Insekten sind überall, nur das Meer meiden sie – woran liegt das?
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Fühlen sich an Land wohl: Europäische Hirschkäfer laufen über die Rinde einer Eiche.
© Quelle: --/Ukrinform/dpa
Insekten gibt es auf den Kontinenten quasi überall, doch in Meeren kommen sie kaum vor. Eine Theorie zur Ursache schlagen nun japanische Forscher im Fachmagazin „Physiological Entomology“ vor. Grund könnte demnach ein chemischer Mechanismus zur Aushärtung des Panzers sein, der einst das Leben an Land erleichterte – aber im Wasser nicht gut funktioniert.
Insekten und Krebstiere besitzen beide eine ähnliche äußere Stützstruktur, Exoskelett oder auch Kutikula genannt. Doch während Krebstiere auch im Meer zu Hause sind, besiedeln Insekten diesen Lebensraum fast gar nicht. Den Forschern um Tsunaki Asano von der Tokyo Metropolitan University zufolge gingen Insekten der derzeit dominierenden Hypothese nach direkt aus marinen Lebensräumen hervor. Dabei entwickelten sie nach der Theorie der Forscher in Anpassung an das Landleben eine besondere Form der Aushärtung ihrer Panzer.
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Eine zentrale Rolle spielt demnach das Enzym Multikupferoxidase-2 (MCO2), das für seine Funktion auf Sauerstoff angewiesen ist. In der Atmosphäre ist dieser reichlich vorhanden – in Wasser ist der Gehalt wegen der geringen Löslichkeit weitaus geringer. Krebstiere – enge Verwandte der Insekten – nutzen zur Aushärtung hingegen Kalziumionen. Die Verfügbarkeit von Kalzium ist wiederum an Land und im Süßwasser im Vergleich zum Meer begrenzt.
Insekten gehören zu den erfolgreichsten Organismen der Erde
Inzwischen gehörten Insekten aufgrund ihres Artenreichtums, ihrer globalen Biomasse und ihres großen Einflusses auf die Ökosysteme zu den erfolgreichsten Organismen der Erde, schreiben die Forscher. Ein auf Sauerstoff-Härtung basierendes Exoskelett könne an Land entscheidende Vorteile geboten und zu diesem Erfolg beigetragen haben. Ohne MCO2-vermitteltes System wäre die Evolution wohl ganz anders verlaufen, so die Forscher. Sie sind überzeugt: „Ohne MCO2 keine Insekten.“
Zum einen konnten sich die Tiere in terrestrischen Ökosystemen dadurch unabhängig von der Verfügbarkeit von Kalziumionen verbreiten. Hinzu komme, dass das über den MCO2-Mechanismus geschaffene Material im Vergleich viel leichter sei als das von Krebstieren und dabei dennoch – etwa an den Schneidekanten der Mundwerkzeuge (Mandibeln) – ähnlich hart wie der menschliche Zahnschmelz. Der MCO2-Weg habe womöglich erst die Flugfähigkeit von Insekten ermöglicht.
„Man geht davon aus, dass Insekten als erste Tiere fliegen konnten, was ihnen bei der Erschließung neuer Nischen geholfen haben könnte, in die noch keine Konkurrenten eingedrungen waren“, heißt es im Fachmagazin. Und noch vor dem Erwerb der Flugfähigkeit habe sich die leichte Kutikula zum Erklimmen hoher Orte wie etwa hoher Bäume geeignet.
Tracheenatmung kollabiert in großen Tiefen
Zu den wenigen Insekten, die später den Weg zurück ins Meer wählten, gehören den Forscher zufolge die Meerwasserläufer (Halobates), die ihren gesamten Lebenszyklus auf der Meeresoberfläche durchleben. Zudem gebe es einige marine Mücken.
Als ein Hauptgrund für so wenige Insektenarten im Meer galt bisher, dass die Tiere über ein großflächiges Röhrensystem im Körper, die Tracheen, atmen – die wie unsere Lungen auf gasförmigen Sauerstoff angewiesen sind. Einige Arten etwa in Tümpeln behelfen sich mit der Mitnahme von Sauerstoffbläschen. In großen Tiefen allerdings würde das System kollabieren.
Die Forscher um Tsunaki Asano halten es für wahrscheinlicher, dass die MCO2-vermittelte Kutikulabildung der Hauptgrund für die fehlende Durchsetzungsfähigkeit im Meer ist: Krebstiere könnten ihre Kutikula dort mithilfe von Kalzium effizienter bilden und dominierten die Lebensräume daher. Gestützt werde diese Annahme dadurch, dass beide Gruppen nebeneinander leben, wenn sowohl Sauerstoffmangel als auch Kalziummangel herrschen: in Süßwasser-Lebensräumen. Dort könne keine Gruppe die andere verdrängen.
RND/dpa