So könnte die Gaspreisbremse aussehen
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Am Wochenende geht die Expertenkommission Wärme und Gas in Klausur, um einen Vorschlag für die Gaspreisbremse auszuarbeiten.
© Quelle: picture alliance / dpa
Berlin. Immerhin bei der Finanzierung ihrer Gaspreisbremse ist die Ampel schon mal weiter. Am Freitag verschickte das Bundesfinanzministerium eine Formulierungshilfe, mit der die Koalitionsfraktionen ein Gesetz zur Reaktivierung des Wirtschaftsstabilisierungsfonds in den Bundestag bringen sollen. Kredite mit einem Volumen von 200 Milliarden Euro darf der Fonds aufnehmen. Das Geld soll für die Gaspreis- und Strompreisbremse verwendet werden, aber auch für die Rettung der Importeure und einen Schutzschirm für die energieintensive Industrie.
Die Ampelkoalition begründetet diese Sonderschulden mit einem ansonsten drohenden Konjunktureinbruch und schweren Verwerfungen in der Wirtschaft. Der Abwehrschirm sei zur „Abfederung schwerer wirtschaftlicher Schäden“ erforderlich, heißt es im Gesetzentwurf, der dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegt. Es bestehe die Gefahr, dass kurzfristig Unternehmen und ganze Branchen wegbrächen. Mithilfe des Wirtschaftsstabilisierungsfonds könne ein vermeidbarer Strukturbruch und Technologieverlust verhindert werden, wird weiter argumentiert. „Der Abwehrschirm kann dazu dienen, die sonst eintretende Abwärtsspirale zu stoppen.“
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© Quelle: RND
Die Koalitionäre drücken aufs Tempo: Die Bundesländer hatten nur sechs Stunden Zeit, um auf den Entwurf zu reagieren, was in der einen oder anderen Staatskanzlei zu wenig Begeisterung führte.
An diesem Wochenende ist die Expertenkommission Gas und Wärme am Zug. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, Wirtschafts- und Verbrauchervertreter haben die Aufgabe übernommen, ein Modell für Entlastungen beim Gaspreis zu erarbeiten. Von Samstag bis Sonntag gehen sie in Klausur, am Montag sollen Ergebnisse vorgelegt werden.
„Der längere und persönliche Austausch wird hilfreich aber natürlich auch herausfordernd sein“, erwartet die Ökonomin Karen Pittel, die das Zentrum für Energie, Klima und Ressourcen beim Münchner Ifo-Institut leitet und Mitglied der Kommission ist.
Pittel selbst favorisiert ein Modell, bei dem für jeden Haushalt ein „Basiskonsum“ in der Höhe von 70 bis 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs definiert wird, für den die Preissteigerung per Gutschrift unabhängig vom aktuellen Verbrauch erstattet wird. „Eine solche Gutschrift würde, im Gegensatz zu einer direkten Absenkung des Gaspreises auf den Basiskonsum, die Anreize zum Gassparen unverändert lassen und die Kunden mindestens im gleichen Umfang entlasten“, sagte Pittel dem RND. Für besonders bedürftige Haushalte empfiehlt die Ökonomin zusätzlich ein Energiegeld, das über den Arbeitgeber ausgezahlt wird.
Da auch Pittel nicht sicher ist, wie schnell eine solche Lösung umgesetzt werden kann, plädiert sie für eine Einmalzahlung in der Übergangszeit. „Die Arbeit der Kommission wird auch nach Montag weitergehen“, kündigt sie an. „Dies gibt uns die Möglichkeit, gezieltere, aber damit auch komplexer umsetzbare Lösungen für das kommende Jahr zu entwickeln.“
Gegebenenfalls rückwirkende Bremse gefordert
NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) forderte die Bundesregierung auf, schnell für Klarheit zu sorgen, wann die Energiepreisbremse und anderen Entlastungen wirken. „Diese Planungssicherheit muss spätestens in der nächsten Woche hergestellt werden. Jeder Tag zählt“, sagte Wüst dem RND. Da die Heizperiode bereits begonnen habe, müsse die Entlastung notfalls auch rückwirkend gelten, forderte der CDU-Politiker. „Die Not der Menschen darf nicht größer werden, nur weil die Bundesregierung Entscheidungen verschleppt.“
SPD-Chefin Saskia Esken wies Kritik am Zeitplan zurück. „Strom- und Gaspreisbremsen sind ein mächtiges und wirkungsvolles Mittel, um die Preise für Verbraucherinnen und Verbraucher auf ein zumutbares Maß zu senken. Gleichzeitig stellen sie massive Markteingriffe dar. Die Zeit drängt und dennoch dürfen wir keine Schnellschüsse riskieren“, sagte Esken dem RND. „Die Kommission für Wärme und Gas steht damit vor einer komplexen Herausforderung, aber ich bin sicher, dass sie zu einer gerechten Lösung kommen wird, die die unterschiedlichen Lebensrealitäten in Deutschland einbezieht“, so die SPD-Chefin.
Deutschland sei ein starkes Land und werde durch gemeinsame Anstrengung gut durch den Winter kommen, sagte Esken. Die Bundesregierung werde alles tun, um die Preissteigerungen für Bürgerinnen und Bürger wie für Unternehmen abzufedern. „Wir lassen niemanden in dieser schwierigen Situation allein.“
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Kritisch äußerte sich angesichts neuer Milliardenschulden der Bund der Steuerzahler. „Bei schwierigen Situationen dürfen wir nicht immer reflexartig neue Rekordschulden aufnehmen. Die aktuell weitgehend kreditfinanzierte Krisenpolitik legt die Saat für künftige Haushaltskrisen“, sagte Verbandspräsident Reiner Holznagel dem RND. „Deshalb braucht der Bundeshaushalt ein radikales Sparprogramm – und zwar schnell und dauerhaft“, verlangte er. Jeder Minister sei aufgefordert, Einsparmöglichkeiten in seinem Etat zu präsentieren.
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Der Präsident der Diakonie Deutschland, Ulrich Lilie, warnte dagegen vor einer massenhaften Schließung der von Wohlfahrtsorganisationen betriebenen Hilfs- und Betreuungseinrichtungen sowie Beratungsstellen infolge explodierender Energiekosten. „Der sozialen Infrastruktur droht der Zusammenbruch“, sagte Lilie dem RND. Schließlich handele es sich in der Regel um gemeinnützige Institutionen, die aus rechtlichen Gründen kaum Rücklagen bilden dürften und nun nicht wüssten, wie sie die gestiegenen Strom- und Gaspreise bezahlen sollten. „Sie stehen mit dem Rücken zur Wand und können nicht noch Monate auf einen Energiepreisdeckel warten“, so der Diakonie-Präsident. „Sollten soziale Einrichtungen schließen müssen, leiden darunter die Schwächsten der Gesellschaft, die gerade jetzt jede Unterstützung brauchen.“