Kommentar

Grundsteuererklärung: Warum Wut und Trotz nicht helfen

Für Bafög-Empfänger gilt: Augen auf bei der Steuererklärung. Denn hier gibt es einige Besonderheiten.

Meist ist es weniger schlimm als gedacht – Augen zu und durch bei der Grundsteuererklärung.

Berlin. Würde man eine Hitliste der unbeliebtesten Freizeitbeschäftigungen der Deutschen aufstellen, käme die Steuererklärung wohl direkt nach dem Zahnarztbesuch. Schon allein der Gedanke an all die Zahlen, Belege und Formularfelder, die gesammelt, sortiert und in der richtigen Reihenfolge ausgefüllt werden wollen, ruft bei vielen Menschen eine Abwehrreaktion hervor. Zumal erschwerend die Sorge hinzukommt, etwas falsch zu machen, das bestenfalls zu einem persönlichen Verlust und schlimmstenfalls zu einem Besuch der Steuerfahndung führt.

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Politische Entscheidungsträger sind entsprechend zurückhaltend, wenn es darum geht, den Bürgerinnen und Bürgern zusätzliche Pflichten in der Steuerbürokratie aufzuerlegen. Wer will schon seine Wählerschaft gegen sich aufbringen? Und deshalb wundert es auch nicht, dass die Grundsteuer in Deutschland seit Jahrzehnten auf Grundlage hoffnungslos veralteter Daten erhoben worden ist. In den westdeutschen Ländern wurden die Einheitswerte der Grundstücke aus dem Jahr 1964 zur Berechnung der Steuer herangezogen, im Osten gar jene aus dem Jahr 1935. Man muss kein Steuerrechtler sein, um zu erahnen, dass nach Weltkrieg, Wirtschaftswunder und Wiedervereinigung ein Abgleich der Zahlen mit der Realität überfällig war.

Zeitmangel, Überforderung, Bequemlichkeit, Trotz

Dass die Politik den Mut dazu nicht allein aufgebracht hat, sondern erst nach einem höchstrichterlichen Schubser im Jahr 2018 aktiv geworden ist, gehört zu den wenig rühmlichen Kapiteln dieser Geschichte. Genauso das ewige Ringen zwischen Bayern und dem Rest der Republik um die konkrete Ausgestaltung der Reform. Beide Episoden sind zum Glück inzwischen überwunden.

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Nicht überwunden ist hingegen für viele Menschen der innere Widerstand dagegen, die leidige Grundsteuererklärung nun endlich abzugeben. Wenn an diesem Dienstag die bereits um drei Monate verlängerte Frist für die Abgabe der Steuererklärung endet, werden sie Millionen Deutsche noch nicht gemacht haben.

Zeitmangel, Überforderung, Bequemlichkeit, Trotz – die Gründe mögen vielfältig sein. Die Konsequenzen sind es nicht. Nach einer, zwei oder vielleicht auch drei Ermahnungen werden die Finanzämter Säumniszuschläge verhängen. Die Sache immer weiter aufzuschieben, kann also schlussendlich teuer werden.

Leider kein Spiel: Die Reform der Grundsteuer macht den Finanzämtern in Schleswig-Holstein zu schaffen.

„In den Finanzämtern brennt die Luft“

In Schleswig-Holstein hakt es bei der Reform der Grundsteuer nach wie vor heftig. 40 Prozent der 1,26 Millionen Grundstücksbesitzerinnen und ‑besitzer haben ihre Erklärung noch immer nicht abgegeben. Die Finanzämter sind auch wegen vieler Einsprüche gegen Steuerbescheide überlastet.

Oft ist es weniger schlimm als gedacht

So nachvollziehbar der Ärger über Bürokratie, Behördendeutsch und das staatliche Abfragen von Daten, die der Verwaltung längst vorliegen, auch sein mag – er führt zu nichts. Dass viele Länder und auch der Bund bei eigenen Immobilien die Frist ebenfalls reißen werden, mag zwar eine Steilvorlage für Satiriker und Satirikerinnen sein, hilft aber dem Eigenheimbesitzer in Garbsen, Kyritz oder Segeberg auch nicht weiter. Und selbst, dass die Neuberechnung in manchen Fällen nur zu minimalen Änderungen führen dürfte, ist kein Argument gegen die Reform. Denn deren Ziel ist es ja nicht, die Steuerlast für jeden Einzeln und jede Einzelne zu erhöhen oder abzusenken, sondern mehr Steuergerechtigkeit für alle zu schaffen.

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Ob die Grundsteuerreform dazu geeignet ist, werden wohl erneut die Gerichte klären, die Reformgegner nun anrufen wollen. Auf ein Ende der Rechtsstreitigkeiten sollten Steuerpflichtige mit ihrer Abgabe allerdings lieber nicht warten, die Mühlen der Justiz mahlen bekanntlich langsam.

Klüger ist es, den inneren Schweinehund zu überwinden, und die Erklärung einfach zu machen. Wer sich einmal hingesetzt hat, wird feststellen, dass es im Normalfall weniger schlimm als gedacht ist. Und wenn es kompliziert wird, müssen eben die Spezialisten ran. Das gilt bei der jährlichen Steuererklärung genauso. Und selbst beim Zahnarzt.

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