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Verbraucherschützer warnen

Gleicher Preis, schlechtere Qualität: Wenn Hersteller bei ihren Produkten knausern

ARCHIV - 18.01.2023, Bayern, Neubiberg: Verschiedene Lebensmittel liegen in einem Supermarkt in einem Einkaufswagen. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht am 28.04.2023 Zahlen zur Inflation im April. (zu dpa "Konjunktur, Inflation und Arbeitsmarkt - Bleibt eine Rezession aus?") Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

ARCHIV - 18.01.2023, Bayern, Neubiberg: Verschiedene Lebensmittel liegen in einem Supermarkt in einem Einkaufswagen. Das Statistische Bundesamt veröffentlicht am 28.04.2023 Zahlen zur Inflation im April. (zu dpa "Konjunktur, Inflation und Arbeitsmarkt - Bleibt eine Rezession aus?") Foto: Sven Hoppe/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

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Berlin. Spätestens seit die Preise für Rohstoffe und Energie stark gestiegen sind, macht der Begriff „Shrinkflation“ die Runde. Bei diesem Phänomen bleibt der Preis zwar gleich, aber die Füllmenge eines Produkts schrumpft. Jetzt bekommt der Begriff Konkurrenz: Verbraucherschützer sehen zunehmend Anzeichen für eine „Skimpflation“. Dabei handelt es sich um ein Kofferwort aus dem englischen Begriff „skimp“, was sich mit „knausern“ übersetzen lässt, und Inflation.

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Das Prinzip bleibt ähnlich. Hersteller haben höhere Kosten, wollen aber nicht an der Preisschraube drehen. Statt die Füllmenge zu schrumpfen, lässt sich aber auch die Rezeptur eines Produkts minimal ändern. Werden Rapsöl oder Rahm durch günstigere Alternativen ersetzt, fällt das kaum auf. Auch wenn der Anteil von wertvollen Zutaten etwas sinkt, dürften das die wenigsten mitbekommen.

Moser Roth weist Vorwurf entschieden zurück

Die Verbraucherzentrale Hamburg hat jetzt einige Fälle von „Skimpflation“ zusammengetragen. Als Beispiel nennt sie etwa die Schokolade „Amandes“ von Moser Roth, der Eigenmarke von Aldi Nord. Dort soll der Anteil an Marzipan von 45 Prozent auf 38 Prozent geschrumpft sein. Der Discounter weist den Vorwurf der „Skimpflation“ allerdings entschieden zurück. „Wir haben keine Zutaten durch qualitativ minderwertige ersetzt“, sagte eine Sprecherin dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

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„Vielmehr haben wir lediglich die Grammaturen der Schokoladentafeln angepasst.“ Die von der Verbraucherzentrale bezeichnete schlechtere Qualität könne nicht bestätigt werden. Hintergrund sei, dass die Packungsformate Anfang des Jahres harmonisiert worden seien. „Damit sind wir auf Anregungen unserer Kundinnen und Kunden im Rahmen einer Befragung durch unseren Lieferanten eingegangen, die Füllmenge von beispielsweise Marzipan zu reduzieren.“

Die Tafeln seien als zu voluminös und der Geschmack von Marzipan als zu dominant beschrieben worden. Sie betont zudem, dass die Anpassung nicht „versteckt“ worden, sondern leicht erkennbar umgesetzt worden sei.

Nestlé verweist auf „kriegsbedingte Versorgungsengpässe“

Als weiteres Beispiel werden die „Cini Minis“ von Nestlé aufgezählt. Für die Herstellung der Zimtcerealien soll statt Sonnenblumenöl jetzt Palmöl verwendet werden. Nestlé rechtfertigt das mit „kriegsbedingten Versorgungsengpässen“ bei Sonnenblumenöl. „Unser Ziel ist es, gegen Ende dieses Jahres die Rezeptur wieder auf Sonnenblumenöl umgestellt zu haben“, heißt es auf RND-Anfrage.

Die Verbraucherzentrale mahnt allerdings an, dass das Öl wieder in ausreichenden Mengen zu Preisen wie vor dem Krieg in der Ukraine erhältlich sei. Zudem entstehe für Verbraucher ein Nachteil, weil Palmöl zu einem größeren Teil aus gesättigten Fettsäuren bestehe. Die ganze Liste mit den untersuchten Produkten findet sich auf der Internetseite der Hamburger Verbraucherschützer.

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„Das sind Produkte, bei denen wir nachweisen konnten, dass die Rezepturen verändert wurden“, sagt Armin Valet. Der Leiter der Abteilung Lebensmittel und Ernährung der Verbraucherzentrale befasst sich seit Jahren mit der Zusammensetzung von Lebensmitteln. Ein breites Phänomen sei „Skimpflation“ jedoch nicht, sagt er. Sein Team und er verweisen darauf, dass nicht bekannt sei, in welchem Ausmaß „Skimpflation“ von Herstellern angewendet werde.

Verbraucherschützer gehen von hoher Dunkelziffer aus

Aber: „In letzter Zeit haben wir ein paar mehr Meldungen dazu bekommen“, sagt der Lebensmittelchemiker. Es sei auch nicht einfach, eine veränderte Rezeptur überhaupt zu erkennen. Dazu müsse man die alte Packung aufbewahren und die Zusammensetzung der Zutaten genau vergleichen, was die wenigsten im Alltag tun dürften. „Wir gehen davon aus, dass es eine große Dunkelziffer gibt.“

Sehr lukrativ sei das Knausern bei Zutaten für die Händler und Hersteller vermutlich aber nicht. Die Gewinnmarge lasse sich über reduzierte Packungsinhalte wohl deutlich besser steigern. „Wir sehen ein Einsparpotenzial und höhere Margen deutlich eher bei der ‚Shrinkflation‘“. Verbraucherinnen und Verbrauchern rät Valet, bei Begriffen wie „neue Rezeptur“ genau hinzuschauen, um eine Änderung der Zutaten zu bemerken.

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