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Griechenland setzt auf „grünen“ Wasserstoff

Kyriakos Mitsotakis, Premierminister von Griechenland, spricht während einer Veranstaltung Anfang Juni zur Elektrifizierung der Insel Astypalea.

Kyriakos Mitsotakis, Premierminister von Griechenland, spricht während einer Veranstaltung Anfang Juni zur Elektrifizierung der Insel Astypalea.

Athen. Die Schlote rauchen nicht mehr im nordgriechischen Kardiá. Im Mai ging das älteste Braunkohlekraftwerk des Landes für immer vom Netz. Mit der Abschaltung kommt Griechenland dem Kohleausstieg einen Schritt näher.

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Ursprünglich wollte die staatliche Public Power Corp. (PPC), Griechenlands größtes Energieunternehmen, 2028 die Kohleverstromung beenden. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis gab Ende April bekannt, dass der Ausstieg auf 2025 vorgezogen wird.

„Greece 2.0″ heißt das Aufbauprogramm

Der beschleunigte Abschied von der Braunkohle ist Teil einer ambitionierten „Grünen Agenda“ im Rahmen des Post-Pandemie-Aufbauprogramms „Greece 2.0“. Mit einem Pilotprojekt will eine Gruppe von Unternehmen und Forschungseinrichtungen in Griechenlands größtem Braunkohlerevier West-Makedonien demonstrieren, wie ein Übergang von der Kohleverstromung zur klimaneutralen Wasserstoffproduktion aussehen kann.

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Das Vorhaben, das unter dem Namen White Dragon läuft, soll zwischen 2022 und 2029 umgesetzt werden und 8,1 Milliarden Euro kosten. Die Initiatoren haben ihre Pläne Ende April der EU-Kommission vorgelegt. Sie hoffen, dass die EU White Dragon als Vorhaben von gemeinsamem Interesse (PCI) einstuft und finanziell fördert. Eine Entscheidung erwartet man Ende Juni.

Griechenland als idealer Standort für Wasserstoffproduktion

Grüner Wasserstoff soll eine wichtige Rolle bei der Umsetzung der Klimaziele der Europäischen Union spielen. Er gilt vor allem in der industriellen Anwendung bei der Stahlproduktion, in der Chemieindustrie und in den Transportsystemen als unverzichtbar für einen Ausstieg aus fossilen Brennstoffen.

Griechenland ist wegen seines großen Potenzials an Solar- und Windenergie ein idealer Standort für die klimaneutrale Wasserstoffproduktion. „Wasserstoff ist der Schlüssel zur Dekarbonisierung“, sagt Kostas Skrekas, der griechische Minister für Umwelt und Energie. Bis 2030 sollen 67 Prozent des in Griechenland verbrauchten Stroms aus erneuerbaren Energieträgern kommen, kündigt Skrekas an.

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Die Umsetzung der EU-Klimaziele ist für das Land allerdings eine große Herausforderung. Vor 20 Jahren war Griechenland noch Europas viertgrößter Braunkohleförderer. Damals kamen 70 Prozent des griechischen Stroms aus Kohlekraftwerken. Noch 2019 steuerte die Braunkohle 23 Prozent zur Elektrizitätsproduktion bei. In den ersten vier Monaten dieses Jahres waren es nur noch 13 Prozent.

Steigende Preise der CO₂-Zertifikate als Druckmittel

Nicht nur die Regierung macht Druck. Auch der Stromkonzern PPC will die Braunkohlekraftwerke wegen der rasant steigenden Preise der CO₂-Zertifikate möglichst schnell vom Netz nehmen. Im vergangenen Jahr reduzierte die PPC die Braunkohleverstromung bereits von 10,4 auf 5,7 Terawattstunden. Bis Ende 2022 will der Stromproduzent seinen CO₂-Ausstoß um weitere 40 Prozent reduzieren.

Eine der großen politischen Herausforderungen ist, den Kohleausstieg ökonomisch und sozial abzufedern. Griechenlands größtes Braunkohlerevier liegt in der Region West-Makedonien. Dort hängen ein Fünftel der Wirtschaftsleistung und 10.000 Jobs an der Braunkohle.

Das Projekt White Dragon kann nach Berechnungen der Planer direkt 18.000 und mittelbar weitere 29.500 Arbeitsplätze schaffen. Es soll dafür sorgen, dass West-Makedonien auch nach der Abschaltung der Kohlekraftwerke seine Rolle als Kernregion der griechischen Energieversorgung behält.

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Griechischer Wasserstoff könnte bis nach Italien gepumpt werden

Das Besondere an dem Vorhaben ist, dass es in großem Maßstab die gesamte Wertschöpfungs- und Lieferkette darstellt, von der Gewinnung des Solarstroms, der für die Herstellung des Wasserstoffs benötigt wird, über den Transport und die Lagerung bis hin zur Nutzung beim Endverbraucher. Den Strom für die Elektrolyse des Wasserstoffs soll eine Photovoltaikanlage in den stillgelegten Abbaugebieten liefern.

Koordiniert wird das Projekt vom staatlichen Gasversorger Depa. Beteiligt an dem Konsortium sind unter anderem der Brennstoffzellenspezialist Advent Technologies, die Raffinerieunternehmen Hellenic Petroleum und Motor Oil, der Mischkonzern Mytilineos, das Bauunternehmen Terna, der polnische Bus-Hersteller Solaris, der Gaspipelinebetreiber TAP sowie die griechischen Forschungsinstitute Dimokritos und Certh.

Die Produktionskapazität des Projekts veranschlagen die Planer auf bis zu 320.000 Tonnen jährlich. Über die bestehende Trans Adriatic Pipeline (TAP) könnte der Wasserstoff als Beimischung zu Erdgas nach Italien gepumpt und dort in das europäische Leitungsnetz eingespeist werden.

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