Uns droht der grüne Kalte Krieg
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Ein LNG-Terminal in Rotterdam. Auch in Deutschland sollen solche Terminals gebaut werden.
© Quelle: Federico Gambarini/dpa
Frankfurt. Was sind das für Zeiten? In denen die Energiebranche fordert, den nationalen Notfallplan für Gas zu aktivieren. Und in denen zugleich die US-Regierung mit der EU-Kommission an einer Vereinbarung für die Lieferung von verflüssigtem Gas (LNG) bastelt, mit dem der Notfall hierzulande und in anderen EU-Staaten verhindert werden soll. Was da über den Atlantik kommen könnte, ist Schiefergas, das unter höchst umstrittenen Bedingungen gewonnen wird.
Und um den Brennstoff hier anzulanden, sollen jetzt auch noch LNG-Terminals gebaut werden. Die Terminals sind ein gutes Beispiel für das Dilemma, in dem namentlich Wirtschafts- und Klimaschutzminister Robert Habeck (Grüne) steckt. Denn solche Investitionen sind auf mindestens zehn oder sogar 20 Jahre angelegt. Was die Wahrscheinlichkeit stark steigen lässt, dass Erdgas noch viel länger genutzt wird, als es bislang geplant war.
Worauf läuft das hinaus? Ein Erklärungsmuster bietet eine kluge Studie der britischen Versicherung Lloyd‘s, die vor der Invasion vorgelegt wurde, aber aktueller denn je ist. Die deutsche Politik hat bislang so getan, als wolle sie Szenario 1 der Studie (Grüne Globalisierung) umsetzen: Die Staaten konkurrieren mit klimafreundlichen Technologien, was deren Entwicklung beschleunigt und sie schnell billiger macht.
Mit dem Krieg gegen die Ukraine ist das Szenario vom „Grünen Kalten Krieg“ viel wahrscheinlicher geworden: ein verlangsamter Ausstieg aus den fossilen Energien, verknüpft mit einer stark vom Staat finanzierten Entwicklung der grünen Technologien.
Zudem müssten sich dann Staatengruppen wie die EU gegen andere mächtige Akteure, etwa China, abschotten, um die eigenen Industrien zu schützen. Das alles würde die Transformation extrem teuer machen. So etwas braucht dauerhaft massive staatliche Subventionen. Das zeigt: Es lohnt sich, doch noch mal, für die grüne Globalisierung zu werben und zumindest über den Bau von LNG-Terminals nachzudenken. Schließlich gibt es bereits 36 Anlagen in der EU, die keineswegs ausgelastet sind.
Frank-Thomas Wenzel ist Wirtschaftskorrespondent in Frankfurt am Main und Energieexperte des RND. Er schreibt an dieser Stelle im wöchentlichen Wechsel mit Claudia Kemfert, Holger Krawinkel und Kerstin Andreae über den grünen Umbau der Wirtschaft.