Er flog wie eine Fledermaus: Forscher finden Mini-Flugsaurier

Der neu entdeckte Ambopteryx longibrachium, nachempfunden von den Wissenschaftlern der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking.

Der neu entdeckte Ambopteryx longibrachium, nachempfunden von den Wissenschaftlern der Chinesischen Akademie der Wissenschaften in Peking.

Peking. Sie hatten ungefähr die Größe eines Staren, wogen 200 Gramm, sollen ausgesehen haben wie ein fliegendes Eichhörnchen und Fledermaus-artige Flügel gehabt haben. Diese Minisaurier bevölkerten während der Jurazeit vor etwa 150 Millionen Jahren den Himmel. Das zumindest legt ein Fossilfund im Nordosten Chinas nahe. Das Saurierskelett, das in der Nähe eines Dorfes entdeckt wurde, belege, dass die Saurier während ihrer Entwicklungen mehreren Flugmethoden ausprobiert hätten, von denen allerdings einige in einer evolutionären Sackgasse endeten. Die Studie erschien in "Nature".

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Endgültiger Nachweis

„Dieses Fossil ist der endgültige Nachweis, dass es Dinosaurier mit Fledermausflügeln gab“, sagte der Paläontologe Stephen Brusatte von der Universität Edinburgh, der nicht an der Studie zu der Ausgrabung beteiligt war, gegenüber „Science“.

Wissenschaftler hatten schon zuvor angenommen, dass es eine gewisse Zahl an flugfähigen Sauriern gegeben hatte. Frühe Formen von Vögeln etwa, die während der Jurazeit vor mindestens 150 Millionen Jahren auftauchten und eigentlich Saurier waren. Andere Dinosaurier trugen Federn an ihren hinteren und vorderen Extremitäten, was ihnen praktisch vier vogelgleiche Flügel verlieh.

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2015 dagegen entdeckten Forscher in Chinas Nordwesten einen Saurier, der eher wie eine Fledermaus geflogen sein muss. Das krähengroße Wesen namens Yi Qi (Mandarin für "seltsamer Flügel") hatte anscheinend einen Hautlappen zwischen Körper und Armknochen, der durch stäbchenförmige Knorpel verstärkt wurde. Doch das Fossil, das zu der rätselhaften Sauriergruppe der Scansoriopterygidae (Kletterflügel) gehörte, war unvollständig und schlecht erhalten, so dass sich die These des fledermausartigen Flugs nicht endgültig belegen ließ. "Es gab", so Brusatte, "eine Debatte darüber, ob die Hautfalte wirklich als Tragfläche diente oder zu einem anderen Zweck".

Ambopteryx longibrachium ist eine wissenschaftliche Sensation

Das neue Fossil, das die Wissenschaftler Min Wang, Jingmai O’Connor, Xing Xu und Zhonge Zhou vorstellten, trägt den Namen Ambopteryx longibrachium (der Name ist eine Kombination aus „zweiflüglig“ und „langarm“ und bezieht sich auf die zweite Flugmechanik von Sauriern). Das Alter des kleinen Dino, der bestens erhalten ist, wurde auf 163 Millionen Jahre geschätzt. Gefunden hat ihn ein Bauer, der die Fossile, die er entdeckt, stets an das Institut für Vertebrale Paläontologie der Chinesischen Akademie der Wissenschaften (IVPP) übergibt.

Der neue Fund hat membranartige Flügel wie Fledermäuse – ähnlich denen von Yi Qi. „Es hätte in deine Hand gepasst“, sagt die IVPP-Paläontologin und Studienautorin Jingmai O’Connor gegenüber „Science“. „Ein kleines, bizarr aussehendes Wesen mit vorstehenden Zähnen – das nichts ähnelt, was heutzutage die Erde bevölkert.“

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Selbst der Mageninhalt von Ambopteryx blieb erhalten. Wissenschaftler entdeckten Knochenstücke und kleine Steine, sogenannte Gastrolithen, die moderne Vögel nutzen, um Pflanzen zu zermahlen. Dieser Mageninhalt ist auch ein Hinweis darauf, dass der kleine Saurier ein Allesfresser war. Obwohl das Tier praktisch komplett gefiedert war, glichen die „Federn“ eher einem Flaum und waren nicht zum Fliegen geeignet. Die Paläontologin O’Connor spekuliert, dass die Männchen lange Schmuckfedern am Schwanz hatten, um den Weibchen zu imponieren – so wie andere Kletterflügel-Fossile auch.

Erste detaillierte Fluganalyse

Das komplette Skelett erlaubte den Wissenschaftlern, die erste detaillierte Analyse zum Verhältnis zwischen dem Flügeldesign und dem Flugverhalten bei dieser Saurierart und Vögeln zu erstellen. Dabei wurden die Arm- und Fingerknochen bei jeder Flügelart vermessen und mit statistischen Methoden verglichen. Die Flügel des Ambopteryx, so schreiben die Wissenschaftler in „Nature“, bestanden aus der Verlängerung von Oberarmknochen und Elle.

Vögel hingegen wurden flugfähig, indem sich ihre Mittelhandknochen verlängerten – analog zu unseren Fingern. „Der Großteil der Oberfläche, die bei Vogelflügeln für den Auftrieb sorgt, ist von Federn geformt“, erläutert Jingmai O’Connor. „Bei Fledermäusen, Pterosauriern (fisch- und fleischfressende Reptilien, die ähnliche Flugeigenschaften wie Fledermäuse hatten) und jetzt dem Scansoriopteryx sind es hingegen Hautlappen, die zwischen Skelettelementen gespreizt werden.”

Die amerikanische Paläontologin Jingmai O’Connor, die derzeit in China forscht.

Die amerikanische Paläontologin Jingmai O’Connor, die derzeit in China forscht.

Die Eroberung der Lüfte

Darla Zelenitsky, Paläontologin an der Universität von Calgary in Kanada mit dem Fachgebiet gefiederte Saurier, ergänzt gegenüber „Science“: „Diese Neuentdeckung beweist, das Yi Qi keine anormale Art war, sondern dass es eine ganze Gruppe von Fledermaus-Dinosauriern während der Jurazeit gab, die sich aufmachten, die Lüfte zu erobern.“

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Heute gibt es rund 10.000 Vogelarten, kein einziger Scansoriopteryx überlebte das Ende des Jura. Daraus ließe sich schließen, so O'Connor, dass dieses frühe Flugexperiment wesentlich weniger erfolgreich war. Dennoch ist deren Existenz bemerkenswert, wenn man bedenkt, dass sich während der gesamten Geschichte des Lebens die Flugfähigkeit nur bei ganz wenigen Tiergruppen entwickelt hat.

„Dass die Flugfähigkeit bei den Dinosauriern gleich zweimal entstand, ist wirklich spannend und scheint bei der Wissenschaft noch nicht wirklich angekommen zu sein.” Fest steht jedenfalls eins: „Die Evolution des Fliegens war keine allmähliche Entwicklung vom Saurier zum Vogel“, so Brusatte. „Es ist vielmehr eine Geschichte des Ausprobierens und Rumbastelns.“

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Von Daniel Killy/RND

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