Die letzte Fahrt des Transrapid

Im kleinen Örtchen Nortrup hätte der Transrapid wohl nie regulär gehalten. Warum er nun trotzdem dort steht - und zwar endgültig - das ist eine lange Geschichte, in der der Nortruper Hermann Kemper eine entscheidende Rolle spielt.

Im kleinen Örtchen Nortrup hätte der Transrapid wohl nie regulär gehalten. Warum er nun trotzdem dort steht - und zwar endgültig - das ist eine lange Geschichte, in der der Nortruper Hermann Kemper eine entscheidende Rolle spielt.

Nortrup. Es ist noch dunkel, als der ungewöhnliche Transport um 04.34 Uhr aus dem 60 Kilometer entfernten Lathen im niedersächsischen Örtchen Nortrup ankommt. „Endstation Nortrup“, steht auf einem großen Schild, das auf einer girlandengeschmückten Betontrasse auf dem Gelände der Fleischwaren-Fabrik Kemper montiert ist. Die letzte Fahrt des letzten in Deutschland entwickelten Transrapids ist in der Nacht zum Donnerstag zu Ende gegangen.

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„Mir ist schon ein Stein vom Herzen gefallen. Ein besonderer Moment“, sagt Kemper-Geschäftsführer Wolfgang Kühnl. Er ist ein Urenkel von Hermann Kemper, der als Erfinder der Magnetschwebetechnik gilt. Irgendwie schließt sich also damit in Nortrup ein Kreis.

Sechsstellige Summe für Umbau und Transport

Die Mittel- und die Endsektion des Zugs wurden schon vor zwei Wochen aus der Wartungshalle der Transrapid-Versuchstrecke Emsland (TVE) in Lathen auf die Tieflader gesetzt. Der insgesamt 75 Meter lange Zug ragte zuletzt mit der ersten Sektion aus der Halle raus. „Der passte ja nicht im Ganzen rein“, schildert Hein-Gerd Wrigge, der das Projekt bei Kemper technisch managte, die Situation. Schwerlastkräne waren in Lathen und Nortrup im Einsatz: Der Zug wiegt insgesamt 170 Tonnen.

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Die Firma Kemper hatte den 2007 gebauten Zug im November 2016 für 200.001 Euro vom Bund ersteigert. Eigentlich war der Transrapid 09 für die später verworfene Strecke von München zum Münchner Flughafen gebaut worden. Nun steht er direkt vor dem Verwaltungsgebäude von Kemper an der Hauptstraße in Nortrup. Die ebenfalls rund 75 Meter lange Trasse wurde neu aus Beton gegossen. Die Kosten für die Gesamtaktion schätzt Kühnl auf noch mal rund 200.000 Euro. Zwei Sektionen des Zugs sollen nun „möglichst stilecht“ zum Konferenz- und Schulungsräumen umgewidmet werden und über einen „Bahnsteig“ zugänglich gemacht werden.

„Ein ganz anderes Fortbewegungsgefühl“

Im regulären Personenverkehr läuft der Transrapid nur in China, wo er in Schanghai auf einer rund 30 Kilometer langen Strecke zum Flughafen Pudong pendelt. „Das ist Schweben und ein ganz anderes Fortbewegungsgefühl ohne Rütteln und Rucken“, sagt Kühnl, der selbst in Schanghai mit dem Zug fuhr. In Deutschland kam der Zug nie zum Einsatz im Personenverkehr.

Der Name Transrapid wird wohl auch auf immer mit dem schweren Unglück 2006 verbunden bleiben, als auf der Teststrecke ein Magnetzug auf einen Werkstattwagen auffuhr und 23 Menschen starben.

Der Leiter des Instituts für Schienenfahrzeuge und Transportsysteme der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Christian Schindler, sah für den Transrapid eigentlich nie eine Chance. Seine Hauptgründe: „Fehlende Kompatibilität zur bereits vorhandenen Infrastruktur und fast doppelt so hohe Baukosten im Vergleich zu einer herkömmlichen Hochgeschwindigkeitsschienentrasse.“ An der Technologie lag es nie: „Die hat funktioniert“, sagt Schindler.

Lange hat Kühnls Urgroßvater, Hermann Kemper, geforscht und experimentiert, bis er die Erfindung 1934 beim damaligen Reichspatentamt anmelden konnte. „Er studierte nach dem Ersten Weltkrieg in Hannover Elektrotechnik und da kam ihm der Gedanke, Züge mittels Elektromagneten zum Schweben zu bringen. 1927 stieg er ins elterliche Unternehmen für Fleischwarenfabrikation ein. Da hatte er dann auch das nötige Kleingeld, um seinen Traum zu verwirklichen“, erzählt Kühnl.

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Für seine Forschungen wurde Kemper 1972 das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik verliehen. Viele Nortruper kennen die Geschichte, Auswärtige eher nicht. „Wer hier vorbeifährt, der fragt sich schon, warum da ein Transrapid steht“, sagt Urenkel Kühnl. Deshalb soll direkt am vorderen Teil des Zuges ein Anbau entstehen, der im Obergeschoss ein kleines Museum vorsieht. Dort wird dann erklärt, warum die Endstation des Transrapid seit Donnerstag Nortrup heißt.

Von dpa/RND

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