Studie belegt Verteuerung durch Airbnb

Eine aktuelle Studie zeigt, dass durch Kurzzeitvermietungen die Mieten in der Nachbarschaft steigen.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass durch Kurzzeitvermietungen die Mieten in der Nachbarschaft steigen.

Geahnt haben es viele. Jetzt ist der Nachweis erbracht: Durch Airbnb-Angebote steigen die Mieten in der Nachbarschaft. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) hervor. Exemplarisch untersucht wurde der Berliner Wohnungsmarkt. Die Autoren zeigen aber auch auf, dass Regulierungen durch Stadtverwaltungen die negativen Effekte zumindest mildern können.

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Mieten steigen um durchschnittlich 13 Cent pro Quadratmeter

Airbnb ist im Dezember an die Börse gegangen. Der Kurs ist seither um gut 45 Prozent gestiegen. Das Unternehmen, das nichts anderes als eine Vermittlungsplattform im Internet ist, kommt inzwischen auf einen Wert von fast 105 Milliarden Euro – das entspricht in etwa der Marktkapitalisierung von Siemens. Und das alles mit einem höchst umstrittenen Geschäftsmodell. Airbnb macht sein Geld mit Gebühren dafür, dass Anbieter private Unterkünfte zur Kurzzeitmiete anbieten – quasi als Ferienwohnungen oder als Pensionszimmer.

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Berlin ist so etwas wie die deutsche Airbnb-Kapitale. Laut DIW wurden dort im vorigen Jahr pro Monat durchschnittlich 10.000 Wohnungen angeboten. Noch einmal die gleiche Anzahl von einzeln vermieteten Räumen kam hinzu. Häufig liegen die Kosten für die Nutzer deutlich unter den Preisen, die professionelle Beherbergungsbetriebe wie Hotels offerieren.

Die Experten des DIW haben untersucht, wie sich die Angebote für Touristen und Geschäftsreisende auf umliegende Wohnungen auswirken, und zwar im Umkreis von 250 Metern. Ergebnis: Durch eine zusätzliche Airbnb-Unterkunft steigen die Mieten um durchschnittlich 13 Cent pro Quadratmeter. Oder 13 Euro im Monat bei einer 100-Quadratmeter-Wohnung. Wobei die Unterschiede je nach Stadtbezirk extrem hoch sind. In Mitte sind es 8 Cent, in Lichtenberg sogar 46 Cent. Die Aufschläge seien vor allem auf Airbnb-Angebote zurückzuführen, „die länger als 180 Tage untervermietet werden und so dem regulären Wohnungsmarkt entzogen werden“, erklärt Tomaso Duso, Leiter der Abteilung Unternehmen und Märkte am DIW Berlin.

Viele Wohnungen speziell für Airbnb-Kunden

Die erstaunlichen Differenzen bei den Verteuerungen konnten die Forscher indes nicht gänzlich klären. Denn gerade da, wo viele Zimmer und Wohnungen angeboten werden – im Stadtzentrum – schlägt die Verknappung des Wohnraums weniger stark auf die Mietpreise in der Nachbarschaft durch. Der DIW-Immobilienexperte Claus Michelsen vermutet, dass in einem Kiez mit vielen Airbnb-Unterkünften die Nachteile für die Anwohner – nächtlicher Lärm – inzwischen so stark sind, dass reguläre Wohnungen weniger gefragt sind. Oder umgekehrt: In Mitte ist die Nachfrage nach einem Dach über dem Kopf so groß, dass der Airbnb-Effekt keine Rolle spielt.

Die Szenarien verdeutlichen einerseits, wie komplex Wechselwirkungen auf dem Wohnungsmarkt sein können. Andererseits passt die erste These zu Ergebnissen aus anderen Untersuchungen. So zeigt die Studie mit dem Titel „Plattformversagen“ – im Auftrag der Linken im Europaparlament –, dass in attraktiven Quartieren in Städten wie Barcelona, Paris oder Amsterdam mittlerweile ein Großteil der Wohnungen ausschließlich für Airbnb-Kunden hergerichtet wird. In Venedig und Florenz sollen ganze Stadtteile bereits gekippt und nur noch von Touristen bevölkert sein. In Paris seien bis zu 25.000 Apartments zu Übernachtungsmöglichkeiten für Städtereisende geworden, in Prag sollen es 15.000 Wohnungen sein und in Amsterdam eine von neun Wohneinheiten in einigen Stadtteilen. Auf der Airbnb-Website gibt es mittlerweile insgesamt mehr als sieben Millionen Angebote weltweit.

Regulierungen sollen Mietpreise wieder senken

Zurück zu Berlin: Der Senat hat 2014 ein erstes Verbot von Zweckentfremdungen auf den Weg gebracht. Es wurde 2018 erweitert und modifiziert. Die Kernpunkte: Eine Kurzzeitvermietung ist nur noch mit einer Genehmigung der Stadtbezirksverwaltung erlaubt. Und unter anderem sind Zweitwohnungen nur genehmigungsfähig, wenn sie höchstens 90 Tage im Jahr als Kurzzeitunterkunft dienen. Genau auf diesem Wert hatte sich interessanterweise alsbald der Mittelwert der Verfügbarkeit von Wohnungen in Berlin eingependelt. Und der Effekt auf dem Mietmarkt: Mit den Restriktionen ist das Angebot gestiegen, Preise sind gesunken. „Je nach Bezirk kann dies bei einer 65 Quadratmeter großen Wohnung eine monatliche Ersparnis von 38 Euro ausmachen“, sagt Michelsen.

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Für seinen Kollegen Duso steht fest, dass die Ergebnisse der Studie für andere Kommunen „indikativ“ sein könnten. „Das wäre besonders bei Städten der Fall, die ähnliche Konditionen wie Berlin haben – zum Beispiel schnell steigende Mieten, begrenztes Wohnungsangebot, großes Airbnb-Angebot“, sagte der DIW-Experte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Zumal eine ähnliche Studie für Barcelona ähnliche Effekte von Airbnb auf das Mietniveau gezeigt habe. Duso: „Die Botschaft für die Politik ist, dass eine solche Regulierung wirken kann.“

Plattformen wie Airbnb bieten auch positive Effekte

Lukas Siebenkotten, Präsident des Deutschen Mieterbundes, appelliert denn auch: „Wenn Corona überstanden ist, wird Städtetourismus mit großer Wahrscheinlichkeit weiter wachsen und damit auch das Geschäft von Plattformen wie Airbnb. Deshalb ist jetzt die beste Gelegenheit für Stadtverwaltungen zu handeln.“ Die DIW-Studie zeige, dass die Kommunen etwas tun können, wenn sie dem Berliner Beispiel folgen. „Allerdings ist es nicht mit Erlassen gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen getan. Die Einhaltung der Regeln muss auch konsequent kontrolliert werden. Dann kann zumindest ein Faktor für steigende Mietpreise unter Kontrolle gebracht werden“, sagte Siebenkotten dem RND.

Indes warnt DIW-Experte Duso vor überzogenen Erwartungen: „Das Zweckentfremdungsverbot wird nicht die Probleme auf dem Wohnungsmarkt lösen.“ Schließlich werde in Berlin nur ein Bruchteil von insgesamt zwei Millionen Wohnungen über Airbnb offeriert. Außerdem müsse man bedenken, dass Plattformen auch positive Effekte bringen können – so könne kurzzeitig leer stehender Wohnraum durch eine Untervermietung effizienter genutzt werden. „Daher soll die Regulierung Nutzen und Kosten balancieren“, so Duso.

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