Willi Orbans Stammzellenspende – So kann jeder zum Lebensretter werden
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Willi Orban bei seiner Stammzellenspende am Mittwoch in Dresden.
© Quelle: DKMS
Leipzig. Willi Orban fällt beim Spitzenspiel in der Bundesliga gegen Union Berlin möglicherweise aus. Der Grund: RB Leipzigs Abwehrchef hat am Mittwoch in Dresden Stammzellen gespendet und muss sich schonen. Vielleicht kann Orban mit seinem etwas anderen Einsatz auch andere dazu bewegen, sich für eine Stammzellenspende registrieren zu lassen. Wir haben einige Antworten auf Fragen rund um das Thema zusammengestellt – mit Dr. Claudia Lehmann vom Institut für Transfusionsmedizin am Uniklinikum Leipzig (UKL). Sie ist dort administrative Leiterin der Stammzellenspenderdatei.
Wer benötigt eine Stammzellenspende?
Menschen mit Blutkrankheiten, meistens Leukämien, oder mit genetischen Krankheiten. Die Patienten haben ohne Stammzellenspende kaum Aussicht auf Heilung.
Warum ist es wichtig, dass sich viele Menschen für eine Stammzellenspende registrieren lassen?
Die Wahrscheinlichkeit, überhaupt auf einen genetischen Zwilling zu stoßen, der sich für eine Spende eignet, ist sehr gering. Je mehr Menschen sich registrieren lassen, desto eher findet man die Nadel im Heuhaufen. Innerhalb der eigenen Familie liegt die Wahrscheinlichkeit, einen passenden Spender zu finden, zwar bei 25 Prozent. Es gibt aber immer weniger Großfamilien und entsprechend wenig Geschwister. Daher ist eine breitere Suche umso wichtiger.
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Wie läuft die Registrierung ab?
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Man kann sich an konkreten Typisierungsaktionen beteiligen und dort per Abstrich registrieren lassen. Oder man wendet sich an eine der 26 Spenderdateien in Deutschland, zu den bekanntesten zählt die Deutsche Knochenmarkspenderdatei (DKMS). Dort und bei anderen Anbietern kann man ein Set anfordern, zu Hause selbst einen Abstrich vornehmen und diesen zurücksenden – eine Übersicht dazu gibt es unter www.zkrd.de. Eine Registrierung ist auch im Rahmen der Blutspende möglich. Am UKL wird das so gemacht. „Man kann so mit einem Piks doppelt helfen“, sagt Claudia Lehmann.
Welche Voraussetzungen gibt es?
Spenderinnen und Spender müssen mindestens 18 Jahre und dürfen höchstens 60 Jahre alt sein. Das Mindestgewicht liegt bei 50 Kilogramm. Wer spenden will, sollte gesund sein und keine schweren Vorerkrankungen haben – zum Beispiel keine eigene Krebserkrankung. Wer nicht sicher ist, kann sich dazu beraten lassen; bei den meisten Spenderdateien steht dazu ärztliches Personal bereit. „Im Wesentlichen geht es um dieselben Voraussetzungen wie für Blutspender“, sagt Claudia Lehmann, „wer Blutspender ist, ist in der Regel auch als Stammzellenspender geeignet.“
Was passiert, wenn ein genetischer Zwilling gefunden wurde?
Dann werden die Gewebemerkmale des potenziellen Spenders nochmals genau untersucht und bestimmte Krankheiten ausgeschlossen – das kann mitunter auch über den Hausarzt erfolgen. Wenn es bei dieser Untersuchung keine Auffälligkeiten gibt, erfolgt ein Aufruf zur Stammzellenspende an die Datei des Spenders; es wird ein Transplantationstermin bestimmt und es erfolgt eine weitere Voruntersuchung im Entnahmezentrum, zum Beispiel am UKL-Institut für Transfusionsmedizin oder an einem anderen Standort wie dem Uniklinikum Dresden. Wenn alle Untersuchungen abgeschlossen sind und alles passt, kann die Spende erfolgen.
Wie genau läuft die Spende ab?
In mehr als 75 Prozent werden in einem drei- bis vierstündigen Prozedere Stammzellen aus dem Blut herausgefiltert (periphere Entnahme) – so geschehen auch bei RB-Spieler Willi Orban. In den Tagen zuvor erfolgt eine „Mobilisierung von Stammzellen“: Ein Medikament sorgt dafür, dass möglichst viele der Zellen ins Blut ausgeschwemmt werden. Die zweite Möglichkeit ist die Knochenmarkentnahme. Der Spender wird stationär in einer Klinik aufgenommen; ihm wird unter Narkose aus dem Beckenkamm Knochenmark entnommen. Das Material wird zu einem Stammzellenkonzentrat weiterverarbeitet. Welches Verfahren zum Einsatz kommt, ist von der Erkrankung des Empfängers und der Einschätzung des Transplanteurs abhängig.
Kann man sich für eine periphere Spende, aber gegen eine Knochenmarkspende entscheiden?
Ja. Bei der Datei am UKL können Spender das auch von Beginn an so mitteilen.
Welche Risiken gibt es für den Spender?
Bei der peripheren Spende kann es zu Knochen- und Gliederschmerzen sowie zu Erschöpfung kommen. Bei der Knochenmarkspende gibt es das übliche Narkoserisiko sowie ein geringes Infektionsrisiko an der Einstichstelle; Spender berichten von Gefühlen wie bei Muskelkater oder nach intensivem Sport. Wegen häufiger Missverständnisse betont Claudia Lehmann: „Es geht um Knochen-, nicht um Rückenmark.“ Es werde also nicht ins Nervensystem eingegriffen; damit könne es dort auch nicht zu Verletzungen kommen.
Infos: www.zkrd.de; www.uniklinikum-leipzig.de/einrichtungen/blutbank
LVZ