Monster-Mentalität: Eisenachs Handballer schaffen Aufstiegs-Wunder
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Party in Coburg: Die ThSV-Handballer aus Eisenach kehren nach acht Jahren Abstinenz in die Handball-Bundesliga zurück.
© Quelle: Imago
Coburg/Eisenach. Die Emotionen nach dem Abpfiff kamen einem Vulkan-Ausbruch gleich. Alles, wirklich alles lief in der Dramaturgie des Aufstiegsrennens um einen Platz in der Handball-Bundesliga gegen den ThSV Eisenach. „Was soll ich sagen. Genießen, einfach nur genießen. Genau diese Mentalität: und wieder mussten wir einstecken und wieder mussten wir am Boden liegen und wieder stehen wir auf. Ich habe gesagt, wir sind nicht kleinzukriegen. Wir haben gewonnen, wir sind oben“, schrie ThSV-Trainer Misha Kaufmann ins MDR-Mikrofon, ehe er das Bad in der Menge der 800 mitgereisten Fans genoss.
Nach einem kräftigen Schluck Bier lobte er nach dem 26:25 beim HSC Coburg seine Mentalitäts-Monster: „Dieser Spielverlauf passt zur Mannschaft, wieder eine Rote Karte, unser Abwehrchef Philipp Meyer fällt früh aus, dann kommt die nächste Hiobsbotschaft, Daniel Hideg kugelt sich den Finger aus. Wir hatten keine Spieler mehr, aber die, die wir hatten, die haben einen Riesen-Job gemacht.“
Fünfter Bundesliga-Aufstieg für Eisenach
Eisenachs Präsident Shpetim Alaj war schweißgebadet nach dem Handball-Krimi. „Es ist nicht zu beschreiben, es ist ein Stolz, Stolz für unsere Spieler, für unseren Verein, für diese Fans. Wir haben die Halle heute übernommen. Ich bin sprachlos.“ Erst nach Mitternacht kam der ThSV-Tross in der thüringischen Heimat an. An diesem Samstag (15.00 Uhr) gibt es auf dem Marktplatz in Eisenach eine Aufstiegs-Sause. Es war für den Traditionsverein bereits der fünfte Aufstieg in die Bundesliga, die „Stärkste Liga der Welt“ nach 1991, 1997, 2013 und 2015.
Das Fundament an der Wartburg soll diesmal stabiler sein. Aus den Fehlern der Vergangenheit habe man gelernt. „Wir haben uns in den letzten drei Jahren auf unumstößliche Prinzipien geeinigt, die die Säulen für unser „Eisenacher Haus“ bilden. Rekrutierung und Entwicklung von potenziell jungen guten Spielern, eine eher ungewöhnliche Spielphilosophie, entsprechend den machbaren wirtschaftlichen Verhältnissen agieren und damit einen speziellen Eisenacher Weg bestreiten“, erklärte der Sportliche Leiter Maik Nowak der Deutschen Presse-Agentur.
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Von Reaktivierungen und Notlösungen
Der langjährige Meistercoach des HC Leipzig (1995 bis 2004) hatte in den vergangenen Tagen Schwerstarbeit zu verrichten, da sich die etatmäßigen Keeper Johannes Jepsen und Erik Töpfer verletzt hatten. So musste Torwart-Trainer Stanislaw Gorobtschuk einspringen. Dann wurde drei Jahre nach seinem Karriereende Max Brustmann reaktiviert.
In Coburg fehlten der gesperrte Kapitän Peter Walz und der verletzte Spielmacher Jannis Schneibel. Dafür wurde in Duje Miljak ein 39 Jahre alter Rückraumspieler aus der Handball-Rente geholt. Er gab nach der Roten Karte an Meyer (22. Minute) der Abwehr Halt.
Eisenach belohnt sich für unglaubliche Moral
Dennoch ließ der Blick auf die Anzeigetafel beim 11:17 (37.) nicht viel Hoffnung aufkommen. Doch die Thüringer zeigten eine unglaubliche Moral, Torjäger Fynn Hangstein ging in seinem letzten Spiel im ThSV-Trikot voran, zudem übernahm der 19-jährige Marko Grgic (sechs Treffer) Verantwortung - sechs Minuten vor Schluss führte Eisenach mit 24:22 (54.) und machte das Wunder perfekt. „Mega. Das belebt unseren Handball-Standort in den neuen Bundesländern und ist für unsere Talente enorm wichtig“, sagte der DHfK-Manager Karsten Günther, über den dritten Erstligisten im mitteldeutschen Raum hinter Meister SC Magdeburg und den Leipzigern.
Für die Wartburgstädter endet nach acht Jahren und dem zwischenzeitlichen Gang in die dritte Liga eine Durststrecke. Zugleich gibt es Zeichen der Hoffnung: mit dem anvisierten Hallen-Neubau im Herbst 2026 im denkmalgeschützten Gebäude des früheren Automobilwerks wird eine neue Basis geschaffen. Aber noch muss die traditionsreiche Werner-Assmann-Halle ran. Für die Thüringer sei Langfristigkeit wertvoller als ein Kurzzeit-Abenteuer. „Wir sollten uns immer vor Augen halten, wo wir herkommen“, sagte Nowak, der den Schweizer Kaufmann als Garant für den Aufschwung sieht. „Er ist ein wichtiger Baustein unseres blauen Weges“, erklärte Nowak.
LVZ