Nach Triebwerksschaden: Boeing 777-Jets droht Flugverbot

Der Boeing-Konzern ist stark angeschlagen von den Folgen der Coronakrise und des Debakels um seine bestverkaufte Baureihe 737 Max.

Der Boeing-Konzern ist stark angeschlagen von den Folgen der Coronakrise und des Debakels um seine bestverkaufte Baureihe 737 Max.

Chicago/Washington/Tokio. Schlechte Nachrichten für den Flugzeughersteller Boeing und den Antriebsbauer Pratt & Whitney: Nach einem Triebwerksausfall an einer Boeing 777 nahe Denver droht vielen Großraumjets dieses Typs ein Flugverbot.

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In Japan und Großbritannien dürfen die Maschinen mit diesem Antrieb von Pratt & Whitney vorerst nicht mehr abheben. Die US-Luftfahrtbehörde FAA kündigte eine entsprechende Notfall-Richtlinie an. „Dies wird wahrscheinlich bedeuten, dass einige Flugzeuge aus dem Verkehr gezogen werden müssen“, sagte FAA-Chef Steve Dickson am Sonntag (Ortszeit).

Keine Flieger mit strittigem Triebwerk in der EU

In der EU sind nach Auskunft der Flugaufsicht Easa keine Flieger mit dem strittigen Triebwerk in Betrieb - und zwar weder Maschinen, die in der Union registriert sind, noch Maschinen aus Drittstaaten. Mit der US-Behörde FAA sei man im engen Kontakt, hieß es von der Easa.

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Am Samstag waren nach einem Triebwerksausfall große Flugzeugteile einer Boeing 777 von United Airlines (UA) in der Nähe von Denver als Trümmer in Wohngebiete gestürzt. Ein von einem Passagier gedrehtes Video zeigt, wie Flammen während des Fluges aus dem rechten Triebwerk schlugen. Die Verkleidung war zu diesem Zeitpunkt bereits in die Tiefe gestürzt.

Weltweit 128 Flugzeuge betroffen

Nach FAA-Angaben war das rechte Triebwerk kurz nach dem Start ausgefallen. Die Maschine landete mit 241 Menschen an Bord dennoch sicher am Internationalen Flughafen in Denver. Es gab keine Berichte über Verletzte - weder an Bord noch am Boden. Die Maschine war auf dem Weg von Denver in die Hauptstadt von Hawaii, Honolulu.

Boeing empfahl den Fluggesellschaften, die weltweit 128 Flugzeuge mit Triebwerken des Typs PW-4000-112 von Pratt & Whitney vorerst am Boden zu lassen. Dies gelte, so lange die Untersuchung der US-Unfallermittlungsbehörde NTSB laufe und bis die FAA die nötigen Regeln für eine Inspektion der Antriebe erstellt habe. Derzeit seien 69 der Maschinen in Betrieb und 59 eingelagert.

Boeing unterstützt Behörden

Der Großraumjet Boeing 777 wird seit den 1990er Jahren gebaut. Die Kunden hatten sich beim Kauf zwischen drei Antriebstypen entscheiden können. An dem Antrieb von Pratt & Whitney ist auch der Münchner Triebwerksbauer MTU beteiligt. Viele Maschinen der Reihe sind aber mit den Konkurrenz-Triebwerken von General Electric oder Rolls-Royce bestückt. Diese sind vom jetzigen Problemen nicht betroffen.

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Boeing unterstützt nach eigenen Angaben die Entscheidung der japanischen Zivilluftfahrtbehörde und der FAA, den Betrieb der Maschinen auszusetzen, und arbeitet mit ihnen zusammen. Auch Pratt & Whitney kündigte an, die veränderten Inspektionsintervalle für den Antriebstyp zu unterstützen. Die Bekanntgabe weiterer Untersuchungsergebnisse liege im Ermessen des NTSB.

Das japanische Verkehrsministerium ordnete vorsorglich ein Flugverbot für mit den betroffenen Triebwerken ausgestattete Flugzeuge im eigenen Land an. Betroffen davon sind 13 Flugzeuge der Fluglinie Japan Airlines (JAL) sowie 19 Maschinen der Linie All Nippon Airways (ANA), wie das Ministerium in Tokio bekanntgab.

Flugverbot in Japan und Großbritannien

Ähnliches gilt für Großbritannien. Die Maschinen mit dem Triebwerkstyp dürften den Luftraum des Landes vorerst nicht mehr benutzen, kündigten der britische Verkehrsminister Grant Shapps und die Luftfahrtbehörde CAA am Montag auf dem Nachrichtendienst Twitter an. Britische Fluggesellschaften seien davon aber nicht betroffen.

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United Airlines teilte mit, freiwillig als Vorsichtsmaßnahme 24 Boeing-777-Flugzeuge mit Triebwerken der Serie 4000 von Pratt & Whitney aus dem Flugplan herauszunehmen. Es solle sichergestellt werden, dass diese Flugzeuge die strengen Sicherheitsstandards erfüllten und wieder in Betrieb genommen werden könnten. Derzeit habe man 52 dieser Flugzeuge in der Flotte - 24 aktiv und 28 im Lager.

Der Lufthansa-Konzern hat einem Sprecher zufolge bei den Gesellschaften Lufthansa Cargo, Swiss und Austrian ausschließlich Triebwerke von General Electric im Einsatz, die nicht betroffen sind.

Der Zwischenfall ist eine weitere Hiobsbotschaft für den US-Konzern Boeing, der erst in der vergangenen Woche wegen möglicher Produktionsmängel beim Langstreckenjet 787 „Dreamliner“ unter Druck geraten war. Die FAA hatte deshalb Inspektionen an rund 222 Maschinen angeordnet, weil die Gefahr von Schäden an sogenannten Dekompressionspaneelen zur Abtrennung des Passagierbereichs bestehe.

Der Konzern ist ohnehin schon stark angeschlagen von den Folgen der Coronakrise und des Debakels um seine bestverkaufte Baureihe 737 Max, die nach zwei Abstürzen mit insgesamt 346 Toten mehr als anderthalb Jahre lang weltweit mit Flugverboten belegt war. Im vergangenen Geschäftsjahr stand bei dem Konzern unter dem Strich ein Rekordverlust von mehr als 11,9 Milliarden US-Dollar (9,9 Milliarden Euro).

RND/dpa

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