RND-Kolumne: „Weltwirtschaft“

Warum in den USA an der Zapfsäule der Spaß aufhört

Die amerikanische Flagge an einer Raffinerie in Wilmington, Kalifornien.

Die amerikanische Flagge an einer Raffinerie in Wilmington, Kalifornien.

Washington. Ein paar Jahre ist es her, dass ich in New Jersey einmal tanken musste. Ich sprang aus dem Wagen und steuerte mit der Kreditkarte auf die Zapfsäule zu, als mir ein kräftiger Mann den Griff zum Benzinrüssel verwehrte. „It‘s the law!“, verkündete der Tankwart streng.

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Er hatte recht. Zu den kuriosesten Regeln im Land der unbegrenzten Möglichkeiten gehört das Verbot des Selbsttankens im Benzinabgabegesetz von 1949. So gut wie alle Bundesstaaten haben die anachronistische Brandschutzvorschrift längst gekippt. Nur nicht New Jersey – noch nicht. Denn nun kündigt sich eine Revolution an: Plötzlich soll die Servicepflicht mit einem Gesetz beerdigt werden.

Eine Preissteigerung von 60 Prozent in nur einem Jahr

Solche Umwälzungen brauchen einen Auslöser. In diesem Fall ist es der Benzinpreis. Der steigt seit Monaten und ist seit dem Ukraine-Krieg förmlich explodiert: 4,20 Dollar kostet das Normalbenzin inzwischen im US-Durchschnitt – fast 60 Prozent mehr als vor einem Jahr. In New Jersey ist es dank des Pflichtservices noch 15 Cent teurer.

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Freilich gilt der Preis für eine Gallone, was 3,78 Litern entspricht. Das klingt für deutsche Autofahrer paradiesisch. Doch viele Amerikaner fahren Spritschlucker. Und oft sind Arbeitsplätze, Schulen oder Supermärkte mangels öffentlicher Verkehrsmittel nur mit dem eigenen Pkw zu erreichen. Da haut ein 20-prozentiger Aufschlag binnen eines Monats gewaltig ins Kontor.

Die USA wollen nun aus Venezuela und dem Iran importieren

Das bekommt auch Joe Biden zu spüren. Die Rekordbenzinpreise sind inzwischen Thema Nummer eins. Die Umfragewerte fallen. Lange hat der Präsident deshalb gezögert, die Ölimporte aus Russland zu kappen. Nun hat er dem überparteilichen Druck von Demokraten und Republikanern doch nachgegeben. Er hofft, die (im Vergleich zu Europa relativ geringen) Ausfälle durch Einfuhren aus Venezuela und dem Iran kompensieren zu können.

Ob die Rechnung aufgeht, weiß keiner. Klar ist aber: Dauerhaft hohe Benzinpreise sind für Biden brandgefährlich. Wenn sich die Lage nicht irgendwann beruhigt, muss er befürchten, wie die Tankwärter in New Jersey ausgemustert zu werden.

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Karl Doemens ist USA-Korrespondent des RND. Was die größte Volkswirtschaft der Welt antreibt, erklärt er in der Kolumne „Weltwirtschaft“ immer mittwochs – im wöchentlichen Wechsel mit seinen Kolleginnen und Kollegen in China, Großbritannien, Russland und Osteuropa.

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