Weselsky: „Manager tricksen und täuschen weiter“ - droht eine vierte Streikrunde bei der Bahn?
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Claus Weselsky, Vorsitzender der Gewerkschaft der Lokführer (GDL), steht im Leipziger Hauptbahnhof. Hinter ihm steht ein Zug, der wegen des GDL-Streiks nicht fährt. Ob es eine vierte Streikrunde gibt, ist noch unklar.
© Quelle: Sebastian Willnow/dpa-Zentralbil
Berlin. Die dritte und bislang längste Streikrunde im Tarifkonflikt zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Gewerkschaft deutscher Lokomotivführer (GDL) steht vor ihrem Ende. Ab Dienstag, 2 Uhr, sollen die Züge wieder rollen, nach fünf Tagen Streik im Personenverkehr und sogar sechs im Güterverkehr. Die DB bereitet die möglichst rasche Rückkehr zum Normalbetrieb vor.
Eine Annäherung zwischen den Konfliktparteien gibt es bisher nicht. GDL-Chef Claus Weselsky nannte das aktuelle Angebot der DB am Montag „vergiftet“. Es gelte nur für Lokführer und Zugbegleiter. Weselsky will aber für alle Berufsgruppen verhandeln. „Die Wettbewerber der DB tun das. Sie handeln verantwortungsbewusst und stopfen sich nicht selbst die Taschen voll“, sagte er bei einer Streik-Kundgebung in Berlin.
Die Privatbahnen seien der Beweis dafür, dass Arbeitgeber ihren Beschäftigten die „ordentlichen Lohnerhöhungen zugestehen“.
Droht eine vierte Streikrunde?
Weselsky bleibt dabei: Er sieht keine Grundlage für neue Verhandlungen mit der DB. Auch das verbesserte Angebot, das die Bahn direkt vor Streikbeginn übermittelte, sei unzureichend. Er nannte es „nur eine vorgetäuschte Verbesserung“. GDL-Funktionäre versichern: Ihre Mitglieder seien weiter streikbereit. Laut internen DB-Zahlen die dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) vorliegen, streikten insgesamt rund 7200 Lokführer und rund 2300 Zugbegleiter, Kundenbetreuer und Speisewagen-Personal. Aus dem Bereich Netz beteiligten sich nur 66 Mitarbeiter.
Auch in einer vierten Streikrunde müssten vor allem Lokführer und Zugbegleiter für die Kollegen mitstreiken, in deren Bereichen die GDL bisher kaum Fuß fassen konnte. „Wir streiken alle für ein und dieselbe Zielstellung“, sagte Weselsky bei einem Auftritt am Montag vor dem Berliner Hauptbahnhof. Das sei rechtens, habe das Landesarbeitsgericht in Frankfurt (Main) am Freitag festgestellt.
Das „Lügengebäude aus dem Bahn-Tower“ würde zusammenbrechen, sagte Weselsky. Dafür brauche es Zeit. „Ich muss mir kein neues Denkmal setzen. Das Denkmal steht seit 2015″ - seit dem letzten Streik, als die GDL in insgesamt neun Streikrunden durchsetzte, neben Lokführern auch das Bordpersonal vertreten zu dürfen.
EVG-Chef: GDL vertritt geringen Teil
Der Chef der konkurrierenden Gewerkschaft EVG, Klaus-Dieter Hommel, sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND): „Tatsache ist, dass die GDL nur einen sehr geringen Teil von DB-Beschäftigten vertritt. Unter dem Geltungsbereich des Tarifeinheitsgesetzes verhandelt die GDL für bundesweit 16 Betriebe – nicht mehr und nicht weniger. Es wäre an der Zeit, endlich verlässliche Angaben zu den Mitgliedsdaten offenzulegen.“
Weselsky warf der EVG Unterstützung beim „Lohndumping“ vor. Der GDL hatte die DB Lohnerhöhungen von 3,2 Prozent bei einer Tariflaufzeit von 36 Monaten angeboten. Außerdem stellte sie noch für dieses Jahr eine Corona-Prämie von bis zu 600 Euro in Aussicht. Die GDL fordert eine kürzere Laufzeit von 28 Monaten, die Gültigkeit des Tarifvertrags auch für Neu-Mitglieder und eine Einigung in der Frage der Betriebsrenten. Betrachtet man nur die finanziellen Aspekte, liegen Konzern und Gewerkschaft nicht mehr weit auseinander.
Was steht einer Einigung noch im Wege?
Für die GDL geht es um die Existenz. Laut Schätzung der DB hat die Gewerkschaft nur in 16 von rund 300 Betrieben des Konzerns eine Mehrheit. Unter dem Tarifeinheitsgesetz bedeutet das: Sie kann nur in diesen Betrieben Verträge abschließen. Weselsky will, dass die GDL durch eine entschiedene Tarifpolitik attraktiver für Neumitglieder wird - und der größeren Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) weitere Betriebe abnehmen. Dafür muss er aber bereits jetzt für andere Berufsgruppen verhandeln können.
Die Bahn will das verhindern. Sie wolle die GDL auf ihre Kern-Berufsgruppen beschränken und dieser verweigern, Tarifverträge für die Werkstatt und Verwaltung abzuschließen. Hier würden Grundrechte tangiert, klagt Weselsky. Es solle dauerhaft verhindert werden, dass die GDL die Mehrheit im Betrieb habe. „Und dagegen wehren wir uns“, sagte Weselsky: „Ich muss mich nicht einigen auf 3,2 Prozent, wenn die Bahn uns dauerhaft beschränkt auf Lokführer, Zugbegleiter, Bordgastronomen und damit verhindert, dass wir die Mehrheit im jeweiligen Betrieb tatsächlich auch erreichen können.“