„Sex and the City“-Comeback: Wie sich mein Blick auf die Serie veränderte, als ich selbst älter wurde

Von links: SATC-Darstellerinnen Cynthia Nixon (Miranda Hobbes), Sarah Jessica Parker (Carrie Bradshaw) und Kristin Davis (Charlotte York). Kim Catrall (Samantha Jones) wird in den neuen Folgen nicht mehr zu sehen sein.

Von links: SATC-Darstellerinnen Cynthia Nixon (Miranda Hobbes), Sarah Jessica Parker (Carrie Bradshaw) und Kristin Davis (Charlotte York). Kim Catrall (Samantha Jones) wird in den neuen Folgen nicht mehr zu sehen sein.

Als 1998 die erste Staffel von „Sex and the City“ (SATC) erschien war ich 18 Jahre alt, die Hauptfigur Carrie Bradshaw war 32. Ich fand die Serie unterhaltsam und lustig, mehr aber auch nicht. Mit Carrie und ihren Freundinnen hatte ich wenig gemeinsam. Sie lebten in New York, ich in einer Kleinstadt im Ruhrgebiet. Ich war Spätzünderin, die vier hatten jede Folge mindestens einen neuen Mann. Der Alltag und auch das Sexleben der vier erschienen mir zutiefst unrealistisch.

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Trotzdem habe ich mir „Sex and the City“ gerne und oft angesehen. Beim Videoabend mit Freundinnen oder alleine – die Serie war der beste Trost bei Liebeskummer. Ich habe Lieblingsfolgen und -szenen und kann manche Dialoge mitsprechen. Sechs Staffeln lang bin ich dem Leben der New Yorker Kolumnistin Carrie gefolgt und dem ihrer drei besten Freundinnen: der burschikosen Anwältin Miranda, der braven Galeristin Charlotte und der sexhungrigen Eventmanagerin Samantha.

Die Serie galt damals als fortschrittlich, allein deshalb, weil es neu war, dass Frauen so offen über Sex sprachen. Und weil die Hauptfiguren coole und erfolgreiche Singlefrauen waren. Doch aus heutiger Sicht ist das Frauenbild von SATC alles andere als modern. Die Hauptdarstellerinnen spiegeln ein schwer erreichbares Schönheitsideal wider, haben gestählte Körper und sind fast immer perfekt gestylt. Ja, sie haben alle Topjobs, doch das scheinbar einzige Hobby der vier ist Dating und die Suche nach „Mr. Right“ oder in Carries Fall „Mr. Big“.

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„Sex and the City“ „nicht sehr feministisch“

Als Maßstab für die Darstellung weiblicher Figuren in Filmen hat sich der sogenannte Bechdel-Test durchgesetzt, der von der amerikanischen Comiczeichnerin Alison Bechdel erfunden wurde. Um den Test zu bestehen, muss in einem Film mindestens eine relevante Unterhaltung zwischen zwei Frauen stattfinden, in der es um etwas anderes als einen Mann geht. „Sex and the City“ würde den Test wahrscheinlich nicht bestehen, sagte Bechdel einmal gegenüber der „Huffington Post“. Sie sagte aber auch: Sie sei trotzdem der größte Fan. Auch Candace Bushnell, die mit einer Zeitungskolumne für den „New York Observer“ einst die Vorlage zu „Sex and the City“ schuf, sagte kürzlich, sie halte die Serie „nicht für sehr feministisch“. Gegenüber der „New York Post“ warnte Bushnell sinngemäß davor, die Suche nach einem Mann zum Lebensziel zu erklären und sich von Männern abhängig zu machen. „Sex and the City“, so Bushnell, sei eben Unterhaltung, Menschen sollten aber nicht ihr Leben danach ausrichten.

Je mehr ich mich dem Alter der Serienfiguren annäherte, desto besser konnte ich ihre Probleme und Sorgen und auch ihre Träume verstehen.

Als zeitgemäßere Version oder Nachfolger von SATC wird oft die HBO Serie „Girls“ angesehen, deren erste Staffel im Jahr 2012 herauskam. Auch bei „Girls“ geht es um vier New Yorker Freundinnen. Sie sind aber deutlich jünger als die Figuren aus „Sex and the City“ und sind anders als diese oft joblos und haben Mietschulden. Die Hauptdarstellerin Lena Dunham, die gleichzeitig die Autorin der Serie ist, hat Normalfigur und zeigt sich damit oft nackt.

„Girls“ fehlt der Wohlfühlfaktor von „Sex and the City“

„Girls“ ist schräger, abgedrehter, viel, viel lustiger und tatsächlich moderner als „Sex and the City“. Weil auch psychische Probleme kein Tabu sind, kommt man den Charakteren viel näher, der Humor ist intelligenter und auch das Thema Sex wird um einiges authentischer behandelt. Als role model würde ich aber auch hier keine der Protagonistinnen sehen, dafür sind sie leider viel zu labil und neurotisch.

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„Girls“ ist großartige Unterhaltung. Aber es fehlt dabei manchmal der Wohlfühlfaktor von „Sex and the City“. Ja, Carrie, Samantha, Miranda und Charlotte sind vielleicht nicht alle Vorzeigefeministinnen und leben in einer künstlichen Filmwelt der Reichen und Schönen. Die Serie arbeitet mit Klischees und wirkt im Vergleich zu „Girls“ weniger authentisch und etwas aus der Zeit gefallen.

Als Frau oft mit Schubladendenken konfrontiert

Das heißt aber nicht, dass sie in ihrer Gänze oberflächlich wäre oder uns nicht auch heute noch etwas zu sagen hätte. Ich habe das gemerkt, als ich selbst älter wurde. Je mehr ich mich dem Alter der Serienfiguren annäherte, desto besser konnte ich ihre Probleme und Sorgen und auch ihre Träume verstehen. Auch die Zahl ihrer Sexpartner (bei Hauptfigur Carrie sind es insgesamt 18) kann mich heute nicht mehr schockieren. Die vier „Sex and the City“-Heldinnen genossen ihr Leben, ganz ohne Bausparvertrag, Mann und Kinder. Doch dieses Lebensmodell mussten sie gegenüber sich selbst und anderen immer wieder rechtfertigen. Denn sie gingen langsam aber sicher auf die 40 zu.

Mit Vorhaltungen zu dieser Lebensweise wird in der Serie nicht gespart. Weil Carrie zu spät zu einem Fotoshooting erscheint, landet sie aus Rache nicht nur ungeschminkt und verkatert auf dem Cover einer Zeitschrift. Sondern wird in einem Artikel auch noch exemplarisch als unglücklicher, alternder Single dargestellt. „Single sein hat mit 20 Spaß gemacht, aber man möchte solche Frauen fragen, wie viel Spaß sie mit 40 noch beim Ausgehen haben werden“, schreibt ein gehässiger Journalist.

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Fast jede Frau in diesem Alter wurde schon einmal mit solchem Schubladendenken konfrontiert, auch ich. Ein Kollege von mir gab mir zum Beispiel einmal ernsthaft zu bedenken, alleinstehende Frauen über 40 seien „doch gesellschaftlich isoliert“. Der abwertende Blick auf Singlefrauen ab einem bestimmten Alter, der Männern meist erspart bleibt – er ist auch 20 Jahre nach Serienbeginn noch Realität. „Sex and the City“ greift das zugespitzt auf und rüttelt dabei auch am Ideal Beziehung und der Vorstellung, dass Paarsein immer die besser Alternative sei. Scheinbare Vorzeigepaare im Bekanntenkreis der vier Hauptfiguren entpuppen sich regelmäßig als das genaue Gegenteil. Und Carrie macht schweren Herzens Schluss mit Aiden: Einem Mann, der sie zwar auf Händen trägt, aber auch einengt.

Samantha feiert „Ich bekomme kein Baby“-Party

Immer wieder sind auch Grundkonflikte Thema, die zwischen Paaren mit klassischem Familienmodell und Singlefreunden auftreten können. Da sind die „Baby-Showers“ (Babypartys), die sämtliche Schwangere im Bekanntenkreis von Carrie und Co. ausrichten und bei denen sie von ihren kinderlosen Freundinnen das Erscheinen mit großzügigen Geschenken erwarten. Für Carrie, Miranda und Samantha die reine Horrorshow, da diese Babypartys stets von spießigen Übermüttern aus der Vorstadt besucht sind. Samantha kontert einmal mit einer „Ich bekomme kein Baby“-Party, um sich selbst und ihr Leben zu feiern, so wie es ihr gefällt.

Den Brauch der „Baby-Shower“ gibt es mittlerweile auch in Deutschland. Ich war einmal eingeladen und gebe zu, ich bin nicht hingegangen. Zwar habe ich mich für meine schwangere Freundin gefreut, aber für diesen Brauch fehlte mir das Verständnis und ich hatte schlichtweg keine Lust, dafür eine längere Fahrt zu unternehmen. Vielleicht auch wegen dem abschreckenden „Sex and the City“-Beispiel.

Die Idee von Samanthas „Kein-Baby“-Party gefiel mir besonders gut. Denn Paare lassen sich feiern, nicht nur zur Geburt ihrer Kinder, sondern auch bei der Hochzeit. Als Single, der noch dazu im Ausland lebt, fände ich es unglaublich schön, wenn all meine guten und alten Freunde auf einmal und nur für mich anreisen würden. Würden sie sich freinehmen, in Hotels einmieten, mich originell beschenken, einfach so? Wahrscheinlich müsste ich dafür doch erst noch heiraten.

Keine Singles aus Überzeugung

Miranda und Charlotte werden schließlich selbst Kinder haben, wobei sich nur Charlotte damit einen lange gehegten Traum erfüllt. Alle Heldinnen haben schließlich auch eine feste Beziehung – ein Verrat an der Botschaft, dass man auch als Single glücklich sein kann? Nicht unbedingt. Die Serienheldinnen haben auch ohne feste Partner ihr Leben genossen. Zumindest drei der vier Hauptfiguren waren jedoch nie Singles aus Überzeugung. Sie hatten nur einfach das beste aus dieser Zeit gemacht. Und dabei erkannt, dass auch Freundinnen, wie sie es sind, ihre gegenseitigen Soulmates sein können, ihre Seelenverwandten. So sagt es Charlotte in einer Folge.

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Außerdem ist „Sex and the City“ mit dem Ende der sechsten Staffel ja noch nicht auserzählt: Im danach erschienenen Film platzt Carries Hochzeit. Samantha entscheidet sich gegen Smith, als sie erkennt, dass das klassische Beziehungsmodell ihr nicht entspricht. Und bei Miranda und Steve gibt es Eheprobleme, sie machen sogar eine Paartherapie.

In der neuen Staffel sind die Freundinnen in den 50ern und damit nun wieder älter als ich. Ich möchte sie mir unbedingt ansehen, denn ich möchte wissen, was passiert ist und wie sich die SATC-Heldinnen in dieser Lebensphase zurechtfinden. Und ich werde mir die Folgen wahrscheinlich ein zweites Mal anschauen – wenn ich selbst 50 Jahre alt bin.

Die neue Staffel von „Sex and the City“ mit dem neuen Titel „And just like that“ startet am 9. Dezember und ist in Deutschland beim Pay-TV-Anbieter Sky zu sehen.

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