spiel beenden, da es zur damaligen Zeit keine Auswechslungen gab. Stralsund drehte das Spiel und gewann mit 3:2.

Cottbusser drehen ein 0:4

Am 22. Mai 1955 hatten die Torgauer einen schlechten Tag erwischt, verloren gegen Aktivist Bleicherode mit 0:3. Gegen Lok Cottbus am 29. Mai 1955 ging es um den zweiten Aufstiegsplatz in der DDR-Liga. Weit über 4000 Zuschauer strömten ins Chemie-Stadion, was einen einmaligen Zuschauerrekord bis zum heutigen Tag bedeutet. Chemie führte durch einen Blitzstart schon 4:0. In der zweiten Halbzeit ließen bei den Torgauern die Kräfte nach und die Cottbusser konnte noch in der 89. Spielminute zum 4:4 Endstand ausgleichen. In den verbleibenden drei Spielen, in Gröningen 0:0, zu Hause gegen Motor Stralsund 1:2 und in Bleicherode 1:4, zeigten die Torgauer Nerven. Motor Stralsund und Lok Cottbus schafften den Aufstieg in die DDR-Liga. Torgau scheiterte knapp und belegte in den Aufstiegsspielen den 3. Platz.

Die glorreichen Chemie-Fußballer bei einem Empfang im Torgauer Kulturhaus.

Die glorreichen Chemie-Fußballer bei einem Empfang im Torgauer Kulturhaus.

Zu dieser erfolgreichen Torgauer Mannschaft gehörten dazumal: Trainer Hans-Jürgen Wolf, die Spieler Krause, Schmiegslewski, Schnelle, Schuster, Schröder, Pierl, Kamchen, Köhler, Kleine, Joiko, Neufert, Kaminski, Pierzina, Hauffe, Römer, Fischer und Torhüter Trümpelmann.

LVZ

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