Vizeweltmeisterin Roleder: „Die deutsche Leichtathletik hat Nachwuchsprobleme“
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/C2PUDVBBXNDPTN64SFAAEKEDXU.jpg)
„Solche Veranstaltungen müssen erhalten bleiben“, sagt Cindy Roleder über das Mitgas- Schülerhallensportfest der SG MoGoNo in Leipzig.
© Quelle: Christian Modla
Leipzig. In manchen Gemütern lösen die Erinnerungen an das eigene Schulsportfest Unbehagen aus. Das kann das Ausrutschen beim Weitsprung gewesen sein, der Sturz in den Sand mit dem Gesicht voran, während die ganze Schule zuschaute. Andere haben vielleicht krank gemacht, um der Veranstaltung fernzubleiben.
In der Arena Leipzig wird die Erfahrung jedes Jahr auf die Spitze getrieben, allerdings auf andere Weise. Knapp 1000 Athletinnen und Athleten verschiedenen Alters waren am Samstag zum größten Schüler-Hallensportfest Mitteldeutschlands in Leipzig angereist – freiwillig. Um sich miteinander in sämtlichen Hallendisziplinen der Leichtathletik zu messen. Auf den Rängen schrien ehrgeizige Eltern über den Inner-Circle der Halle, während ihre Kinder über die blaue Bahn sprinteten, Kugeln stießen, weit und hoch sprangen oder über Hürden hüpften. Vor so großem Publikum angefeuert, gab es auch für die Kleinsten von Tränen bis Euphorie alles zu erleben. Und das zwölf Stunden lang, von pumpenden Techno-Beats beschallt.
Nur nicht zu einseitig trainieren
Mittendrin: Die Europameisterin und Vizeweltmeisterin im Hürdensprint, Cindy Roleder, die jüngst ihr Karriere-Ende nach der Hallensaison verkündet hatte. Sie ließ es sich zum wiederholten Mal nicht nehmen, dem Nachwuchs in Leipzig die Daumen zu drücken. „Ich finde es wichtig, dass die Kinder die Chance haben, in so einer Halle zu laufen. Deswegen bin ich auch immer gern hier und gebe Autogramme oder den ein oder anderen Tipp“, sagte die 33-Jährige auf der Veranstaltung der SG MoGoNo. An ihrem Stehtisch drängten sich Sportlerinnen und Sportler aller Altersgruppen. Ihr Idol ließen sie sogar auf Laufschuhen, Startnummern und Urkunden unterschreiben. Auch Trainer und Eltern nutzten die Chance, mehr von einer Profikarriere zu erfahren und gemeinsam Fotos zu machen.
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/MVEWVFWCYJDATDFVUDPJLODQAE.jpg)
Cindy Roleder war ein beliebtes Fotomotiv.
© Quelle: Christian Modla
„Ich würde vielseitiges Training empfehlen. Man muss keine Wettkämpfe machen, aber mal eine Kugel zu stoßen in der Vorbereitung, das tut manchen Sportlern sehr gut. Auch um wieder Spaß am Training zu finden“, sagte Roleder über die Arbeit an der Karriere in der Leichtathletik. Sie selbst fing im Kindesalter in Chemnitz mit dem Mehrkampftraining an und spezialisierte sich später auf Weitsprung und Hürdensprint.
Komfortzone auch mal verlassen
Sportliche Weiterentwicklung kann auch manchmal einen Ortswechsel bedeuten. Denn momentan fehle es an Struktur, so Roleder: „Die deutsche Leichtathletik hat Nachwuchsprobleme, deswegen muss zentralisiert werden und starke Trainingsgruppen entstehen. Das geht nicht von heute auf morgen.“ Sie ergänzte: „Wer an der Spitze sein will, muss auch mal was riskieren, den Heimatort verlassen und an einen größeren Standort gehen.“ Die Chemnitzerin entschied sich im Laufe ihrer Karriere selbst für diesen Weg, machte Leipzig 2008 zu ihrem Zuhause. In der Arena sowie im Sportforum ging sie ein und aus, sie erinnert sich an emotionale deutsche Hallenmeisterschaften: „Es war immer mega geil, hier zu laufen. Auch weil das Publikum immer auf meiner Seite war.“
Lesen Sie auch
- Nach 0:4-Klatsche: Chemie schüttelt sich vorm nächsten Freitagabend-Spiel
- RB Leipzigs Eberl nach Schmähplakaten geschockt: „Manche bringen sich um“
Die Hallenmeisterschaften in zwei Wochen in Dortmund werden Roleders letzter Wettkampf sein. Für die EM in Istanbul sei sie zu weit von der Norm entfernt. Die 33-Jährige will sich ohnehin gerade wieder mehr auf ein Leben nach dem Sport konzentrieren. „Ich werde weiter bei der Bundespolizei arbeiten und hoffe auf eine gute Stelle. Den SV Halle werde ich trotzdem weiterhin besuchen und auch MoGoNo, wenn man mich wieder einlädt. Aber für mich steht erstmal Familie an erster Stelle.“
Zukunft des Schüler-Hallensportfestes ungewiss
Das MoGoNo-Hallensportfest steht allerdings momentan vor einer ungewissen Zukunft. Veranstalter Tasso Hanke bekannte sich zwar am Morgen der 19. Ausgabe mit seinem Team dazu, nächstes Jahr nochmal die Halle mit Schülerinnen und Schülern zu fluten, zeigte sich aber betrübt mit Blick auf die Folgejahre: „Die Ehrenämtler werden immer älter und es fehlt Nachwuchs, der sich einbringt, um die für die Besucher kostenlose Veranstaltung zu organisieren. Hier verlassen heute bestimmt Schüler die Halle, die sagen, dass sie nächstes Jahr mithelfen. Wer dann wirklich unterstützend dabei ist, ist eine andere Frage.“
Am Ende des Tages war der MoGoNo-Macher aber happy und sagte: „Das war eine runde Sache – auch dank der Stadt Leipzig und der ZSL als Partner.“ Kleine Verbesserungen gebe es immer. „Aber bei zwölf Stunden und 1000 Startern haben wir den Zeitplan bis auf wenige Minuten eingehalten. Die Kinder sind stolze wie Bolle aus der Halle gegangen. Alle Kampfrichter und Helfer haben ihren Mann gestanden. Und dass ein Alexander Kosenkow immer noch gern zu uns kommt, spricht gewiss für die Veranstaltung.“ Mit Frank Schober
Die Ergebnisse des 19. Mitgas Schüler-Hallensportfestes werden unter hier veröffentlicht.