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Anpassung an das Stadtleben

„Das hatte ich noch nie gesehen“: Warum diese Vögel plötzlich Fleisch fressen

Ein Pinseltruthahn, auch Australisches Buschhuhn genannt, läuft in Sydney über Gras.

Ein Pinseltruthahn, auch Australisches Buschhuhn genannt, läuft in Sydney über Gras.

Sydney. Pinseltruthähne sind die älteste Art unter den Hühnervögeln – der sogenannten Ordnung der Galliformes –, zu der Hühner, Fasane und Wachteln gehören. Die Vögel, die nur kurze Strecken fliegen können, sind nicht die schönsten Bewohner Australiens. Anders als die eleganten weißen Kakadus oder die hübschen farbenfrohen Regenbogenloris sind sie eher hässliche Gesellen: Mit einem plumpen Körper, einem dürren Hals und einem zu klein wirkenden Kopf.

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Trotzdem haben die Menschen in Sydney sich an ihren Anblick gewöhnt: Vor allem in den grünen Vororten im Norden der Stadt gehören die Pinseltruthähne inzwischen zum Alltags­bild, wobei sie immer wieder für unangenehme Überraschungen sorgen: So bauen die Männchen gern riesige Nisthügel, die bis zu drei Meter hoch werden und aus zwei bis drei Tonnen Laub bestehen können. In diesen Hügeln, die niemand gern im Garten hat, brüten die Weibchen dann ihre Eier aus.

Erstaunliche Evolution zum Carnivoren

In einem der nördlichen Stadtteile – im Strandvorort Manly – wurde nun eine Gruppe der Vögel dabei beobachtet, wie sie sich ähnlich wie Geier auf den Kadaver eines toten Säugetiers auf der Straße stürzten und mit ihren Schnäbeln große Brocken Fleisch herausrissen und verspeisten.

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John Martin, ein Ökologe, der am Taronga Institute of Science and Learning in Sydney forscht, filmte das erstaunliche Verhalten, bei dem ein dominanter männlicher Truthahn den „Roadkill“ erbittert gegen fünf oder sechs lauernde Konkurrenten verteidigte. „Er schnappte sich buch­stäblich ein Stück blutrotes Steak und verschlang es“, sagte Martin der lokalen Tageszeitung „Sydney Morning Herald“. „Das hatte ich noch nie gesehen.“

Inbegriff des Opportunisten

Normalerweise fressen die Vögel, die auch Buschtruthähne genannt werden, eher Samen, Würmer und Larven. Ab und zu ist vielleicht der eine oder andere Skink dabei, während sie durch das Laub am Boden wühlen – doch Letzteres war bisher eine Ausnahme. Interessant ist, dass die Pinseltruthähne nicht die ersten Vögel in Sydney sind, die sich an den Menschen und das Leben in der Stadt anpassen. Auch die kleinen Regenbogenloris sind bereits beim Fleisch­fressen beobachtet worden, obwohl sie normalerweise typische Samenfresser sind.

Der Verhaltensökologe Darryl Jones, ein Experte für Pinseltruthähne, sagte gegenüber dem „Sydney Morning Herald“, dass er selbst zwar noch nie davon gehört habe, dass sich die Vögel an „Roadkill“, also einem toten Tier auf der Straße, satt fressen würden, doch gleichzeitig meinte er, dass das neue Video ihn auch nicht überrasche: „Einer der Gründe, warum sie so erfolgreich sind, ist, dass sie alles fressen, was sie mit ihren Schnäbeln erwischen können“, meinte er. Die Vögel seien „der Inbegriff eines Opportunisten“.

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Wie sich Vögel an das Stadtleben anpassen

Obwohl sie vom Aussehen vielleicht nicht mit den anderen bildhübschen australischen Vogelarten mithalten können, können sich die Pinseltruthähne auf ihre lange Überlebens­erfolgsgeschichte stützen. So nahmen Forschende sie als Beispiel, als sie versuchten heraus­zufinden, wie Dinosaurier ihre Nachkommen ausbrüteten. Außerdem dienten die Vögel 1999 als Inspiration für die legendäre Dokumentarsendung „Walking with Dinosaurs“ des britischen Senders BBC. „Wenn Sie das Original ‚Walking with Dinosaurs‘ sehen, laufen die T‑Rexe wie Buschtruthähne herum“, sagte Jones. „Sie haben sie einfach gefilmt und dann das Bild des T‑Rex auf den Pinseltruthahn gelegt.“

Der Ökologe Martin hat nun in der Gemeinde gebeten, Sichtungen von Pinseltruthähnen mit seltsamem Fressverhalten in einer App namens Big City Birds App zu melden, die Forschenden hilft, herauszufinden, wie sich einheimische Vögel an das Leben in der Stadt anpassen. Ein weiteres Beispiel für solch eine geschickte Anpassung machte erst im vergangenen Jahr die Runde: Damals fanden Forschende, darunter auch John Martin, heraus, dass die imposanten weißen Kakadus, die in Sydney ebenfalls häufig vorkommen, gelernt haben, Mülleimer aufzuklappen. Im Inneren der Tonnen suchten sie dann nach Essensresten.

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