Plötzlich Ferien: Was Eltern mit ihren Kinder in Corona-Quarantäne unternehmen können
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Wenn Kinder nicht aus dem Haus dürfen, können Eltern mit ihnen kleine Pappmaché-Kunstwerke basteln. Aus Papier, Kleister und Luftballons entstehen dann beispielsweise Masken.
© Quelle: Mascha Brichta/dpa-tmn
Hannover/Berlin. In vielen Bundesländern sind die Schulen und Kitas geschlossen. Der Großteil der Kinder dürfte sich zunächst über die “Extra-Ferien” freuen, jedoch kann es zu Hause nach einiger Zeit auch ziemlich öde werden – besonders für die Familien, die unter Quarantäne stehen und das Haus nicht verlassen dürfen. Eltern stehen vor der Herausforderung, ihre Kinder in dieser außergewöhnlichen Situation zu betreuen und die Zeit für sie angenehmer zu gestalten. Nur wie?
Wie erklären Eltern ihren Kindern die Corona-Krise?
“Ferien” hin oder her: Nicht jedes Kind reagiert mit Freude auf die Schulschließungen. Die Corona-Krise kann auch bei ihnen zur Belastung werden und zu Verunsicherungen führen, informiert die Bundesregierung. Die möglichen Folgen: Der Appetit und die Konzentration lassen nach, Schlafroutinen ändern sich, sie reagieren müde oder gar gereizt. “Versuchen Sie, für Ihr Kind da zu sein. Oft ist es schon eine große Hilfe, wenn eine vertraute Bezugsperson in der Nähe ist”, rät die Bundesregierung. Eltern sollen mit ihren Kindern demnach über die aktuelle Situation reden, aufmerksam zuhören und auch dann geduldig sein, wenn das Kind zum wiederholten Male über ihre Eindrücke berichten.
Zudem wird empfohlen, dem Kind altersgerechte Fakten und Informationen zu geben. Dazu gehöre auch, ehrlich zu sein: Mütter und Väter sollten dem Nachwuchs erklären, warum sie nicht ihre Freunde oder Großeltern besuchen können. Auch Fragen, die das Kind hat, sollten immer ehrlich beantwortet werden – also auch dann, wenn man die Antwort nicht weiß. “Wenn Sie gestresst oder besorgt sind, verheimlichen Sie Ihre eigene Betroffenheit nicht, sondern sprechen Sie offen darüber", emphielt die Bundesregierung. Das helfe dem Kind zu verstehen, warum ihre Eltern so besorgt reagieren.
Wie können Eltern ihre Kinder vor Stress und Panik bewahren?
Wichtig ist auch, dass Eltern ihren Kindern gegenüber eine positive Einstellung ausstrahlen statt zu motzen und über alles zu nörgeln. “Versuchen Sie, das Schöne zu sehen. Etwa: Ich habe endlich mal Zeit, meinem Kind beim Spielen zuzusehen. Das ist doch wunderbar”, sagt die Erziehungsexpertin und Buchautorin (“Erziehen ohne Schimpfen”) Nicola Schmidt. Wer kleine schöne Dinge im Alltag beobachtet, sollte das auch seinen Kindern gegenüber kommunizieren – etwa “Guck mal, die Pflanze bekommt eine neue Blüte” oder “Schau, da vor dem Fenster! Siehst du den kleinen Piepmatz? Wo der wohl sein Fressen findet?”.
Was kann Kindern in der Quarantäne-Zeit helfen?
“Am Anfang ist sicher das Bedürfnis da: Jetzt schlafen wir alle mal richtig aus”, sagt Schmidt. Gleichzeitig warnt sie davor, dass man auf Dauer alles schleifen lässt, abends ewig aufbleibt und bis mittags schläft. “Nach drei Tagen sollte damit Schluss sein”, rät Schmidt.
Kinder brauchen in der aktuellen Situation vor allem eines: Struktur. Wenn die Schule oder Kita ausfällt, gerät oft auch die Tagesstruktur durcheinander. Denn die innere Uhr spielt verrückt - gerade bei Kindern. Sie drehen dann nachts auf und wollen spielen oder fordern Bespaßung. “Zudem braucht das Gehirn Struktur, das kennt man aus der Forschung über Schiffbrüchige”, sagt Schmidt. Es sei erwiesen, dass Menschen mit angemessener Tagesstruktur Ausnahmesituation besser meistern. Feste Essenszeiten, Zeiten zum Spielen oder Lernen und ein geregelter Schlafrhythmus kann Kindern enorm helfen. “Auch feste Zeiten, sich über die aktuelle Situation zu informieren, können dazugehören”, rät die Bundesregierung.
Was können Eltern mit ihren Kindern unter Corona-Quarantäne unternehmen?
Die eigentliche Frage, über die sich viele Eltern in diesen unerwarteten Schulferien den Kopf zerbrechen: Was unternehme ich mit meinem Kind in der Quarantänezeit? Auch wenn die Versuchung groß ist: “Parken Sie Ihr Kind nicht zwei Wochen lang vor irgendeinem Bildschirm!”, warnt Schmidt, die selbst zweifache Mutter ist. “Denn die Kinder können diesen Stress in den eigenen vier Wänden ohne Tobemöglichkeit draußen nur schlecht abbauen und sie drehen immer mehr auf.” Stattdessen empfiehlt Schmidt gemütliches Vorlesen: “Sorgen Sie jetzt schon für gute Bücher”, rät die Expertin zur Vorbereitung auf einen möglichen Quarantänefall.
Die unvorhergesehene Familienzeit sei auch wie gemacht für gemeinsames Spielen. “Eltern sollten sicherstellen, dass Spielzeug im Haus ist, das mehrere Funktionen hat”, rät Schmidt. Am besten etwas zum Bauen wie Plastik- oder Holzbauklötzchen oder erweiterbare Eisenbahnanlagen. “Es lassen sich aber auch schöne viele Dinge bauen aus Pappkartons oder Klopapier-Pappröhrchen, etwa ein Piratenschiff mit Ferngläsern, Autorampen oder Puppenhäuser", schlägt Schmidt vor.
Auch Masken basteln könne eine Möglichkeit sein – mit Pappmaché aus Zeitungen und Kleber. “Wichtig ist, dass die Kinder ein sichtbares Ergebnis sehen. Nur das garantiert einen Dopamin-Ausstoß, der uns alle abends zufrieden ins Bett fallen lässt”, erklärt die Expertin.
Während der Quarantäne ist der Spielplatz oder Spielen im Freien ausgeschlossen. Wichtig sei der Bundesregierung zufolge, dem Kind Bewegung in den eigenen vier Wänden zu ermöglichen. Helfen könnten beispielsweise Zimmertrampoline, Gummitwist oder Springseile. Denn durch Bewegung könne auch Anspannung und Stress abgebaut werden.
Wie können Eltern ihre Kinder zuhause zum Lernen motivieren?
Noch ist es schlecht abzusehen, wann Schulen und Kitas wieder öffnen können. Wenn es aber soweit ist, könnten Kinder Probleme damit haben, wieder in den Schulalltag und in den Lernstoff hineinzufinden. Das lässt sich vermeiden, indem Eltern ihre Kinder auch in der Quarantäne zum Lernen ermutigen. Sofern es möglich ist, sollten Eltern bei den Lehrkräften oder der Schule nachfragen, welchen Stoff sie mit dem Kind wiederholen und lernen können, rät Ilka Hoffmann. Sie leitet im Vorstand der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft den Bereich Schule. So geballt wie in der Schule müssen Eltern das Lernen zu Hause nicht gestalten. “Besser ist es das Lernen über den Tag zu verteilen”, rät Hoffmann – und dabei genügend Pausen einzubauen.
“Eltern können den Schulunterricht nicht simulieren”, sagt Maresi Lassek, Bundesvorsitzende des Grundschulverbandes. Dennoch sei es wichtig, den Tag durch feste Abläufe zum Beispiel für das Aufstehen und für Mahlzeiten wie gewohnt zu strukturieren. Auch klare Absprachen für Zeiten zum Lernen helfen. Am besten gestalten Eltern das Lernen anschaulich und spielerisch, empfiehlt Hoffmann – damit die Kinder nicht auf die Uhr schauen, sondern Spaß an der Sache haben und motiviert sind. Für Grundschulkinder empfiehlt Lassek auch Gesellschaftsspiele: “Dabei können Kinder viel lernen – etwa Ausdauer, Regelverhalten, Konzentration.” Beim Bauen und Konstruieren stärken Kinder ihre Feinmotorik, Geduld, Wahrnehmung und ihr technisches Verständnis.
Ist es sinnvoll, mit seinen Kindern einen Großputz zu erledigen?
Und wenn Eltern während einer Isolationszeit auf die Idee kommen, das ganze Haus zu putzen oder den Keller auszumisten? "Dann sollten sie das schlau anstellen", sagt Schmidt. Wer anordnet: "Jetzt wird der Keller ausgeräumt und du hilfst", habe schon verloren. Besser sei als Ansatz: "Ich weiß, dass im Keller noch altes Spielzeug ist. Kannst du dich noch an das grüne Männchen erinnern? Lass uns doch mal schauen."
Beim "nur mal schauen", mache man dann ständig neue Entdeckungen: "Guck mal hier... und hier. Erinnerst du dich noch? Damit hast du mal... Ach, war das schön..." Dieses Prinzip helfe beim Bad säubern: "Schau mal, wie toll man mit der Sprühflasche Schaum verschießen kann. Du darfst jetzt mal die ganze Wanne einschäumen." Das klappe auch in der Küche: "Jetzt machen wir Eischnee. Und du darfst es schaumig schlagen. Mal sehen, ob du es schaffst, es so dick zu kriegen, dass du dir es über den Kopf hältst und nichts tropft raus."
Doch Nicola Schmidt warnt: “Bitte diese Tätigkeiten nicht überziehen! Sie können das Kind nicht sechs Stunden im Keller ackern lassen. Bei 3-Jährigen muss nach 15 Minuten Schluss sein, bei 11- bis 12-Jährigen sollte es auch spätestens nach zwei Stunden “Ende Gelände” heißen.”
RND/bk/dpa