Paartherapeut erklärt: Auch Freundschaften sind manchmal toxisch
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In toxischen Freundschaften kommt es zu Manipulationen und unfairem Verhalten.
© Quelle: Katarzyna Grabowska/Unsplash
Kaum hat man die Beziehung hinter sich und diese als toxisch erkannt, beschleicht einen oft das Gefühl, nur noch von toxischen Menschen umgeben zu sein. Besonders schmerzlich kann diese Erkenntnis werden, wenn es auch Freundschaften betrifft. Gerade nach Trennungen braucht man seine Freunde besonders. Da zeigt sich dann, auf wen man zählen kann oder eben nicht.
Ich würde behaupten, dass sich in Freundschaften toxische Muster erst sehr viel später zeigen als in Beziehungen. Durch die meist geringere Intensität verlangsamt sich die toxische Dynamik. Dennoch zeigt sich mit der Zeit, dass die freundschaftliche Beziehung ebenfalls nicht dazu beiträgt, sich gut zu fühlen. Sie kann sogar zu einer echten Belastung werden.
Toxische Freundinnen und Freunde erkennen
Wenn Freundinnen und Freunde sich toxisch verhalten, sollte man das Gespräch suchen und deutlich machen, was das Verhalten in einem auslöst. Meiner Erfahrung nach sollte man aber nicht zu viel von solchen Gesprächen erwarten. Die toxischen Verhaltensweisen verändern sich in der Regel nicht durch Ansprache von außen.
Die Toxizität in Freundschaften zeigt sich besonders in der Einseitigkeit der Beziehung. Einer ist deutlich mehr für den anderen da und erlebt andersherum, dass er nicht gleichermaßen auf diesen zählen kann, wenn er ihn braucht. Auch bleiben in toxischen Freundschaften, ähnlich wie in toxischen Partnerschaften, oft Entschuldigungen aus. Nicht selten bekommt man stattdessen selbst Vorwürfe und ist schuld daran, dass der andere sich falsch verhalten hat.
Emotionale Erpressung und Manipulation
Ganz unangenehm wird es, wenn man sich zudem auf subtile oder auch sehr direkte Art und Weise beleidigen lassen muss. Auch illoyales Verhalten und Lästereien gegenüber Dritten verstärken das unangenehme Gefühl. Eifersucht und Besitzansprüche sind weitere Themen in diesen Freundschaften. Der toxische Part spannt Freund oder Freundin komplett für sich ein. Man wird von anderen Freunden und Freundinnen regelrecht isoliert und hat nur noch für eine Person da zu sein.
Das kann dann mit emotionaler Erpressung einhergehen. Dabei wird auch vor Manipulation nicht zurückgeschreckt. Ich tue etwas für den anderen zum Beispiel nur, weil ich dafür etwas zurückerwarte. Natürlich gibt es auch in diesen Freundschaften gute Momente und angemessenes Verhalten. Genau dieser Wechsel im Verhalten führt dazu, dass man über vieles hinwegsieht, dann aber doch immer wieder von grenzüberschreitenden Verhaltensweisen überfahren wird.
Tipp vom Paartherapeuten: Weniger, aber dafür echte Freunde haben
Freundschaften, die von diesen Themen geprägt sind, können einen genau wie toxische Beziehungen völlig kaputt machen. Wenn allerdings alles gleichzeitig wegfällt, die toxische Beziehung und die toxische Freundschaft, kann es sich besonders schlimm anfühlen – aber irgendwann auch sehr befreiend. Mein Konzept von Standards und Dealbreakern lässt sich auf alle Beziehungen übertragen. Wir müssen uns also auch in unseren Freundschaften fragen, worüber wir hinwegsehen können und was sich mit unserer Vorstellung von Freundschaft nicht vereinbaren lässt.
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Die Pandemie und wir
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Durch Corona müssen wir seit über einem Jahr unsere sozialen Kontakte deutlich minimieren. Wir schauen nun also noch einmal genauer hin, mit wem wir unsere Zeit verbringen. Wer tut uns gut und wer nicht? Es ist also auch eine gute Zeit, um sich endgültig von Menschen zu trennen, die uns vom Weg abbringen. Im besten Falle haben wir nach dem Ende der Pandemie dann deutlich weniger, aber dafür nur noch echte Freundinnen und Freunde.
In der Kolumne „Auf der Couch“ schreiben wechselnde Experten zu den Themen Partnerschaft, Achtsamkeit, Karriere und Gesundheit. Der Autor und seine Kurse sind zu erreichen über www.liebeschip.de. Sein neues Buch „Vom Opfer zum Gestalter – Raus aus toxischen Beziehungen, rein ins Leben“ ist in allen Buchhandlungen erhältlich.