Welchen Einfluss hat der Klimawandel auf Wirbelstürme?

Ein Nasa-Modis-Satellitenbild zeigt die Ausmaße des Hurrikans „Ida“, der am 29. August 2021 östlich von New Orleans auf die Küste von Louisiana traf.

Ein Nasa-Modis-Satellitenbild zeigt die Ausmaße des Hurrikans „Ida“, der am 29. August 2021 östlich von New Orleans auf die Küste von Louisiana traf.

Noch vor knapp zwei Wochen setzte Hurrikan „Ida“ ganze Städte wie New York City unter Wasser – am Dienstag traf Hurrikan Nicholas die Küste Texas. Als der US-Präsident Joe Biden das von Hurrikan „Ida“ verwüstete Gebiet besuchte, warnte er vor den Folgen des Klimawandels. Doch ist das wirklich so? Sind Wirbelstürme wirklich heftiger und häufiger geworden? Und welchen Einfluss hat der Klimawandel tatsächlich auf Wirbelstürme?

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Der aktuelle Bericht des Weltklimarates zeigt: Nicht alle Veränderungen der Wirbelstürme, wie häufigeres Auftreten oder schnellere Windgeschwindigkeiten, lassen sich sicher auf den Klimawandel zurückführen. So geht die Forschung etwa davon aus, dass es wahrscheinlich ist, dass die Zahl der sogenannten extratropischen Zyklonen, die außerhalb der Tropen entstehen, gestiegen ist. Doch um einen klaren Zusammenhang zum Klimawandel bestätigen zu können, fehle es an Beobachtungsdaten, sagt Friederike Otto, Klimaforscherin an der Oxford Universität und Mitautorin des aktuellen Weltklimarat-Berichts. „Auch wenn es einem vielleicht nicht so vorkommt, wenn man gerade einen erlebt: Stürme finden vergleichsweise auf ziemlich kleinen geografischen Skalen statt“, erklärt Otto.

Was erschwert die Forschung?

Bei den meisten Extremwettern wie Hitzewellen oder Starkregen ist sich die Forschung dagegen einig: Sie werden schon jetzt durch den Klimawandel verstärkt. Dass sich die Forschung sicher ist, liegt unter anderem daran, dass sie besser erforscht werden können. Temperaturmessungen seien beispielsweise kontinuierlich möglich und bieten daher große Datenmengen, sagt Jana Sillmann, ebenfalls Mitautorin des Weltklimarat-Berichts und Professorin für Klimastatistik und Klimaextreme an der Uni Hamburg. Teilweise gehen diese Messreihen bis in das 19. Jahrhundert zurück.

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Um dagegen die Stürme mit Klimamodellen simulieren zu können oder einfach nur zu beobachten, wie sich Stürme in der Vergangenheit verändert haben, „braucht man ein sehr dichtes Netzwerk an Beobachtungsdaten und hochaufgelöste Modelle“, sagt Otto. Das erfordere größere Computer. „Daher gibt es nur wenige Klimamodelle, die überhaupt in der Lage sind, tropische oder extratropische Stürme tatsächlich realistisch zu simulieren.“

Erschwert wird die Simulation durch die sogenannte natürliche Variabilität. Denn auch die natürlichen Schwankungen des Klimas haben einen Einfluss auf die Ozeantemperatur und damit auf die Entstehung von Zyklonen, sagt Sillmann. „Somit kann sie den Trend der Klimaerwärmung, den wir bestimmen können, überdecken.“ Dadurch, dass Wirbelstürme deutlich seltener als andere Extremwetterereignisse auftreten, hat auch die natürliche Variabilität einen größeren Einfluss auf sie.

Formen und Faktoren der Wirbelstürme

Tropische Stürme brauchen warmes Wasser, um entstehen zu können. Sie bilden sich über dem Meer und können dann Richtung Land ziehen, dazu zählen Hurrikane. Diese bewegen sich eher langsam und nehmen meist eine riesige Fläche ein. Extratropische Stürme entstehen außerhalb der Tropen. Dazu können auch diejenigen zählen, die sich auf dem Land bilden – Tornados zum Beispiel. Diese sind kleiner, haben aber oft große Geschwindigkeiten. Ob ein Wirbelsturm, also ein Tiefdruckgebiet, als Hurrikan, Taifun oder Zyklon bezeichnet wird, hängt von der Region ab, in der er entsteht. Im westlichen Atlantik und östlichen Pazifik werden sie demnach Hurrikans genannt. Taifune entstehen im westlichen Pazifik, im indischen Ozean spricht man von Zyklonen.

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In der Wissenschaft wird auf verschiedene Eigenschaften der Wirbelstürme geschaut: Häufigkeit, Windgeschwindigkeit, eigene Geschwindigkeit des Sturms sowie den Niederschlag. Diese Faktoren verändern sich über die Zeit. Veränderungen können mal einfacher, mal schwerer dem Einfluss des Klimawandels zugeordnet werden.

Geschwindigkeiten der Wirbelstürme

Welchen Einfluss der Klimawandel etwa auf die Windgeschwindigkeit der Stürme hat, darauf kann die Wissenschaft in vielen Fällen wegen fehlender Daten keine klare Antwort geben. „In Europa und gerade bei Windparks gibt es Beobachtungsdaten zum Wind. Aber in vielen Teilen der Welt gibt es dazu keine Daten“, erklärt Otto. „Gerade über dem Meer gibt es einfach wenig historische Beobachtungsdaten zum Wind und dadurch wissen wir wenig darüber, wie sich dieser verändert hat.“ Zwar konnten Studien nachweisen, dass die Windgeschwindigkeit vereinzelter Stürme aufgrund des Klimawandels zugenommen hat, doch für allgemeine Aussagen reiche das nicht aus.

Was die Forschung jedoch weiß: Die Geschwindigkeit, mit der sich ein Wirbelsturm fortbewegt, ist geringer geworden – dazu gibt es Studien. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des japanischen Instituts für Wissenschaft und Technik haben dieses Phänomen bei 71 Hurrikanen zwischen 1967 und 2018 untersucht. Das Ergebnis: Die Stürme in den 1970er-Jahren verloren nach durchschnittlich 17 Stunden ihre Kraft. Heute können sie etwa doppelt so lange andauern. Ein Beispiel ist Hurrikan „Harvey“ aus dem Jahr 2017: „Der hing ganz lange über Houston. Dadurch sind die Regenmengen nochmal höher, als wenn sich der Sturm schneller wegbewegt hätte“, sagt Otto.

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Auch die Häufigkeit von starken Stürmen, die den Stärken drei bis fünf zugeordnet werden, haben durch den Klimawandel zugenommen. In Zukunft könnten sie sogar weiter steigen: Der Bericht des Weltklimarates zeigt, dass bei einer Erderwärmung von anderthalb Grad die Zahl starker Stürme um 13 Prozent steigen könnte. Erwärmt sich die Erde um zwei Grad, steigt der Wert bereits um 20 Prozent.

1,5 Grad Temperaturerhöhung

2 Grad Temperaturerhöhung

4 Grad Temperaturerhöhung

Anteil intensiver Tropenstürme

+ 10 Prozent

+ 13 Prozent

+ 20 Prozent

Niederschläge im Zusammenhang mit tropischen Wirbelstürmen

+ 11 Prozent+ 14 Prozent

+ 14 Prozent

+ 28 Prozent

Regenfälle und Sturmfluten

In New York floss während des Hurrikans Ida das Wasser in Strömen in die U-Bahn. Die Stadt schien überschwemmt. Genau sagen kann man das ohne Studien nicht – doch Sillmann vermutet, dass auch die New Yorker Regenmassen eine Folge der Klimakrise sind. Denn auch die Regenfälle eines Wirbelsturms sind als Folge des Klimawandels intensiver geworden – auch das kann die Wissenschaft heute mit hoher Sicherheit sagen. „Das heißt natürlich auch, dass die Schäden, die sie anrichten, größer sind“, sagt Friederike Otto.

„Wir haben schon mindestens ein Grad Temperaturerhöhung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit und damit auch 7 Prozent mehr Extremniederschlag“, sagt Sillmann. „Weil die Atmosphäre wärmer ist, kann sie einfach mehr Wasser halten, und das kommt dann bei so einem Sturm runter.“ Die Energie, die dabei entsteht, hat ebenfalls Einfluss auf die Intensität des Sturms.

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Klimaforscherin Friederike Otto erwartet nicht nur in Regenform mehr Wassermassen: „Dadurch, dass der Meeresspiegel bereits gestiegen ist und auch über die nächsten Jahrhunderte weiter steigen wird, führen auch die Sturmfluten, die mit solchen Stürmen assoziiert sind, zu größeren Schäden.“

Einfluss des Ozeans

Neben dem steigenden Meeresspiegel, nehmen auch die Temperaturen der Ozeane zu. Dadurch vergrößern sich wiederum die Regionen, in denen die Stürme auftreten können. „Damit ein tropischer Wirbelsturm überhaupt entsteht, müssen die Ozeantemperaturen sehr warm sein.“ Je wärmer das Wasser, desto mehr feuchte Luft steigt auf, die dem Sturm Energie gibt und ihn stärker werden lässt. Der Wasserdampf treibt den Wirbelsturm also an. Das bedeutet auch: Bei steigender Wassertemperatur können Wirbelstürme mehr Schaden anrichten.

Richtige Vorbereitung kann Leben retten

Treffen nun all diese Komponenten zusammen – der stärkere Niederschlag und Wind eines intensiven Tropensturms sowie der gestiegenen Meeresspiegel – „dann haben wir ein Compound Event – ein kombiniertes Event, das viel mehr Schäden bringt“, sagt Sillmann. Das passiert vor allem in Küstenstädten. Was können die Menschen vor Ort tun, um sich besser vor solchen Ereignissen zu schützen?

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Die richtige Vorbereitung auf Wirbelstürme und andere Extremwetterereignisse kann in betroffenen Gebieten einen entscheidenden Unterschied machen: „Auf der einen Seite stehen die Extremereignisse, die jetzt an Intensität und Frequenz zunehmen. Auf der anderen Seite stehen wir Menschen und wie wir durch unser eigenes Handeln dazu beitragen, das Ausmaß der Schäden zu beeinflussen“, sagt Jana Sillmann.

„Zum Beispiel hängt die Anzahl der Toten eines tropischen Wirbelsturms auch davon ab, wie gut vorher gewarnt wurde, wie viele Leute in Notunterkünften untergebracht worden sind oder wie viele Gebäude vorher geschützt wurden“, bemerkt Sillmann. Das habe sich auch im Sommer bei den Flutereignissen in Deutschland gezeigt.

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