Dank Torwart-Tor: Lok Leipzig ringt FC Grimma in Verlängerung nieder
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Nicht zu fassen: Niklas Müller wird von seinen Teamkollegen gefeiert.
© Quelle: Roger Petzsche
Grimma. Welch ein Irrsinn: Der 1. FC Lok Leipzig hat dank einer Energieleistung das Halbfinale des Sachsenpokals erreicht und beim FC Grimma mit 3:1 nach Verlängerung gewonnen. Erst ein Kopfballtor von Keeper Niklas Müller in der Nachspielzeit hatte den Favoriten beim Oberliga-Abstiegskandidaten überhaupt dorthin gebracht. Mehr als 75 Minuten lang spielten die Hausherren nach einer Roten Karte für Lok in Überzahl.
Beide Mannschaften suchen anfangs den schnellen, direkten Weg nach vorn, was schon binnen der ersten 60 Sekunden in zwei Strafraumszenen mündet, verteilt auf beide Seiten. Kurz darauf rauscht Stefan Tröger völlig übermotiviert mit offener Sohle in den Zweikampf und sieht früh Gelb. Alsbald zieht sich Grimma im vom Winde verwehten Husarensportpark zurück, lauert auf Ballgewinne und versucht es mit (nicht immer legaler) Zweikampfhärte. Die Gäste sind wenig überraschend immer dann brandgefährlich, wenn sie sich schnell, direkt und schnörkellos in die Spitze kombinieren. Dann jedoch leistet sich FCL-Torwart Niclas Müller einen kapitalen Fehlpass direkt vor die Füße von Christian Jackisch, der aus etwa 20 Metern mehrere Meter über den Kasten schießt (14.). Nicht der einzige Wackler im Spielaufbau vom jungen Leipziger Schlussmann.
Grimma muss nach Foul früh wechseln
Wenig später gibt’s die erste richtig gefährliche Lok-Szene. Osman Tilgan setzt sich hübsch über Linksaußen durch und in der Mitte verpasst Djamal Ziane hauchdünn. In Minute 20 steigt vorübergehend die Temperatur auf dem Rasen. Grimmas Robin Brand wird im Mittelkreis böse umgesägt und muss daraufhin vom Feld. Nikita Bondarenko ersetzt ihn. Ein Wechsel, der noch interessant werden soll. Das tobende Rudel drumherum kühlt sich einstweilen rasch wieder ab. Der anschließende Freistoß segelt auf den Kopf von Toni Ziffert und von dort einigermaßen deutlich am Tor vorbei.
Anschließend beruhigen sich Spiel und Gemüter etwas. Lok fällt es trotz reichlich Ballbesitz schwerer, den Klassenunterschied auf den Platz zu bringen. Nicht zuletzt der böiger werdende Wind und der kurz einsetzende Platzregen verkomplizieren ein kontrolliertes Fußballspiel. Damit finden sich die Hausherren merklich besser zurecht. Die Annäherungen, etwa über Jackisch und Ziffert, werden nun gefährlicher. Auf einmal ist Leipzig für die schnellen Gegenangriffe zuständig, aber beim letzten Pass zu ungenau.
Führung für Grimma, Rot für Lok
Das Spiel gehört jetzt dem Oberligisten – und wie. Felix Beiersdorf zieht eine Ecke auf den kurzen Pfosten und ausgerechnet der eingewechselte Bondarenko köpft zum 1:0 ein (37.). Noch ehe sich der Puls abgesenkt hat, steigt der Herzschlag erneut. Lucas Bartsch holt sich an der Mittellinie den Ball, zieht davon und Atilgan am Sechzehnereck die Notbremse. Schiedsrichter Paul Werrmann zückt Rot. Eine zumindest harte Entscheidung, denn es stellt sich die Frage, ob Bartsch wirklich frei durch war. Trotz alledem wäre Leipzig mit dem letzten Angriff des ersten Durchgangs beinahe der Ausgleich gelungen. Nach einem schönen Angriff hämmert Linus Zimmer den Ball allerdings in den Fangzaun. Lok-Coach Almedin Civa war ob der Darbietung seiner Jungs sichtlich angefressen: „Die erste Halbzeit war eines Regionalligisten unwürdig!“
Mit einem Mann weniger wirken die Gäste zu Beginn der zweiten Hälfte wesentlich aktiver, auf der schwierigen Suche nach Raum und zwingenden Aktionen. Vor allem die Zahl der Ecken geht nun durch die Decke. Lok-Coach Almedin Civa zückt nun einen Joker nach dem anderen, hat nach einer Stunde schon vier Mal gewechselt. Grimma schlägt nun zeitweise Wurzeln in der eigenen Hälfte, sieht sich nur selten zum Thema Nadelstich veranlasst.
... und dann kommt Niklas Müller
Die bis dato gefährlichste Leipziger Aktion nach dem Wechsel erzwingt der eingewechselte Ricardo Grym, der den Ball via Grätsche in den Lauf von Ziane passt. Der scheitert am starken FCG-Keeper Pascal Birkigt – und steht ohnehin im Abseits. Auftakt einer heißen Schlussviertelstunde? Es macht ganz den Anschein. Denn danach prüft Grym aus 20 Metern Birkigt. Es folgt eine offenbar zu große Chance für Bogdan Rangelov, der allein auf Birkigt zustürmt, dann aber den Ball aus acht Metern mit dem Außenrist vorbeischaufelt.
Die Grimmaer taumeln, werfen sich abwechselnd in die Bälle und drücken sich Krämpfe aus den Waden. Leipzig schiebt sich nun teilweise den Ball und die Verantwortung vorm Strafraum hin und her. Und dann passiert das Unfassbare: In der letzten Sekunde der regulären Nachspielzeit köpft der nach vorn geeilte Lok-Keeper Müller den Ausgleich – und Leipzig damit in die Verlängerung.
Lok-Freistoß ins Glück
Mit diesem Erweckungserlebnis im Rücken bleibt Lok auch in der Verlängerung angriffslustig, der letzte Pass kommt freilich selten bis nie an. Dafür schnippt ein Fernschuss von Grym knapp am langen Eck vorbei. Dann rettet Ziffert bei einem Kopfball von Ogbidi auf der Linie (104.). Das ist beim Freistoß von Farid Abderrahmane nicht möglich, den der Mittelfeld-Mann zum 1:2 über die Mauer zirkelt (105.).
Davon erholt sich Grimma nicht noch einmal. In der 113. Minute macht Theo Ogbidi endgültig den Deckel drauf und beseitigt letzte Zweifel am Halbfinale mit Lok Leipzig.
FC Grimma: Birkigt; Mattheus (77. Ronneburg), Tröger, Brand (21. Bondarenko / 108. Walther), Jackisch, Beiersdorf, Albert (80. Goldammer), Spreitzer, Ziffert, Bartsch, Diermann (69. Markus).
Lok Leipzig: Müller; Urban (62. Rangelov), Piplica (46. Heynke), Abderrahmane, Atilgan, Ziane, Zimmer, Voufack, Pfeffer (62. Grym), Sirch, Dombrowa (55. Ogbidi).
Zuschauer: 1200.
LVZ