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Industrie bricht eigene Versprechen

Studie: Softdrinks in Deutschland enthalten immer noch zu viel Zucker

Bunte Softdrinks oder beliebte Gaming-Figuren auf Süßigkeiten - Werbung für ungesunde Lebensmittel richtet sich oft speziell an Kinder. Die Werbewirtschaft hat sich nun neue Verhaltensregeln auferlegt.

Der Konsum von Softdrinks ist ein Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht.

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Berlin. Cola, Limo und Brause gelten als ein Treiber für Übergewicht und Diabetes. Die Getränkeindustrie hat sich daher im Jahr 2018 freiwillig verpflichtet, den Zuckergehalt von Softdrinks in Deutschland von 2015 bis 2025 um durchschnittlich 15 Prozent zu reduzieren.

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Doch die Zwischenbilanz fällt ernüchternd aus. Lediglich um etwa 2 Prozent ist der durchschnittliche Zuckergehalt von 2015 bis 2021 gesunken, zeigt eine neue Studie der Deutschen Allianz für Nichtübertragbare Krankheiten (DANK), für die Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) und der Technischen Universität München (TUM) Daten des Marktforschungsinstituts Euromonitor International ausgewertet haben.

„Die freiwillige Zuckerreduktion bei Softdrinks kommt nicht voran. Wenn sich der Trend so fortsetzt, würde das Ziel 15 Prozent weniger Zucker erst in Jahrzehnten erreicht“, resümiert Oliver Huizinga, Co-Autor der Studie und politischer Geschäftsführer der Deutschen Adipositas-Gesellschaft (DAG), die Teil der DANK ist.

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Die damalige Bundesernährungsministerin Julia Klöckner (CDU) hatte im Jahr 2018 die „Nationale Reduktionsstrategie“ für Fertiglebensmittel ins Leben gerufen. In diesem Rahmen hatten sich elf Verbände der Lebensmittelwirtschaft und des Lebensmittelhandels freiwillig dazu verpflichtet, den durchschnittlichen Zuckergehalt verkaufter Softdrinks im Zeitraum 2015 bis 2025 um 15 Prozent zu reduzieren. Die aktuelle Studie zeigt, dass die Industrie bislang deutlich hinter diesem Ziel zurückbleibt. Rechnerisch hätte von 2015 bis 2021 eine Reduktion um 9 Prozent erfolgen müssen, um auf Kurs zu sein, so die Autoren der Studie.

Zuckersteuer in Großbritannien zeigt Wirkung

Softdrinks, die in Deutschland über die Ladentheke gingen, hatten der Studie zufolge im Jahr 2015 einen durchschnittlichen Zuckergehalt von 5,3 Gramm je 100 Milliliter und im Jahr 2021 von 5,2 Gramm je 100 Milliliter. Zum Vergleich: In Großbritannien ist der Zuckergehalt im gleichen Zeitraum von ebenfalls 5,3 Gramm je 100 Milliliter auf 3,8 Gramm je 100 Milliliter, um knapp 30 Prozent, gesunken. Die britische Regierung hatte 2018 eine Zuckersteuer eingeführt, um die Getränkehersteller zu einer Zuckerreduktion zu bewegen.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen fordert deshalb eine Süßgetränkeabgabe auch für Deutschland: „Freiwillig wird die Industrie den Zuckergehalt in ihren Getränken nicht schnell genug reduzieren, um einen effektiven Beitrag zu einer gesünderen Ernährungsumgebung und einem ausgewogeneren Lebensmittelangebot zu leisten“, sagt Carolin Krieger, Referentin im Team Lebensmittel, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

 Offener Kühlschrank mit Plastikbehältern Gemüse. Auflösung und hohe Qualität schönes Foto *** open Fridge with Plastic containers Vegetables Resolution and high Quality Beautiful Photo Copyright: imageBROKER/OleksandrxLatkun ibxole08510880.jpg Bitte beachten Sie die gesetzlichen Bestimmungen des deutschen Urheberrechtes hinsichtlich der Namensnennung des Fotografen im direkten Umfeld der Veröffentlichung!

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Verbraucher wünschen sich Gesetze bei Zuckerreduktion

Der Konsum zuckergesüßter Getränke sei nachweislich ein besonders relevanter Risikofaktor für die Entstehung von Übergewicht, so die Expertin. „Die Bundesregierung muss sich entscheiden: Will sie weiter den Interessen der Hersteller folgen – oder der Mehrheit der Verbraucherinnern und Verbraucher, die sich Regeln und Gesetze bei der Zuckerreduktion wünschen.“ Eine deutliche Mehrheit von 86 Prozent befürworte es laut dem Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, wenn Fertiglebensmitteln weniger Zucker zugesetzt wird und nehmen ein weniger süß schmeckendes Produkt gern in Kauf.

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Eine Steuer auf Zucker sollte aber nicht dazu führen, dass die Hersteller Zucker durch Süßstoffe ersetzen, warnt die Verbraucherzentrale. „Gerade im Kindesalter entwickeln sich Geschmackspräferenzen. Eine starke Süßprägung im Kindesalter kann die Lust auf Zucker im Erwachsenenalter fördern. Eine Umsetzung der Süßgetränkeabgabe in Deutschland sollte Süßstoffe deshalb einbeziehen.“

Auch Peggy Schierenbeck, ernährungspolitische Sprecherin der SPD-Fraktion im Bundestag, sagt: „Die Studie belegt erneut eindrücklich, dass freiwillige Selbstverpflichtungen nicht wirken.“ Es sei Aufgabe des Staates, für gesündere Lebensmittel zu sorgen. Eine Herstellerabgabe bei einer Überschreitung eines Zucker-Grenzwertes von 5 g auf 100 ml sei ein wichtiger Beitrag zur Prävention von Übergewicht. „Wir sollten alle Hebel in Bewegung setzen, die einen Beitrag leisten, Übergewicht und ernährungsbedingte Krankheiten zu vermeiden. Die SPD-Fraktion ist bereit, die Details einer Herstellerabgabe, wie etwa den Umgang mit Süßstoffen, mit den Ampelpartnern zu besprechen.“

Das Bundesernährungsministerium erarbeitet derzeit eine Ernährungsstrategie, die eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise fördern soll. Bestehende Pläne, wie die Reduktionsstrategie für Fertiglebensmittel für Zucker, sollen aufgenommen und fortentwickelt werden. Die Dank verweist darauf, dass das von Cem Özdemir (Grüne) geführte Ministerium in der „Lebensmittelzeitung“ davon gesprochen hatte, auf neue Erkenntnisse aus der Forschung zu warten und diese in die „Positionierung bezüglich einer möglichen Einführung einer Zuckersteuer in Deutschland“ einzubeziehen.

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