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Der „Sex and the City“-Effekt: Wie eine Fernsehserie die ganze Modewelt auf den Kopf stellt

In  „Sex and the City“ geht es um mehr als nur um Mode: Es geht um junge, unabhängige Frauen, deren luxuriöser Lifestyle das Ideal der modernen Frau während der Jahrtausendwende widerspiegeln soll.

In „Sex and the City“ geht es um mehr als nur um Mode: Es geht um junge, unabhängige Frauen, deren luxuriöser Lifestyle das Ideal der modernen Frau während der Jahrtausendwende widerspiegeln soll.

Zwischen Dates, Sex, hippen Upper East Side Bars, wahren Freundschaften und einer Menge Drama geht es in „Sex and the City“ vor allem um eines: Mode. Wie die Kultserie die Modewelt völlig auf den Kopf gestellt hat – und es immer noch tut.

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„Sex and the City war eine ganz wichtige Serie für die Mode, weil es auch eine wichtige Serie für die Frauen war“, meint Sabine Resch, Professorin für Modejournalismus an der Akademie Mode & Design München (AMD). „Da kam auf die Bildschirme unserer Wohnzimmer etwas, was die Fashionwelt ganz oben bei der ‚Vogue‘ bereits vorgegeben hatte.“ Wovon Sabine Resch spricht, ist das sogenannte Stil-Sampling. Es meint einen Stilmix, zum Beispiel von Haute Couture und Luxusmode mit Vintage-Teilen oder sportlichen Pieces. Einen ersten ikonischen Look kreierte die Kostümbildnerin der Serie, Patricia Field, mit dem „Tutu-Moment“ von Protagonistin Carrie Bradshaw.

„Sie trägt diesen Tutu-Mini mit einem gerippten Unterhemd. Und das trägt sie auf der Straße in New York, und das spiegelt irgendwo das Leben dieser vier Ladys wider“, erklärt die Expertin. „Sie lebten etwas, was man heute Female Empowerment nennt. Total modern, überaus cool und in dieser ultra-hippen Stadt. Und so wie die lebten, wollten auch andere Frauen leben, und so wollten sie auch aussehen. Das war eine Inspirationsquelle.“ Und so kam es Resch zufolge zu dem Hype der Looks, der Designer und der damit verbundenen ikonografischen Designerteile.

„‚Sex and the City‘ war eine weitere Plattform, eine Spielwiese und eine Traumwelt für Frauen, die sich in den vier Charakteren gespiegelt sehen“, meint Susan Wrschka. Sie ist Designerin und Vizepräsidentin des Verbands Deutscher Mode- und Textildesigner (VDMD). Wirklich gelenkt habe die Serie die Mode der Nullerjahre Wrschka zufolge allerdings nicht. „Die Modewelt hatte bereits ihren Einfluss und ihren Stil.“

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Die Serie soll ein schönes Leben widerspiegeln – und nicht die Realität

Nun findet die Handlung der Serie Wrschka zufolge auch weit entfernt von unseren Vorstellungen in einer Welt von anderer Dimension statt. Ob reiche Erbinnen, Unternehmerinnen oder Influencerinnen: Nicht jede Frau kann sich den Lifestyle der „Sex and the City“-Girls leisten und solch teure Luxusobjekte genießen, die Wrschka als „zeitgemäße Ikonen, Symbole für Geschmack, Reichtum und Strömungen der Zeit“ bezeichnet. Doch die Zeiten haben sich geändert. Inzwischen seien auch Produkte aus zweiter Hand salonfähig geworden. In immer mehr Städten eröffnen sogenannte Secondique-Boutiquen. Teure Markenprodukte würden dadurch auch für durchschnittliche Verbraucherinnen erschwinglich.

Sabine Resch hält den Vorwurf, die Serie und der darin abgebildete Lebensstil seien unrealistisch, für übertrieben. „Am Ende des Tages ist das eine TV-Serie, die unterhält und ein bisschen zum Träumen einlädt“, meint sie. Es ginge ihr zufolge darum, ein fiktives und schönes Leben von Frauen in New York zu zeigen – und nicht um die Realität.

Dass Carrie Bradshaw und ihre Freundinnen dieses Leben leben, sehen viele Frauen weltweit seit jeher trotzdem als Inspiration. „Und dann wollte man eben auch mit Freundinnen Cosmopolitan trinken und eine Tasche, die so aussieht wie die Fendi-Bad“, meint Resch. Die Designerteile wurden dann vor allem mit dem Storytelling der Serie so begehrenswert. „Diese Objekte und Gegenstände sind ikonisch, sie sind Statussymbole und Träume“, erklärt Wrschka.

Wird das Spin-off erneut einen „Sex and the City“-Effekt auslösen?

Doch kann auch das neue Spin-off von „Sex and the City“, das 15 Jahre nach der Serie und mehr als zehn Jahre nach dem zweiten Kinofilm erscheint, ebenfalls einen so großen Hype um Labels und Designerteile auslösen? „Ja, das denke ich auf jeden Fall“, sagt Susan Wrschka. „Die Serie bildet die Frauen von heute ab: Wie sie sind oder sein wollen, wo sie hin wollen, wie sie auftreten und was für Outfits sie dazu anziehen“, meint sie.

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Der Effekt werde allerdings ein anderer sein, prophezeit die Designerin. „Ich bin gespannt was es auslöst.“ Schon allein die Tatsache, dass man Geld in ein Reboot der Serie investiert hat, sei ein Indiz dafür, dass man einen Erfolg und Einfluss erwartet und das Publikum auch marketing-technisch beeinflussen wird. Susan Wrschka persönlich stört das aber nicht: „Ich freue mich schon riesig darauf. Wir ,Fashion Victims’ sehnen uns nach Konsum, durchaus mit nachhaltigen Aspekten. Aber das überlassen wir in erster Linie den Modemachern und Firmen, um mit gutem Gewissen Mode zu genießen.“

Resch schließt hingegen einen erneuten „Sex and the City“-Effekt, wie es ihn zum Serienstart in den Nullerjahren gab, aus. Als die Serie damals anfing, wurde sie plötzlich sehr beliebt, und viele seien überrascht von den neuen Looks gewesen. „Sie wurde so erfolgreich, weil es am Puls der Zeit lag, verschiedene Teile und Stile auch mal zu mischen“, erklärt sie. Nun sei der Look aber schon längst da. „Diesen Knalleffekt kann es nicht noch einmal geben.“ Die Modeprofessorin glaubt jedoch, dass die Serie die Lebenswirklichkeit der Frauen ins 21. Jahrhundert übertragen wird.

Das Interesse an den Looks und Designerteilen ist auch nach zwanzig Jahren sehr groß

Die Styles und Pieces der Darstellerinnen und auch Darsteller der Serie finden auch im Reboot immer noch großen Anklang, bestätigt Victoria Bazalinchuk. Auf ihrem Profil „justlikethatcloset“ teilt die Bloggerin via Instagram die Outfits des Serien-Reboots und sucht gemeinsam mit ihren mehr als 100.000 Followern die Originalteile von großen Labels und auch gewöhnlichen Modeketten.

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Viele Modeschöpfende und ihre Produkte verdanken „Sex and the City“ einen großen Erfolgsschub. So erlangte der italienische Schuhdesigner Manolo Blahnik durch die Serie internationale Bekanntheit, ebenso das italienische Modeunternehmen Fendi. Ob nun auch das Reboot das absolute It-Piece bereithält, bleibt abzuwarten. Doch Victoria Bazalinchuk hat schon eine Vermutung. „Es ist schwer zu beurteilen, da wir noch nicht alle Outfits gesehen haben“, meint sie. Doch mit Blick auf die Reaktionen ihrer Follower sei vor allem ein Kleidungsstück ganz vorn: das „Diana“-Kleid der US-amerikanischen Designerin Norma Kamali.

Sabine Resch findet, dass nicht immer nur der Fokus auf den großen Marken liegen sollte: „Was viele immer vergessen: Ja, es ging um High Heels von Jimmy Choo, es ging um die Baguette Bag von Fendi, es ging um das Brautkleid von Vivienne Westwood. Aber es ging eben auch um ein Rippenunterhemd, das überhaupt keinen Namen hatte, es ging auch um Secondhandmode.“ Darüber hinaus betont sie, dass es in „Sex and the City“ eben nicht nur um die Designerteile an sich geht, sondern auch um das, was sich mit Mode ausdrücken lässt. Sabine Resch hält die Serie für eine Art Postfeminismus: „Selbstbewusstsein, stark sein, seine eigene Frau stehen, selber arbeiten, eigenes Geld verdienen – und dieses dann ausgeben für das, was ich will“, meint sie.

Die Charaktere haben sich verändert - und auch die Mode geht mit der Zeit

Doch hat sich der Modestil nun nach all den Jahren verändert? Schwer zu sagen, findet Bazalinchuk. „Die Serie handelt jetzt von Frauen in ihren Fünfzigern – und ihre Styles haben sich offensichtlich verändert“, meint sie. Trotzdem seien diese noch zeitgemäß: „Ein bisschen Vintage, ein bisschen feminin, ein bisschen maskulin – aber vor allem sind sie bizarr“, meint sie. Auch Wrschka findet nicht, dass das steigende Alter der Darstellerinnen dem Stil irgendetwas abtut. „Wir leben in einer Zeit von gefühltem Alter“, meint sie. Vielmehr seien Carrie und ihre Freundinnen nun „Best Agers“, also Frauen in ihrem besten Alter. Ihren Modestil würde Wrschka daher eher als „Advanced Style“ beschreiben.

Die Modeprofessorin Resch rechnet nicht damit, dass es im Reboot bei den Styles der Darstellerinnen große Neuartigkeiten geben wird. Zwar habe sich der Serienname und auch das Alter geändert, es sind aber noch immer die gleichen Frauen. „Sie entwickeln sich jetzt weiter, aber sie verändern sich nicht völlig“, vermutet sie. „Das fände ich tatsächlich illusorisch und unauthentisch.“ Diese persönliche Entwicklung wird sich dann auch in der Mode widerspiegeln, wie zum Beispiel mit dem ikonischen Tutu-Look.

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Denn auch im Reboot wird es ein Outfit mit einem Tüllrock in Maxilänge geben, statt engem Top trägt Carrie Bradshaw allerdings einen Oversized-Pullover. „Das ist total in gerade, sehr zeitgemäß“, betont Resch. Die Serie sei also durchaus im 21. Jahrhundert angekommen. Ebenfalls auffällig: Die Darstellerinnen tragen in „And just like that“ nicht mehr nur High Heels, sondern oft zum Beispiel Clogs. „Ich würde mir wünschen, dass die Damen auch mal Sneaker tragen würden“, meint Resch. Auch diese seien inzwischen nämlich durchaus salonfähig geworden.

Mit oder ohne Haute Couture und teuren High Heels: Ob das Spin-off auch nur annähernd ein so großer Erfolg wird wie das Original, weiß noch niemand. Doch bei alledem berät uns Carrie Bradshaw mit einem besonders schönen und zeitlosen Fashion-Tipp: „Von Kopf bis Fuß in Liebe gehüllt – denn das ist das einzige Label, das nie aus der Mode kommt!“

Am 9. Dezember startet das Reboot von „Sex and the City“ in Deutschland. Die Miniserie „And just like that“ läuft bei Sky Deutschland.

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