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Kommentar

Wir sollten Kampf- und Schützenpanzer an die Ukraine liefern

Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2 A7V steht auf einem Übungsplatz.

Ein Kampfpanzer der Bundeswehr vom Typ Leopard 2 A7V steht auf einem Übungsplatz.

Berlin. Deutschland diskutiert über die Lieferung von Kampf- und Schützenpanzern an die Ukraine. Mal wieder. Es scheint fast so, als steckten Bundesrepublik und Bundesregierung in einer Zeitfalle fest. Wann immer es neue Nach­richten von der Front gibt, egal ob russische Vormärsche, russische Kriegsverbrechen oder eben die aktuelle ukrainische Gegenoffensive, drängt das Thema auf die politische Agenda. Und auch das Muster ist jedes Mal dasselbe. FDP und Grüne drängen, die SPD bremst.

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Gleich drei führende Sozialdemokraten meldeten sich am Montag zu Wort, um die nach den ukrainischen Erfolgen am Wochenende hochgekochte Debatte einzufangen: Parteichefin Saskia Esken, Generalsekretär Kevin Kühnert und Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. Die Botschaft aller drei ähnelte sich stark: keine deutschen Alleingänge, keine Schwächung der Verteidigungs- und Bündnisfähigkeit der Bundeswehr, keine Eskalation.

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Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte am Samstag den Rückzug seiner Kräfte aus der Stadt Isjum in der Region Charkiw.

All das ist im Prinzip richtig, und doch wirkt die Argumentation der SPD wie aus der Zeit gefallen.

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Natürlich ist die Bundesregierung gut beraten, in diesem Konflikt an der Seite der Verbündeten zu stehen und mit ihnen gemeinsam zu agieren. Niemand erwartet das Gegenteil. Die Frage ist aber, ob Deutschland die Partner zu mehr Engagement drängt, sich abwartend verhält oder ob es hinter den Kulissen bremst. In den vergangenen Monaten wirkte es eher so, als sei Letzteres der Fall. Die Nato-Partner preschten hervor, die deutsche Regierung trottete hinterher.

Deutschland reagierte, statt zu agieren

Schon die ersten Panzerfäuste lieferte Deutschland nur, weil die Niederlande zuvor in Berlin um eine Ausfuhr­genehmigung für aus Deutschland stammende Waffen dieses Typs gebeten hatte. Bei der Panzerhaubitze lief es ähnlich. Und zur Freigabe des Flugabwehrpanzers Gepard rang man sich vor allem deshalb durch, weil Verteidigungsministerin Lambrecht nicht mit leeren Händen zu einer Nato-Konferenz nach Ramstein fahren wollte.

Kein einziges Land liefere der Ukraine Kampf- oder Schützenpanzer westlicher Bauart, betonen deutsche Regierungsvertreter bei jeder Gelegenheit. Das stimmt zwar, dass die spanische Regierung allerdings bereits im Frühsommer angekündigt hatte, der ukrainischen Armee ältere Leopard‑2-Panzer aus deutscher Produk­tion zur Verfügung stellen zu wollen, fällt dabei gerne unter den Tisch. Inzwischen wurden die Pläne aufge­geben – offiziell, weil die Panzer marode sind. Die Vermutung, dass auch deutsches Drängen eine Rolle gespielt hat, ist zwar nicht bewiesen, liegt aber nahe.

Bei der Frage der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit der Bundeswehr wirkt die Argumentation Berlins ebenfalls wenig stringent. Ja, Deutschland muss sich verteidigen und seine Nato-Verpflichtungen erfüllen können, und nein, beides gelingt im Moment nicht. Der gefährlichste Feind der Freiheit Europas wird aber gerade nicht in der norddeutschen Tiefebene, sondern in der Ukraine bekämpft. Es macht deshalb auch sicherheitspolitisch Sinn, das verbliebene Kriegsgerät dort einzusetzen und die Rüstungsindustrie mit dem Bau von Ersatz zu beauftragen.

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Bleibt als letztes Argument die Frage der Eskalationsgefahr. Richtig, Russland ist eine Atommacht, und niemand sollte einen dritten Weltkrieg riskieren. Warum die Lieferung ausgemusterter Schützenpanzer die Gefahr einer Ausweitung des Krieges beinhalten sollte, die Lieferung moderner Panzerhaubitzen aber nicht, versteht aber außerhalb des Kanzleramtes niemand.

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In der Ukraine geraten Russlands Soldaten zunehmend in die Defensive, von Cherson bis Charkiw. Kiew vermeidet dabei große Schlachten und setzt auf eine Mischung aus Überraschungstaktik, Hightechwaffen und psychologischer Kriegsführung.

Vielleicht liegt es auch daran, dass man in Berlin lange gedacht hat, die Ukraine habe ohnehin keine Chance gegen die russische Übermacht. Dass dieser Satz nicht stimmt, haben ihre Soldaten in den vergangenen Tagen bewiesen. Ihre Moral und unsere Waffen machen einen Unterschied. Wir sollten sie deshalb stärker als bisher unterstützen. Auch mit Kampf- und Schützenpanzern.

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