Das bringt 2023: Ein Stadion aus Katar wird nach Nordsachsen verschifft
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Bereit, um nach Nordsachsen verschifft zu werden: Das Stadion 974 aus Katar.
© Quelle: dpa / Holger Schmidt
Nordsachsen. Kurz nachdem der letzte Raketenstock des alten Jahres aufgesammelt ist, lässt der Kreissportbund die erste 23er Bombe platzen. Nach mehreren Geheimtreffen gibt Boss Sven Kaminski bekannt, dass der KSB prominente Unterstützung für die unter der Energiekrise darbenden Amateurvereine gefunden hat. Das Land Katar steigt mit 50,1 Prozent ein und will das noch während der WM abgebaute Containerstadion 974 in Nordsachsen wieder aufstellen. Doch die Frage nach dem Standort gerät zur Zerreißprobe.
Die (einstigen) Kreisstädte Torgau, Oschatz und Delitzsch, kurz T.O.D., ringen um das Baurecht für die Leichtmetall-Butze. Letztlich spricht Landrat Kai Emanuel ein salomonisches Machtwort und vergibt den Zuschlag ins Grenzgebiet nach Mockrehna. Zugleich erlässt er eine sogenannte „Zonenrandgebietsförderung“, damit das Dorf die Stromkosten der Stadion-Klimaanlage bestreiten kann. Nebenbei ordnet der Nordsächsische Fußballverband gemeinsam mit Nordostdeutschem Fußballverband und Deutschem Fußball-Bund den Zwangsaufstieg von Frisch-Auf Doberschütz-Mockrehna in die 3. Liga an. Somit kommt man auch den Forderungen der hiesigen Regionalligisten nach einer Abschaffung der Relegation entgegen.
Der Fürst bringt Grace Kellys Kegelbahn nach Nordsachsen
Exakt 340 40-Tonner begeben sich indes auf den steinigen Weg aus der Wüste in die nordsächsische Pampa. Begleitet von 17 Tankfahrzeugen, um den hiesigen Spritpreisen zu entgehen. Direkt bei der Ankunft unterzeichnen Katars Premierminister Chalid bin Chalifa bin Abdulasis Al Thani und Sachsens El Ministerpräsidente Don Michael Kretschmer ein Abkommen zur jährlichen Lieferung von drei Stadien an den Freistaat. Als Gegenleistung wird das Neuseenland abgepumpt und das Wasser gen Katar verschifft. Dort soll es unter einer enormen Glaskuppel wieder neuseenländisch arrangiert werden und auf die große Vergangenheit als Oase der Kohleförderung hinweisen.
Von derlei Großprojekten entflammt, machen auch die Kegler der Region mobil. Verbandsligist Eintracht Sprotta, seit Jahren bahntechnisch heimatlos, wird in Monaco fündig. Dort hat Fürst Albert II. die einst von Grace Kelly installierte unterirdische Zwölf-Bahn-Anlage zufällig entdeckt, als er die heimischen Weinkeller während eines Stromausfalls inspizierte und plötzlich auf dem aalglatten Untergrund zusammenrutschte. Noch im selben Moment fasst der Regent den Entschluss, die Todesfalle erst zu de-installieren und dann zu verschenken.
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Zur feierlichen Übergabe begibt sich der einstige Bobpilot höchstselbst nach Nordsachsen. Während Albert im Privatjet auf dem Flugplatz Roitzschjora einschwebt, wird die Anlage direkt auf Kegelkugeln durch die Republik gerollt. Da darunter jedoch unerwartet das Straßennetz leidet, wird ein neues 9-Euro-Ticket aufgelegt.
Die Deutsche Bahn ächzt – und fährt kurzerhand das RAW Delitzsch wieder zur Produktionsstätte von Triebwagen hoch. Die Mitglieder des Eisenbahnersportvereins gelten fortan dank einer eilig durchgedrückten Verfassungsnovelle als „Facharbeiter für Zugherstellung“. Zudem wird die Döllnitzbahn nun bundesweit eingesetzt – betrieben mit der Zukunftstechnologie Steinkohle.
Das Ende der „Ein-Tor-Politik“
Von all den (sport-)politischen Unbilden gänzlich unbeeindruckt bleibt NFV-Ehrenpräsident Manfred Otto. Nachdem im Sommer weitere 20 Vereine den Spielbetrieb einstellen wollen, lässt der mit allen Quellwassern gewaschene Fußballfuchs seine Verbindungen spielen. Er bewegt den rastlosen Ruheständler Rudi Völler zu einem späten Comeback beim wiederbelebten FC Hohenprießnitz und erfindet zudem das neue Ligasystem „Fünf-gegen-Fünf“.
Die Massen sind begeistert. 19 von 20 Vereinen machen einen Rückzieher vom Rückzieher. Zudem bitten 21 Clubs aus dem Stadtverband Leipzig um eine Gastspielgenehmigung. Der just als Bundestrainer installierte Michael Ballack (löste Hansi Flick wegen dessen sogenannter „Ein-Tor-Politik“ ab) möchte das Erfolgsmodell auf eine höhere Ebene hieven. Otto wird ob seiner richtungsweisenden Vision und dem Kontakt zur Basis zum neuen DFB-Präsidenten gekürt und wischt prompt in der Chefetage feucht durch. Mit der Drahtbürste.
Plötzlich werden Ehrenämter wieder als solche entlohnt. Die eingesparten Millionen für „Aufwandspauschalen“, „Reisekosten“ und „ich-lass-mich-nicht-bestechen-Platinuhren“ fließen tatsächlich in die Nachwuchsarbeit. Später soll dieses Wirken als „Ottos Entfilzungsstift“ in die Geschichte eingehen.
Investor und „Eckchen“ locken Weltstars
Andernorts sind die Pläne für das neue Jahr nicht weniger monumental. Die Handballer des NHV Concordia Delitzsch werden in der neuen Saison von einem Kamerateam begleitet. Dank des Einstiegs eines offiziell unbekannten Investors (Spekulanten werfen den Namen Elon Musk in den Raum, weil wenig später direkt am Lober eine neue Tesla-Wunderfabrik entsteht.) schwimmt der Verein plötzlich in einem mit langen Scheinen gefüllten Ozean.
Kurz vor Start der Oberliga-Saison werden spektakuläre Verpflichtungen bekannt. Die Welthandballer Nikola Karabatic und Mikkel Hansen, beide dereinst in Paris tätig, laufen künftig im NHV-Leibchen auf. Karabatics lässiger Kommentar bei seiner Vorstellung: „Paris oder Delitzsch – Hauptsache die Kohle stimmt“. Dennoch gelten die beiden Hochkaräter als umgänglich, volksnah und werden zu Stammgästen in der Altstadtkneipe No. 2. Chef Jens Fahr versteht zwar nichts von Handball, verzückt die Weltstars dafür kulinarisch. Hansen schwört sich von nun an gar mit einem frischen „Eckchen“ auf die Spiele ein, während Frisch-Auf Doberschütz-Mockrehna auf bestem Weg zum Durchmarsch in die 2. Fußball-Bundesliga ist. Es hat schon schlimmere Sportjahre gebegen...