„Im Krieg gibt es keine Gewinner“
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Ein Metro-Cash&Carry-Markt in Moskau. Metro beschäftigt 10.000 Mitarbeiter in Russland und 3400 in der Ukraine.
© Quelle: Stringer/dpa
Berlin. Der Krieg gegen die Ukraine schlägt voll auf die russische Wirtschaft durch und wird dort wohl auch langfristig schwere Schäden hinterlassen. Forscher der Yale University in New Haven haben eine Liste von Unternehmen angelegt, die sich aus Russland seit Kriegsbeginn am 24. Februar zurückgezogen haben, beziehungsweise im Begriff sind, dies zu tun, oder zumindest ihr Geschäft herunterfahren. Mit Stand 5. April, 11 Uhr, zählte Yale auf der aktualisierten Liste über 650 internationale Firmen, darunter viele bekannte Namen wie Hilton, Bentley, Visa oder Sony.
Das hinterlässt Spuren auf dem russischen Arbeitsmarkt. So hat das Onlineportal „Forbes Russland“ errechnet, dass an den Firmenrückzügen über 200.000 Jobs hängen. Allein McDonald’s beschäftigt in Russland 62.000 Mitarbeiter. Die Fastfoodkette hatte nach Kriegsbeginn ihre Filialen geschlossen, die Mitarbeiter aber zunächst weiterbezahlt.
Auch deutsche Firmen bemühen sich, Jobs zu erhalten, wie etwa der Metro-Konzern, der Verantwortung für 10.000 Mitarbeiter in Russland trägt. Allerdings wird das immer schwieriger, je länger der Krieg dauert. Nach Einschätzung von Experten werden jetzt die über Jahrzehnte gewachsenen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Europa und Russland zerstört. Die „FAZ“ zitiert aus einem unveröffentlichten Bericht des Wiener Instituts für vergleichende Wirtschaftsforschung (WIIW), in dem von einer „grundlegenden Auflösung“ der wirtschaftlichen Beziehungen die Rede ist.
Für Russland rechnet man mit einem Desaster, aber auch für Europa hat der Krieg seinen Preis. Die Inflation wird steigen, das Wirtschaftswachstum und die Realeinkommen werden sinken. Dem englischen Premier Arthur Neville Chamberlain (1869–1940) wird der Satz zugeschrieben: „Im Krieg gibt es keine Gewinner, sondern alle sind Verlierer.“ Chamberlain leitete daraus eine Beschwichtigungspolitik gegenüber Nazi-Deutschland ab, die am Ende kolossal scheiterte. Mit seinem Satz allerdings sollte er recht behalten.
Jan Emendörfer ist RND-Chefkorrespondent für Osteuropa und Russland. Immer mittwochs gibt er Einblick in das Wirtschaftsleben zwischen Warschau und Wladiwostok – im wöchentlichen Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus Washington, Peking und London.