Riesiger Mehrfachstecker auf hoher See: Tennet will Offshore-Strom schneller anlanden

Offshore-Windpark in der Ostsee zwischen den Inseln Rügen und Bornholm.

Offshore-Windpark in der Ostsee zwischen den Inseln Rügen und Bornholm.

Berlin. Die Hoffnungen sind groß und die Herausforderungen vielleicht sogar noch ein bisschen größer: Offshore-Windparks vor den Küsten gelten als Schlüsseltechnologie, um die Energiewende voranzutreiben. Nirgendwo bläst der Wind stärker als auf hoher See, nirgendwo stören die riesigen Rotoren der Windkraftanlagen weniger Menschen.

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Gleichzeitig allerdings sind die Windparks vor der Küste enormen Naturgewalten ausgesetzt. Wartungsarbeiten und Reparaturen sind deutlich aufwendiger als an Land. Und dann gibt es noch das ganz praktische Problem, dass der jenseits der Küstenlinie produzierte Strom irgendwie ans Festland gelangen muss – oft durch sensible Bereiche wie das schleswig-holsteinische und niedersächsische Wattenmeer.

Bislang muss dafür von jedem Windpark ein beindickes Unterseekabel zur Küste verlegt werden, was teuer ist und viel Planungszeit sowie Flächen an den Küsten verbraucht. Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet hat nun eine Lösung für dieses Problem gefunden: Vereinfacht gesagt will das Unternehmen ein eigenes Gleichstromnetz zwischen den einzelnen Windparks aufbauen und diese dann gebündelt an das Festland anschließen. Vorstellen kann man sich das wie eine gigantische Mehrfachsteckdose. Statt drei Leitungen führt nur noch eine zur Küste, wodurch sich Genehmigungs-, Plan- und Bauzeiten verkürzen.

Tennet will drei Jahre sparen

Tennet geht davon aus, dass die neue Technologie unterm Strich drei Jahre sparen könnte. Sechs Gigawatt Offshore-Kapazität, die eigentlich erst 2035 angeschlossen werden sollten, könnten schon bis 2032 in das Stromnetz integriert werden. Ein Gigawatt entspricht etwa einem Kohlekraftwerk, das entsprechend früher abgeschaltet werden könnte.

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„Windstrom-Booster“ nennt Tennet das Konzept, das am Freitag im Beisein des Niedersächsischen Energie- und Umweltministers Olaf Lies (SPD), des Schleswig-Holsteinischen Energiewendeministers Jan Philipp Albrecht (Grüne) sowie des Bremer Wirtschaftsstaatsrats Kai Stührenberg (Linke) der Öffentlichkeit vorgestellt wurde.

Im niedersächsischen Wilhelmshaven und im schleswig-holsteinischen Heide, von wo Gleichstromübertragungstrassen in den Süden der Republik führen werden, sollen zwei Offshore-Verbindungen anlanden. Eine dritte Anbindung ist im Raum Bremen geplant. Für die drei Standorte steckt darin eine große Chance, weil überschüssiger Windstrom, den das Netz nicht aufnehmen kann, an Ort und Stelle genutzt und zum Beispiel in grünen Wasserstoff umgewandelt werden könnte.

Tennet-Deutschland-Chef Tim Meyerjürgens sprach von einem Angebot für die neue Bundesregierung, mit dem sich schnell Potenziale heben ließen, um die Energiewende zu beschleunigen. „Wir werden effizienter, zuverlässiger, kostengünstiger, sicherer und verbrauchen weniger Flächen“, versprach Meyerjürgens.

Wilhelmshaven hofft auf zusätzliche Wertschöpfung

Mittel- und langfristig schwebt Tennet eine Vernetzung der Offshore-Windparks auch über die deutschen Grenzen hinaus vor, etwa mit der dänischen „Energieinsel“ und weiteren Nachbarländern wie den Niederlanden. „Notwendig ist ein Nordsee-Offshore-Netz, das die Anrainerstaaten verbindet“, heißt es in einer Pressemitteilung des Unternehmens. Für Deutschland sei dies besonders wichtig, da die deutschen Offshore-Windpotenziale nicht ausreichten, um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen.

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„Ich begrüße sehr, dass wir von der reinen Punkt-zu-Punkt-Verbindung bei der Offshore-Windenergie wegkommen“, sagte Niedersachsens Umweltminister Lies. Die bislang übliche Übertragungstechnologie mache auf Dauer keinen Sinn, weil sie nicht verlässlich sei und keine Versorgungsicherheit biete.

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Lies betonte die „großen industriellen Potenziale“ für Wilhelmshaven und die beiden anderen Küstenstandorte. „Klimaschutz ist eine riesige Chance“, sagte der Minister. Gerade im Norden könne dadurch neue Wertschöpfung entstehen.

Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Albrecht sprach vom „richtigen Konzept zur richtigen Zeit“ und einem „schonenden Netzausbau“, der auch mit dem Schutz von Umwelt und Nationalparks an der Küste vereinbar sei. „Wir brauchen diesen Ausbau, um die Dekarbonisierung und unsere Klimaziele zu erreichen.“ Albrecht lobte Tennet für den Mut, eine „ehrliche Netzausbauplanung“ vorzulegen. „Netzausbau, der von Angst und Zögern geprägt ist, können wir uns nicht mehr leisten.“

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