Staub: winzige Teilchen mit großem Störfaktor
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Staub finden die meisten Menschen lästig und nicht faszinierend.
© Quelle: Andrey Popov - stock.adobe.com
Hausstaub ist eine wunderliche Materie. Für die meisten Menschen sind die winzigen Teilchen und Flusen, die sich gern zu stattlichen „Wollmäusen“ zusammenballen, ein Graus: Der Kampf gegen die fluffigen Ablagerungen, die mit Dreck und mangelnder Hygiene gleichgesetzt werden, lässt sich niemals gewinnen. Denn Staub begleitet den Menschen immer und überall. Selbst bei geschlossenen Fenstern dringen von außen Erd-, Holz- und Rußpartikel in die Räume. Auch die Hausbewohner selbst tragen durch Haare, Hautschuppen und Kleiderfusseln zu den Staubschichten bei. Für Wissenschaftler ist die Materie ein faszinierendes Forschungsfeld. Das Konglomerat unterschiedlicher Partikel lässt Rückschlüsse auf Umwelt, Lebewesen und ihre Gewohnheiten zu.
Rückschlüsse auf Umwelt und Lebewesen
Alle paar Jahre wertet das Umweltbundesamt (Uba) volle Staubsaugerbeutel aus Hunderten von Haushalten in Deutschland aus. „Darin findet sich ein Sammelsurium von Partikeln, etwa Plastikabrieb, Haare, Hautschuppen, Schimmelsporen, Hausstaubmilben und deren Kot, Pollen, Humus und Mineralien“, berichtet UBA-Forscher Wolfram Birmili. Beim Vergleich der Analysen lassen sich über die Jahre Veränderungen ablesen, die Basis wertvoller Erkenntnisse sind. Zum Beispiel konnten Wissenschaftler sehen, dass die Belastung mit bedenklichen Phthalaten, die als Weichmacher dienen, zurückgegangen ist. Doch schon die Aufzählung all der unterschiedlichen Bestandteile von Hausstaub macht deutlich: Die Substanzen, die sich in der grauen Masse ansammeln, sind alles andere als gesund. So fanden Forscher der George Washington University vor ein paar Jahren im Rahmen einer Metaanalyse 45 potenziell gefährliche Schadstoffe in diversen Staubproben.
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Problem Nummer eins sind Allergien. Denn Hausstaubmilbenkot, Pollen, Schimmel, Tierhaare sowie Proteine von Zimmerpflanzen können starke Allergene sein. „Es gibt keinen Innenraum, der frei von Allergenen ist“, sagt die Umwelthygienikerin Julia Hurraß vom Gesundheitsamt der Stadt Köln.
Feinstaub kann die Gesundheit stark belasten
„Der Staub am Boden, den man sieht, ist nicht so schlimm“, sagt der Toxikologe Prof. Jeroen Buters von Zentrum Allergie & Umwelt (ZAUM) am Helmholtz Zentrum München. Dabei handelt es sich um größere Partikel, die nicht eingeatmet werden. Viel gefährlicher sei luftgetragener Staub. Neben Allergenen kann man auf diesem Weg auch winzige Feinstaubteilchen einatmen, die allergische Symptome wie Asthma verschlimmern. Je kleiner die Partikel, desto tiefer können sie in den Körper eindringen. Die Beschwerden, die sie auslösen können, reichen von Schleimhautreizungen über lokale Entzündungen in den Atemwegen bis zu verstärkter Plaquebildung in den Blutgefäßen. Langfristig kann Feinstaubbelastung unter anderem zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Lungenkrebs führen.
Feinstaub gelangt häufig von außen in die Räume. Zum Beispiel entsteht er durch Verbrennungsmotoren und Reifenabrieb – belastet sind daher vor allem Wohnungen in der Nähe befahrener Straßen. Aber auch in den Räumen selbst entsteht Feinstaub, nämlich immer dann, wenn hohe Temperaturen erzeugt werden, also etwa durch Gasherde, Kaminöfen, Haushaltsgeräte und durchs Rauchen. Gerade in der Advents- und Weihnachtszeit entstehen durch brennende Kerzen und Räuchermännchen jede Menge dieser winzigen Partikel. Kleinkinder, die am Boden krabbeln und viel in den Mund stecken, sind noch größeren Risiken ausgesetzt: Sie schlucken auf diesem Weg auch gröbere Körnchen, an denen sich bedenkliche Chemikalien befinden können. „Ein Kleinkind nimmt im Schnitt 100 Milligramm Staub pro Tag auf“, sagt Hurraß. Da hilft nur eines: „Regelmäßig wischen.“
Auf richtiges Putzen kommt es an
Beim Putzen kann man aber viel falsch machen. Schlimmstenfalls werden die Partikel, die sich an Böden und Oberflächen befinden, nur aufgewirbelt, sodass Allergiker erst recht gefährdet werden. „Bei einem Vergleich mehrerer Schulen zeigte sich: Dort, wo am meisten geputzt wurde, fanden sich die meisten Partikel in der Luft“, berichtet Toxikologe Buters. Den Staub liegen zu lassen, ist jedoch auch keine Lösung. Beim Reinigen sollte man schon darauf achten, möglichst viele Partikel zu entfernen.
Vor allem für Allergikerhaushalte empfiehlt Buters zuerst zu saugen, und zwar mit einem Gerät, das mit einem zusätzlichen Spezialfilter ausgestattet ist. Danach sei Wischen angesagt. Am besten lasse man parallel dazu einen Luftreiniger laufen, um so viele Partikel wie möglich einzufangen: In einer Studie fanden Buters und seine Kollegen kürzlich heraus, dass bestimmte Luftreiniger die Allergenbelastung in Innenräumen um etwa 80 Prozent reduzieren können.
Luftreiniger können Allergikern helfen
Auch der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB) hält Luftreiniger in bestimmten Fällen für sinnvoll. Zunächst sollten Hausstaubmilbenallergiker ihre Matratzen aber mit einem allergendichten Bezug (Encasing) umhüllen und Staubfänger wie offene Bücherregale entfernen. Teppichböden sollten mehrmals pro Woche mit einem Staubsauger mit Feinstaubfilter gesaugt, glatte Böden ein bis zweimal pro Woche feucht gewischt werden. „Wer dann immer noch Probleme hat, kann sich einen Luftreiniger anschaffen“, sagt DAAB-Sprecherin Sonja Lämmel.
Beim Staubsauger empfiehlt es sich, den Beutel öfter zu wechseln und die Filter regelmäßig zu reinigen. Nasssauger bringen nicht unbedingt Vorteile, meint Lämmel. Da sich im Wassertank schnell Schimmel und Keime bilden, muss man bei solchen Geräten stark auf Hygiene achten. Ansonsten kann beim Staubsaugerkauf das Zertifikat „allergikerfreundlich“ der Europäischen Stiftung für Allergieforschung als Anhaltspunkt dienen.
Noch wichtiger als richtiges Putzen ist richtiges Lüften: Am besten sorgt man mehrmals pro Tag für ein paar Minuten Durchzug. „Die Luft draußen ist normalerweise immer besser als drinnen“, sagt Hurraß. Hinzu kommt, dass dadurch die Luftfeuchtigkeit sinkt. Und das macht Hausstaubmilben und Schimmelpilzen das Leben schwer.