Leipzig geht voran: Ole Petersen begeistert bei europäischem Fechtturnier in der Arena
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Ole Petersen (links) kämpfte sich in der internationalen Konkurrenz unter die besten 16 in der Arena Leipzig.
© Quelle: Dirk Knofe
Leipzig. Ole Petersen reißt sich die Maske vom Gesicht, lässt seinen Emotionen freien Lauf. Ein lauter Schrei hallt durch die Arena Leipzig. Der 15-Jährige hatte es geschafft, war als einziger Deutscher in die Top 16 eingezogen. Eine Traube an Menschen hatte sein Gefecht beobachtet, beglückwünschte den Altenburger zu einem weiteren Sieg bei diesem außergewöhnlichen Heimspiel. Seit Jahren hatte es in Leipzig kein solches Fecht-Turnier mehr gegeben, zuletzt hatte sich zur Weltmeisterschaft 2017 die internationale Elite in der Messestadt versammelt. Ganz auf diesem Niveau sind Petersen und seine Kontrahenten (noch) nicht, doch mit dem europäischen U17-Turnier, einem sogenannten Cadet Circuit, waren zum ersten Mal seit einer kleinen Ewigkeit die besten Degen-Talente der Welt in Sachsen versammelt.
„Es fehlen zwar Starter aus der USA, aber mit Ungarn, Italien, Frankreich und der Ukraine sind heute sehr starke Fechtnationen vertreten“, ordnet Daniel Reiß ein. Der Vizepräsident des Fechtclub Leipzigs (FCL) sitzt mit dem Kampfgericht ganz oben auf der Haupttribüne der großen Eventstätte, behält von dort das Turnier mit seinen Kollegen der verschiedenen Fechtverbände im Blick. „Die Planungen haben bereits im Sommer begonnen, zahlreiche Ehrenamtliche haben mit angepackt. Unser Dank gilt ganz besonders der Arena und der Stadt Leipzig, die uns das hier ermöglicht haben“, führt Reiß aus. Aber auch die Sparkasse Leipzig und die Olympiasport Leipzig GmbH hätten einen Großen Teil zur Ausrichtung beigetragen. 25 Bahnen inklusive der Signalanlagen hatten die vielen helfenden Hände innerhalb eines Tages aufgebaut. Fast 240 Starter aus über 20 Nationen trugen am Freitag im Einzel und am Samstag im Team-Wettbewerb hier ihre Duelle aus.
Trainer Màrton Nagy lobt: „Das Ergebnis heute ist fantastisch“
„Auf diese Teilnehmerzahl sind wir stolz, damit können wir ganz vorne mitspielen“, sagt Jörg Fiedler, der bei dem Wettkampf kaum zu greifen ist. Der frühere Olympiateilnehmer und heutige Bundesstützpunkt-Trainer der Messestadt eilt von Bahn zu Bahn, beobachtet seine Schützlinge, beantwortet Fragen von Gästen aus aller Welt und hält Rücksprache mit dem Kampfgericht. „Die positiven Rückmeldungen und die große Resonanz, geben uns die Motivation weiterzumachen und uns weiter zu verbessern. Das ist eine riesige Chance, nicht nur für Leipzig, sondern für ganz Deutschland, wieder solche Events auf die Beine zu stellen“, so der Coach weiter.
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Eins seiner vielen Talente muss Fiedler an diesem Freitag nicht betreuen. Seit Jahren arbeitet Ole Petersen bereits mit Màrton Nagy zusammen, der jeden seiner Schritte, Stöße und Stiche von der Seitenlinie aus beobachtet. Zwischen den einzelnen Gefechten hält der Stützpunkttrainer Rücksprache mit dem 15-Jährigen, geht mit dem talentierten Nachwuchsfechter die Strategie für das nächste Duell durch. Im Achtelfinale geht der Plan jedoch nicht mehr auf. Der Italiener Leonardo Cortini geht mit 7:1 in Führung, nutzt seine größere Reichweite gegen das FCL-Talent geschickt aus. Petersen kämpft sich noch einmal auf 7:5 zurück, findet am Ende aber nicht die richtige Taktik gegen den 16-Jährigen.
„Ole ist jung, ist in seinem ersten Jahr in der U17, dafür ist das Ergebnis heute fantastisch“, sagt Coach Nagy. Sein Schützling habe mit dem 13. Platz erneut bewiesen, dass er in dieser Altersklasse der beste Deutsche sei. „Ich bin sehr zufrieden mit seinem Abschneiden, nicht ganz so sehr mit seinem Fechten“, schiebt der 36-Jährige hinterher. Es gäbe immer etwas zu verbessern. Gegen den Stil des cleveren und geduldigen Italieners habe Petersen noch nicht die richtige Antwort gefunden.
Dennoch war der 15-Jährige ganz zufrieden mit sich. „ Ich war heute noch ein bisschen nervöser, als bei anderen Wettkämpfen. Das hat sich nach ein, zwei Gefechten aber wieder gelegt. Es hat zwar nicht alles geklappt, aber die meisten Dinge konnte ich vernünftig umsetzen“, analysiert er ruhig. Er habe sich bei dem Heimspiel besonders gut präsentieren wollen, sich vor den anderen Vereinsmitgliedern und seinen Geschwistern beweisen wollen. Und setzte dafür auf die üblichen Abläufe: „Ich hätte es komisch gefunden, vor dem Wettkampf zu Hause in Altenburg zu schlafen. Das wäre ein ganz anderes Gefühl gewesen, da wir bei allen anderen Turnieren auch einen Tag vorher ankommen und im Hotel schlafen. Deshalb habe ich alleine in Leipzig in der Wohnung meines großen Bruders geschlafen.“ Für die Geschwister alles ganz normal, die gesamte Familie ist seit Jahren im Fecht-Fieber.
Italien und Ungarn dominiert
Auch Coach Fiedler ist stolz, hat neben der starken Leistung des Altenburgers aber auch die restlichen deutschen Vertreter im Blick. Immerhin 64 Talente aus dem Gastgeberland waren an den Start gegangen, aus den anderen Nationen waren maximal 20 Starter zugelassen. „Wir müssen im taktischen Bereich in ganz Deutschland besser werden. Das ist eine Aufgabe für uns als Trainer und für die nächsten Lehrgänge“, zeigt sich der Olympiateilnehmer selbstkritisch. „Ole ist eine Ausnahme, er ließt die Gefechte besser und trifft strategisch gute Entscheidungen – aber wir können in Deutschland nicht einfach hoffen, dass wir besondere Talente entdecken, sondern müssen unser Training weiter steigern und in der Breite mehr Talente auf dieses Niveau bringen.“
Italien und Ungarn konnten diese Breite am Freitag bereits nachweisen, landeten mit sechs und vier Degen-Talenten in der Top 16. Cortini schaffte es noch auf Rang fünf. Den Sparkassen-Leipzig-Pokal, so der etwas sperrige Name für die edle Trophäe, nahm am Ende der Pole Szymon Wojciechowski mit nach Hause.
Wenn es nach den Veranstaltern geht, sollen die Leipziger bereits im kommenden Jahr die nächste Möglichkeit für ein Heimspiel bekommen. „Wir brauchen solche Turniere auch in Deutschland, damit sich eine größere Menge an Fechtern präsentieren kann, die europäische Konkurrenz kennenlernt und wahrnimmt, woran sie noch arbeiten muss“, sagt Fiedler. Wenn die hiesigen Talente immer nur in der eigenen Suppe schwimmen würden, könne niemand lernen, wie gut oder schlecht sie eigentlich seien. „Wir sind endlich zurück im internationalen Wettkampf-Kalender. Da wollen wir jetzt auch drin bleiben und uns jedes Jahr verbessern.“
Leipziger Stützpunktfechter, Platzierungen im Einzel:
Ole Petersen, 13. Platz
Paul Spremberg, 87. Platz
Julius von Sonntag, 153. Platz
Leopold Karnagel, 187. Platz
Felix Röseler, 193. Platz
Korbinian Reiche, 198. Platz
Alle Ergebnisse des U17-CC-Turniers in Leipzig unter: https://fencingworldwide.com/de/13-2022/results/