Herr Habeck sucht und findet die Grenzen des Wachstums
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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Bündnis 90/Die Grünen) bei der Vorstellung des Jahreswirtschaftsberichtes 2022.
© Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa
Berlin. Neues Jahr, altes Muster: Die Corona-Pandemie wirkt sich abermals negativ auf das Wachstum der deutschen Wirtschaft aus. In ihrem am Mittwoch vorgelegten Jahreswirtschaftsbericht erwartet die Bundesregierung ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 3,6 Prozent. Noch im Herbst war die Vorgängerregierung von 4,1 Prozent ausgegangen.
Vor allem die Einschränkungen in Handel und Dienstleistungen wirken sich im ersten Quartal dämpfend aus. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hofft auf Besserung im Frühjahr. „Mit zunehmender Impfquote sollte es gelingen, das Pandemiegeschehen bald nachhaltig einzudämmen und die Krisenhilfen zurückzufahren“, so der Grünen-Politiker. „Dann wird sich auch die wirtschaftliche Erholung zusehends beschleunigen.“
Gleichzeitig machte Habeck am Mittwoch deutlich, dass er über die Frage nachdenkt, wie sinnvoll das Streben nach fortdauerndem Wachstum angesichts eines zunehmend erschöpften Planeten noch ist. „Unsere Wirtschaftsordnung muss die Interessen künftiger Generationen und den Schutz globaler Umweltgüter systematischer und deutlich verlässlicher berücksichtigen“, schreibt der Grünen-Politiker im Jahreswirtschaftsbericht.
In der sozial-ökologischen Marktwirtschaft gehe es auch um eine differenzierte Betrachtung von Ressourcenverbrauch und Wachstum. „Insbesondere gilt es, die Negativeffekte des Wirtschaftens stärker in den Blick zu nehmen und zu adressieren. Wir dürfen kein Wirtschaften mehr fördern, das zu fossilem Energieverbrauch, Umweltzerstörung und sozialer Ungerechtigkeit beiträgt. Umgekehrt ist die Aufgabe, Wachstum von Ressourcenverbrauch und Treibhausgasemissionen zu entkoppeln“, so Habeck.
Neue Perspektiven in der Wirtschaftspolitik
Der Grünen-Politiker hat eine neue Perspektive in die Wirtschaftspolitik der Bundesregierung eingebracht. Erstmalig werden im Jahreswirtschaftsbericht auch „Wohlfahrts- und Nachhaltigkeitsindikatoren“ jenseits des Bruttoinlandsprodukts betrachtet – von sozialen Indikatoren über Umwelt- und Klimaschutz, Bildung und Forschung, Demografie bis zu öffentlichen Finanzen und Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse.
Die Transformation hin zur Klimaneutralität werde das Tempo des sich ohnehin schon rasch vollziehenden Strukturwandels der Wirtschaft weiter erhöhen. „Es werden neue Bereiche, neue Arbeitsplätze, neue Geschäftsfelder entstehen, in anderen drohen Verluste, und sie betreffen auch Identitäten, Tradition, das, worauf Menschen stolz sind“, betont Habeck.
Ganz ohne Wachstum allerdings wird es wohl auch nicht gehen, wie der Minister am Mittag bei einer Regierungsbefragung im Bundestag einräumte. Die Hilfsprogramme für Strukturwandel-Regionen müssten stärker auf die Schaffung industrieller Arbeitsplätze ausgerichtet werden, sagte er da. Es müsse darauf geachtet werden, dass nicht nur Behörden, akademische Institutionen oder Forschungseinrichtungen gefördert würden.
Ein bisschen wird Habeck also noch weiter nachdenken müssen. Ihm bleiben dazu noch gut vier Jahre Zeit.