Klimakonferenz: 105 Staaten wollen die Entwaldung stoppen

Abholzung im Amazonasgebiet in Brasilien.

Abholzung im Amazonasgebiet in Brasilien.

Um große Worte ist Boris Johnson dieser Tage nicht verlegen. „Als Kathedralen der Natur“ hat der britische Premierminister die Wälder auf dieser Welt bezeichnet. Sie seien unverzichtbar für unser Überleben. Mit diesem Hinweis unterstreicht er die Wichtigkeit einer Initiative von 105 Ländern, die die Abholzung von Wäldern stoppen soll – allerdings nicht sofort, sondern bis zum Jahr 2030.

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Auf der Weltklimakonferenz im schottischen Glasgow (COP26) haben sich Staats- und Regierungschefs verpflichtet, umgerechnet gut 10 Milliarden Euro zur Verfügung zu stellen. Um in Entwicklungsländern sogenanntes degradiertes Land aufzuforsten, um Waldbrände zu bekämpfen und die Rechte indigener Völker und lokaler Gemeinschaften zu fördern. Die 105 Länder, darunter alle EU‑Staaten und auch Russland, Brasilien, Kanada sowie China, stehen für 85 Prozent der globalen Waldflächen.

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Weitere 6,2 Milliarden Euro sollen aus privaten Quellen kommen. Unter anderem sollen die Wälder im Kongobecken geschützt werden – es handelt sich um den zweitgrößten tropischen Regenwald der Erde, „der für die weltweiten Bemühungen zur Bekämpfung des Klimawandels sowie für eine nachhaltige Entwicklung in der Region von entscheidender Bedeutung ist“, heißt es in einer Mitteilung der britischen Regierung, die der COP26-Konferenz vorsitzt.

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Kampf gegen Palmöl- und Sojaanbau

30 Finanzinstitute haben zudem zugesichert, Aktivitäten zu stoppen, die einer Entwaldung Vorschub leisten. Dabei geht es insbesondere um den Anbau von Palmöl und Soja und die Ausweitung von Viehweiden zur Fleischproduktion. 28 Länder haben sich einer Initiative angeschlossen, die mit nachhaltigen Konzepten den Druck auf Wälder reduzieren, Kleinbauern unterstützen und Lieferketten transparenter machen soll. Zehn globale Konzerne, die unter anderem im Palmöl- und Sojageschäft aktiv sind, wollen bis zur COP27-Konferenz im nächsten Jahr einen Fahrplan entwickeln, wie sie ihre Lieferketten mit den Klimazielen kompatibel machen können.

„Prinzipiell ist es zu begrüßen, dass mehr als 100 Länder die Entwaldung stoppen wollen. Es kommt nun aber darauf an, dass dieser Beschluss auch mit konkreten Schritten unterlegt wird. Zudem braucht es Meilensteine, um in den Jahren bis 2030 verbindlich zu überprüfen, ob die Staaten auch tatsächlich konkrete Maßnahmen umsetzen“, sagte Nicola Uhde von der Umweltschutzorganisation BUND dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Notwendig sei aber erst einmal eine neue Definition, was überhaupt Wälder seien. „Es darf nicht sein, dass auch Plantagen und Holzäcker als Wälder deklariert werden und damit die weltweite Bilanz der Wälder verzerrt wird.“ In der Vergangenheit haben Regierungen unter anderem just Palmöl- oder auch Ananasplantagen als ökologisch wertvolle Baumbestände etikettiert.

Die ermittelten Zahlen jedenfalls sind erschreckend. Nach Daten der unabhängigen US‑Denkfabrik World Resources Institute schrumpften im vorigen Jahr die Waldflächen um 258.000 Quadratkilometer – eine Fläche, die größer ist als Boris Johnsons Großbritannien. Mit großer Wahrscheinlichkeit sind die Verluste sogar noch höher. Dabei ist die Bedeutung fürs Weltklima enorm: Die Wälder nehmen etwa ein Drittel der jährlich von Menschen gemachten CO₂‑Emissionen auf.

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Auch ein Sprecher des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) sagte dem RND, dass wichtiger als Worte ihre Integration in tatsächliche politische Entscheidungen seien: „Davon sehen wir leider immer noch viel zu wenig. So wird die EU‑Waldstrategie gerade massiv verwässert.“ Gleichzeitig würden in der EU-Agrar- und -Verkehrspolitik weiterhin Milliarden für umweltschädliche Subventionen ausgegeben.

BUND verlangt, soziale Aspekte zu beachten

Uhde sieht indes einen wichtigen Schritt gegen Abholzungen in Südamerika im Stoppen des Handelsabkommens mit den Mercosur-Staaten: „Dabei geht es nämlich darum, den Export von Agrargütern in die EU auszuweiten. Solche Geschäfte bedrohen natürliche Wälder in Südamerika, weil diese für die Ausweitung des Sojaanbaus und für Viehweiden in den nächsten Jahren gerodet werden könnten.“ Und auch bei Aufforstungen müsse genau hingeschaut werden. Soziale Aspekte dürften nämlich nicht vergessen werden: „Es darf nicht sein, dass Kleinbauern und Kleinbäuerinnen in Südamerika, Afrika oder Asien enteignet werden, um auf deren Land Bäume zu pflanzen.“

Für die BUND-Expertin ist es hierzulande wichtig, Nadelforste in natürliche Mischwälder mit Laubbäumen umzuwandeln. „Solche Wälder sind erheblich robuster als Nadelholzplantagen und wichtiger Lebensraum für Tiere, Pflanzen und Pilze. Auch gilt es, Wälder mit altem Baumbestand konsequent zu schützen.“ Auch der Nabu hält „neben dem dringenden Schutz bestehender Naturwälder“ die Renaturierung geschädigter Wälder sowie Aufforstungen „unter bestimmten Bedingungen“ für nötig: „Hierbei sollten unbedingt Biodiversitätskriterien beachtet werden.“

Der Naturschutzbund fordert überdies, den hiesigen Flächenverbrauch, der auch Wälder bedroht – täglich werden rund 52 Hektar (etwa 73 Fußballfelder) als Siedlungsflächen und Verkehrsflächen neu ausgewiesen –, bis 2030 zu stoppen. Dafür müsste die nächste Bundesregierung „ein Flächenspargesetz und einen Bund-Länder-Aktionsplan“ auf den Weg bringen. Das funktioniere „mit konkreten, länderscharfen Reduktionszielen in Form eines verbindlichen Bund-Länder-Verteilungsschlüssels und definierten sanktionsfähigen Zwischenzielen“.

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