Kreditwürdigkeit im Ramschbereich

Griechenland hofft auf Rückkehr zum Investment Grade

../dpa-ServiceLine-images/large/urn-newsml-dpa-com-20090101-210504-99-466744_large_4_3.jpg

Athener Stadtteil Monastiraki mit Akropolis im Hintergrund. Griechenland hofft auf das begehrte Investment Grade.

Athen. Der griechische Finanzminister Christis Staikouras spürt die steigenden Leitzinsen. Sie verteuern die Kreditaufnahme. Als die staatliche Schuldenagentur PDMA am 4. Januar mit Dreimonatsgeldmarktpapieren 1,5 Milliarden Euro aufnahm, betrug die Rendite 2,18 Prozent. Zum Vergleich: Vor einem Jahr mussten die Anleger dem Finanzminister für Dreimonatspapiere noch einen Negativzins von –0,4 Prozent zahlen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Das einstige Krisenland hat sich zwar im August 2018 vom Tropf der Hilfskredite gelöst und finanziert sich seither wieder am Kapitalmarkt. Aber griechische Schuldpapiere werden von den großen Ratingagenturen immer noch als „nicht investitionswürdig“ eingestuft. Standard & Poor‘s (S&P) benotet das Land mit BB+. Die Häuser Fitch und DBRS geben die Note BB, Moody‘s stuft den Schuldner Griechenland mit Ba3 ein. Griechenland liegt bei S&P und DBRS noch eine Stufe unter dem Investment Grade. Bei Fitch sind es zwei, bei Moodys drei Schritte. Damit gelten griechische Schuldpapiere als „spekulative Anlage“.

Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis hat den Aufstieg in die Liga der investitionswürdigen Schuldner für 2023 zum „nationalen Ziel“ erklärt. Ein Upgrade ins Investment Grade wäre nicht nur ein Prestigeerfolg für die Regierung. Damit würden griechische Staatsanleihen auch für Fondsmanager und Vermögensverwalter handelbar, die sie wegen des Ramschstatus bisher nicht kaufen dürfen. Das würde die Nachfrage nach den Papieren erhöhen, die Rendite drücken und die Refinanzierungskosten senken.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Erstaunliches Comeback

Was für ein Upgrade spricht: Wirtschaftlich hat Griechenland in den vergangenen vier Jahren ein erstaunliches Comeback geschafft. Im vergangenen Jahr wuchs die Wirtschaft um mehr als 5 Prozent. Anders als in vielen anderen Ländern droht auch 2023 in Hellas keine Rezession. Der Staatshaushalt ist saniert, die Schuldenquote sank von 206 Prozent des Bruttoinlandsprodukts im Jahr 2020 auf aktuell 168 Prozent. Die Arbeitslosigkeit liegt auf dem niedrigsten Stand seit zwölf Jahren. Der britische „Economist“ gab jetzt Griechenland unter 34 bewerteten Staaten das Prädikat „Top Performer 2022″.

Dennoch könnte sich die Rückkehr in die Liga der investitionswürdigen Schuldner verzögern. Das liegt nicht nur am Krieg in der Ukraine, der Inflation und dem wirtschaftlichen Abschwung, der sich für dieses Jahr in der Euro-Zone abzeichnet. Größter Risikofaktor sind die griechischen Parlamentswahlen, die voraussichtlich im April stattfinden werden. Der seit 2019 amtierende konservative Premier Mitsotakis gilt bisher als Garant für eine solide Wirtschaftspolitik und Strukturreformen. Aber die Regierung spürt Gegenwind. Die Inflation und die Energiekrise drücken auf die Stimmung in der Bevölkerung. Premier Mitsotakis muss sich auch gegen Abhörvorwürfe verteidigen. Drei Regierungsabgeordneten werden außerdem dubiose Finanzgeschäfte zur Last gelegt.

In den Umfragen liegt die konservative Regierungspartei zwar rund 8 Prozentpunkte vor dem radikalen Linksbündnis Syriza des Ex-Premiers Alexis Tsipras. Doch ob Mitsotakis seine absolute Mehrheit verteidigen kann, ist fraglich. Die Abstimmung könnte zu einem politischen Patt und weiteren Wahlgängen führen.

Moody’s vergab Note A3

Vor der Finanzkrise bekam Griechenland überraschend gute Noten. Fitch und S&P bewerteten das Land noch im April 2010, als das Schuldendesaster längst abzusehen war, mit BBB als „durchschnittlich gute Anlage“. Moody’s vergab sogar die Note A3, die für eine „sichere Anlage“ steht. Nach diesen Fehleinschätzungen sind die Agenturen jetzt umso vorsichtiger bei den Heraufstufungen.

Weiterlesen nach der Anzeige
Weiterlesen nach der Anzeige

Die Analysten der Schweizer Großbank UBS erwarten deshalb, dass die Ratingagenturen mit einem Upgrade bis nach den Wahlen warten. Morgan Stanley rechnet sogar damit, dass Griechenland frühestens 2024 das Investment-Grade-Gütesiegel bekommt.

Auch wenn sich die Kreditaufnahme jetzt verteuert: Eine neue Schuldenkrise droht dem Land nicht. 75 Prozent der griechischen Staatsschulden liegen bei öffentlichen Gläubigern wie dem Euro-Stabilitätsfonds ESM. Die durchschnittliche Laufzeit beträgt 19,8 Jahre und der kalkulatorische Zinssatz 1,3 Prozent. Entsprechend gering ist der Refinanzierungsbedarf der nächsten Jahre. Finanzminister Staikouras hat überdies Rücklagen von 31 Milliarden Euro. Das reicht, um die Refinanzierung für rund drei Jahre zu bestreiten, ohne an den Markt zu gehen.

Mehr aus Wirtschaft

 
Anzeige
Anzeige
Empfohlener redaktioneller Inhalt

An dieser Stelle finden Sie einen externen Inhalt von Outbrain UK Ltd, der den Artikel ergänzt. Sie können ihn sich mit einem Klick anzeigen lassen.

 

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unseren Datenschutzhinweisen.

Verwandte Themen

Letzte Meldungen

 
 
 
 
 
 
 
 
 

Spiele entdecken