Kommt nach der Gaskrise die Fischstäbchenkrise?
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Fischstäbchenproduktion in Deutschland: Die Rohware kommt zu 70 Prozent aus Russland.
© Quelle: dpa
Berlin. „Er kommt von Weitem übers Meer und bringt uns unsern Fisch hierher, für uns hat er die halbe Welt bereist ...“ Eine ganze Lausbubencrew in Matrosenkluft ließ in der TV-Werbung der 1980er-Jahre den Rauschebart Käpt‘n Iglo auf einem Segelschiff hochleben, weil er leckere Fischstäbchen auf heimische Kinderteller brachte.
So romantisierend wie in der Werbung ging es zwar auch damals nicht zu, im Vergleich zu heute allerdings waren die Bedingungen für die Fischindustrie fast schon paradiesisch. Im Europa des Jahres 2022 ist Krieg ausgebrochen, und mit dem Fisch verhält es sich ähnlich wie mit dem Gas – er könnte zur Waffe in der ökonomischen Auseinandersetzung werden.
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70 Prozent der Rohware, die hierzulande für Fischstäbchen und Schlemmerfilets verarbeitet werden, stammen vom Pazifischen Pollack, auch als Alaska-Seelachs bekannt, und der kommt überwiegend aus Russland.
Kaviar und Krebstiere wurden sanktioniert, Fisch bislang nicht
Während Kaviar und Krebstiere unter das im April beschlossene EU-Sanktionspaket gegen Russland fallen, ist das bei Fisch bislang nicht so. Sollte das Importverbot für Fisch ausgeweitet werden oder sollte Moskau seinerseits den Export drosseln oder gar verbieten, würde es eng für die deutschen Fischverarbeiter, weiß Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock.
„Für die Fischstäbchenproduzenten wäre die Krise vergleichbar mit einem Gaslieferstopp für die chemische Industrie oder die Glashersteller“, sagt Zimmermann dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Wesentliche Teile der Produktion müssten eingestellt werden, weil es auf dem Markt einfach auch für viel Geld kein schnell verfügbares Substitut gibt.“
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Dreht Putin den Gashahn wieder auf? Drei mögliche Szenarien
Die Wartung der Pipeline Nord Stream 1 läuft. Ob das Gas in der kommenden Woche wieder fließt, ist keine technische, sondern eine politische Frage. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass Putin die deutsche Regierung und die Bevölkerung weiter auf der heißen Herdplatte tanzen lässt.
Zudem ist Deutschland der wichtigste Fischstäbchenhersteller der Welt. Im Falle eines Engpasses könnten zunächst die Exporte gedrosselt werden, aber Zimmermann schätzt, dass dann hierzulande die Preise steigen würden. Teurer sind Käpt‘n Iglo und Co. im Supermarkt bereits jetzt geworden. Die Frage ist, wann die Schmerzgrenze der Verbraucher und Verbraucherinnen erreicht ist.