Biogas, Ökogas, Klimagas: Wie umweltfreundlich sind die Tarife?
:format(webp)/cloudfront-eu-central-1.images.arcpublishing.com/madsack/TJMK46A6ABDWBBCLHGURCDMBFQ.jpg)
In Biogasanlagen werden Abfälle aus der Landwirtschaft verbrannt - aber auch extra dafür angebauter Mais und Raps aus Monokultur.
© Quelle: imago/Michael Schick
Schon mehr als 330 Gasgrundversorger haben seit August ihre Preise angehoben oder angekündigt, dies zu tun, wie das Vergleichsportal Check24 berichtet. Im Durchschnitt verteuern sich die Tarife demnach um ganze 24 Prozent. Wer den Anbieter wechselt, zahlt zwar wahrscheinlich immer noch mehr als im vergangenen Jahr – aber rechnen kann es sich trotzdem.
Doch nicht nur finanziell unterscheiden sich die Anbieter – viele werben auch mit umweltfreundlichen Tarifen, die sich Biogas, Ökogas oder Klimagas nennen. Auch die großen Vergleichsportale geben ihren Nutzern die Möglichkeit, Anbieter nach solchen Kriterien zu filtern. Doch was verbirgt sich hinter den Ökotarifen? Und können sie wirklich einen Beitrag zum Klimaschutz leisten?
Biogas: Am besten aus Abfällen
In Biogasanlagen wird aus landwirtschaftlichen Abfällen wie Gülle oder Biomüll, aber auch aus Klärschlamm Biogas hergestellt. Wird das Biogas zu Methangas aufbereitet, kann es direkt in die Erdgasleitung eingespeist werden. Das ist ökologischer als fossiles Erdgas, denn die organischen Stoffe fallen sowieso an und können so sinnvoll genutzt werden.
Allerdings werden in vielen Biogasanlagen auch Mais und Raps aus Monokulturen verwendet, die nur angebaut wurden, um aus ihnen Biogas herzustellen. Das ist hoch umstritten. Nicht nur, weil der Anbau Fläche kostet, die sonst für Nahrungsmittel genutzt werden könnte. „Monokulturen bedeuten viel Dünger, Pestizide, Insektizide und dadurch auch viele Klimaemissionen. Biogas aus Reststoffen ist deshalb wesentlich ökologischer“, sagt Veit Bürger, stellvertretender Leiter des Bereichs Energie & Klimaschutz beim Ökoinstitut.
Das „Grünes Gas“-Label zertifiziert Biogasanbieter, die in der Regel biogene Reststoffe benutzen. Außerdem dürfen sie keine Gülle aus Massentierhaltung einsetzen. Ebenfalls tabu ist Biomasse, bei deren Anbau Glyphosat zum Einsatz kam. Derzeit listet das Label 22 zertifizierte Biogas-Tarife.
Ökogas: Der Kombitarif
Biogas ist nur begrenzt verfügbar. In den Gastarifen der Versorger ist deshalb meist nur ein geringer Anteil Biogas enthalten. Das Grünes-Gas-Siegel zertifiziert Tarife, die mindestens 10 Prozent Biogas enthalten, der Rest ist fossiles Erdgas. Die Tarife, in denen Biogas und fossiles Erdgas kombiniert werden, nennen die Versorger oft Ökogas.
Zwar gibt es in Deutschland mehr als 9000 Biogasanlagen, die meisten liefern das Gas aber an Blockheizkraftwerke, die es verbrennen und so klimafreundlich Strom und Wärme erzeugen. Die direkte Gaseinspeisung ist selten: Laut Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) haben im vergangenen Jahr 220 Biomethananlagen eine Menge von knapp zehn Terawattstunden Biogas in das Erdgasnetz eingespeist. Das entspricht nur rund einem Prozent des deutschen Erdgasverbrauchs.
Für Mieter, die keinen Einfluss auf ihre Wärmequelle haben, könne Ökogas eine gute Möglichkeit sein, klimafreundlicher zu heizen, sagt Energieexperte Bürger. „Hauseignern empfehle ich aber, spätestens wenn der Gaskessel kaputt geht, über eine umweltfreundlichere Alternative nachzudenken.“ Denn wer weiter mit Gas heize, investiere in ein klimaschädliches System. Besser seien je nach Gebäude und Wohnort Wärmepumpen, Fernwärme, Holzpellets oder Solarthermie.
Klimagas: Gutes Gewissen durch Kompensation
Einen anderen Ansatz haben Klimagastarife. Sie nutzen herkömmliches fossiles Erdgas, das durch eine CO₂-Kompensation klimaneutral gemacht wird. Das bedeutet, dass die Versorger in Klimaschutzprogramme – meist in Entwicklungsländern – investieren. Die CO₂-Menge, die durch die Projekte eingespart wird, kompensiert den CO₂-Ausstoß, den die Gasheizung bei uns verursacht.
„Rein bilanziell ist es dann eine klimaneutrale Heizung. Die Frage ist bei den Klimaschutzprojekten aber, ob sie wirklich zusätzlich entstehen – oder ob es sie auch geben würde, wenn der Versorger dafür keine Zertifikate gekauft hätte“, gibt Bürger zu Bedenken. Außerdem funktioniere das System der CO₂-Kompensation nicht langfristig. „Wir müssen eine klimaneutrale Welt anstreben – und in dieser gibt es nichts mehr zu kompensieren.“
Wer sich für einen Klimatarif entscheidet, der kann auf verschiedene Kriterien achten. So zertifizieren Siegel wie der Gold Standard Klimaschutzprojekte, die nachweislich zur Reduktion von Treibhausgasen führen und gleichzeitig gut für die lokale Umwelt und soziale Belange der Bevölkerung sind.
Im Kleingedruckten der Gasverträge ist außerdem geregelt, in welchem Umfang CO₂-Emissionen kompensiert werden. Der Tüv Nord hat dafür zwei Siegel: Bei dem Siegel „Klimaneutrale Gasverbrennung“ bezieht sich die Kompensation nur auf die Emission bei der Gasverbrennung, das Siegel „Klimaneutrales Gasprodukt“ berücksichtigt dagegen neben der CO₂-Bilanz der Gasverbrennung auch die der Rohstoffgewinnung.
Übrigens: Es gibt auch einige Gastarife, die Biogas und Klimagas kombinieren. Sie bieten einen Anteil Biogas, das restliche fossile Erdgas wird durch Kompensation klimaneutral gerechnet.