Niederländische Nachwuchsforscher: „Masken werden auf Jahrhunderte eine Gefahr für Tiere darstellen“
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Auke-Florian Hiemstra und Liselotte Rambonnet untersuchen von Leiden in den Niederlanden aus die Auswirkungen von Corona-Müll auf die Tierwelt.
© Quelle: Alexander Schippers
Leiden. In der Corona-Pandemie greifen die Menschen weltweit auf neue Hilfsmittel zurück, um sich zu schützen. Das prominenteste Beispiel sind sicherlich die Gesichtsmasken, ohne die seit einem Jahr kaum noch etwas geht. Schätzungen zufolge werden jeden Monat mehr als 100 Milliarden Masken weltweit verbraucht – und sie alle brauchen nach Schätzung der Umweltorganisation Greenpeace 450 Jahre, um zersetzt zu werden. Sehr viel Zeit also, in der der Corona-Müll die Umwelt beeinflussen kann.
Wie das passiert, erforschen die Biologen Auke-Florian Hiemstra vom Naturalis Biodiversity Center und Liselotte Rambonnet von der Universität in Leiden (Niederlande). Ihre Befunde, die im niederländischen Wissenschaftsjournal „Animal Biology“ erschienen sind, zeigen: Bereits jetzt stellen Masken, Plastikhandschuhe und andere Corona-Gebrauchsgegenstände für verschiedenste Tierarten eine große Gefahr dar. Im RND-Interview erklären die beiden jungen Wissenschaftler, warum Wild- und Haustiere gleichermaßen betroffen sind und was jeder Einzelne tun kann, um die Umwelt vor dem Corona-Müll zu schützen.
Wie sind Sie auf das Forschungsfeld „Corona-Müll und seine Auswirkungen auf die Tierwelt“ gestoßen? Gab es ein ausschlaggebendes Erlebnis?
Es begann während einer unserer regelmäßigen Aufräumaktionen in den Kanälen von Leiden. Die Helfer fanden einen Latexhandschuh, in dem sich ein Barsch verfangen hatte und verendet war. Kurz danach beobachteten wir, dass Blässhühner Gesichtsmasken und Handschuhe in ihren Nestern verbauten. Daraufhin begannen wir, online nach Hinweisen auf Wechselwirkungen zwischen diesen Abfällen und Tieren zu suchen.
Wie wirkt sich der Abfall, der durch die Corona-Pandemie anfällt, bereits jetzt auf die Tierwelt aus?
Corona-Abfälle, Gesichtsmasken und Handschuhe beeinflussen weltweit ganz verschiedene Arten: Tiere werden eingewickelt, verfangen sich, verschlucken den Müll und benutzen ihn als Nistmaterial. Dafür haben wir Spuren auf dem Land, in Süß- und Salzwasserlebensräumen gefunden. Wir haben Fälle von Füchsen, Igeln, Möwen, Krebsen und Fledermäusen ausfindig gemacht – und nicht nur bei Wildtieren: Auch Katzen und Hunde verschlucken Masken und Handschuhe. Das kann lebensgefährlich für die Tiere sein.
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© Quelle: Sandra Denisuk
Wie lange werden diese Auswirkungen bestehen bleiben?
Einmalmasken werden Hunderte von Jahren brauchen, um sich zu zersetzen. Wir müssen davon ausgehen, dass sie in den kommenden Jahrzehnten, vielleicht sogar für Jahrhunderte, Tieren schaden werden.
Gibt es Erkenntnisse, die Sie erschüttert haben?
Der Fund eines toten Pinguins an einem Strand in Brasilien war schockierend. Es war unser erster Befund, dass Wildtiere sich nicht nur in Corona-Müll verfangen oder ihn als Nistmaterial benutzen, sondern ihn auch verschlucken und daran sterben können.
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Rembonnet und Hiemstra zeigen ein Vogelnest, in dem Masken verbaut wurden.
© Quelle: Alexander Schippers
Welche Schlüsse müssen wir aus den Ergebnissen Ihrer Forschung ziehen?
Unser Einmalmaskenverbrauch schadet Tieren und wir müssen vorsichtiger und umsichtiger werden. Eine Möglichkeit wäre, verstärkt auf wiederverwendbare Masken zu setzen.
Wie kann man Ihre Arbeit am Verständnis der Auswirkungen von Corona-Abfällen auf die Natur unterstützen?
Bislang haben wir nur die Spitze des Eisberges erkundet. Unsere Recherchen beschränken sich bisher auf Beobachtungen, die auf Englisch oder Niederländisch im Internet geteilt wurden. Das möchten wir nun ausweiten. Jeder, der bemerkt, wie sich Corona-Müll auf die Tierwelt auswirkt, kann seine Beobachtung unter www.covidlitter.com eintragen. Machen Sie ein Foto und teilen Sie es mit uns. Jeder Beitrag hilft uns, zu verstehen, welche Folgen die Corona-Pandemie für Tiere hat.